Hessischer Braugerstentag

Anbaufläche wurde 2011 ausgeweitet, Erträge jedoch niedrig

Der Verein zur Förderung des Braugerstenbaues in Hessen stellte vorige Woche in der Pfungstädter Brauerei die besten hessischen Braugersten des Jahres 2011 vor. Vorsitzender Armin Müller begrüßte dazu 40 Teilnehmer aus Landwirtschaft, Mälzerei- und Brauereigewerbe.

Vorsitzender Armin Müller (re) verabschiedet den bisherigen Geschäftsführer des hessischen Braugerstenvereins Dr. Rainald Brechtel.

Foto: Harald Wend, LLH

Müller wies darauf hin, dass im abgelaufenen Anbaujahr 2011 der Braugerstenanbau in Hessen zwar um 9 Prozent auf 17 335 ha angestiegen sei, durch die extre­me Frühjahrstrockenheit die Erträge im Vergleich zu 2010 durchschnittlich jedoch nur 42,3 dt/ha erreichten und damit 18 Pro­zent unter dem Wert des Vorjahres blieben.

EU-weites Defizit von 420 000 t

Wie auch in anderen Ländern fiel die Gesamternte in Hessen deutlich niedriger aus, so dass EU-weit von einem Defizit bei Braugerste von 420 000 t ausgegangen werde. Hoffnungen auf höhere Erzeugerpreise seien in der Vergan­genheit wiederholt enttäuscht worden, womit das höhere Anbau-, Ertrags- und Qualitätsrisiko selten ausgeglichen worden sei. Durch diese Umstände habe der hessische Braugerstenanbau jährlich Anbauer verloren. Dennoch habe der Anbau in Hessen Bedeutung. Dieser Umstand sei im Wesentlichen Aktivitäten zur Förderung des Braugerstenanbaus zu verdanken, beispielsweise durch Brau­gerstenrundfahrten und Braugerstentagungen, bei denen sich die Mitglieder und Gäste über die Leistung neuer Sorten und die Ergebnisse aus vergleichenden Anbauversuchen informieren können.

Dr. Brechtel verabschiedet

Vorsitzender Müller nahm die Gelegenheit wahr, den scheiden­den Geschäftsführer, Dr. Rainald Brechtel, für die geleistete Arbeit zu danken und zu ehren. Er habe auch nach seiner Zeit als Pflan­zenbau­experte beim LLH in Limburg zum Erfolg des Braugerstenvereins beigetragen und Impulse gegeben. Müller lobte die Konti­nu­ität, Verlässlichkeit und den Weitblick mit dem Dr. Brechtel seine Aufgabe durchgeführt habe.

Mälzungs- und Brauversuche

Prof. Dr. Frank Rath von der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB), Berlin, sprach über die aktuellen Mälzungs- und Brauversuche der Ernte 2011 nach dem „Berliner Programm“. Neben der umfassen­den Qualitätsbeurteilung neuer Braugerstensorten werden in Kleinversuchen wie auch im industriellen Maßstab Mälz- und Braueigenschaften der Sorten festgestellt.

Durch die schnelle Bereitstellung der Ergebnisse und nach der Sortenbeurteilung durch ein Expertengremium werden klare Sortenempfehlungen abgegeben, die durch die komplexen Untersuchungen zu einer hohen Akzeptanz beim Anbauer und den Verarbeitern führen. An Beispielen zeigte Rath Ergebnisse aus Untersuchungen der letzten Jahre und nahm dabei zu den Malzqualitäten aktueller Sorten und Neuzüchtungen aus den Zuchtgärten der Züchter Stellung.

Sieger beim Braugerstenwettbewerb 2011 wurde Philip Faust (Mitte). Hier mit dem Vorsitzenden Armin Müller und Dr. Gotthard Schaumberg vom LLH.

Foto: Harald Wend, LLH

N-Düngung von Braugerste

Pflanzenzuchtberater Otto Kö­neke von der KWS Lochow GmbH informierte über die opti­male N-Düngung von Braugerste. Zur Erreichung guter Brauqualitäten mit Proteingehalten zwischen 8,5 und 11,5 Prozent stellte der Referent neben den Bodeneigenschaften und der Wasserversorgung des Standorts besonders die Bedeutung der Fruchtfolge heraus. Idealerweise sollte ein planbares N-Angebot über den Boden gesteuert werden können, mit höherem N-Angebot in der Bestockung und beim Schossen und ab dem Ährenschieben reduziert, um hohe Proteingehalte im Korn zu vermeiden.

Trockenes, sortiertes Erntegut

Wichtig für die Lagerung ist ein trockenes und marktfähig sortiertes Erntegut, das keinen Pilzbefall zulässt und die Keimfähigkeit erhält. Köneke weist darauf hin, dass die N-Düngung von Sommerbraugerste grundsätzlich nach der SBA (Stickstoff-Bedarfs-Analyse) erfolgen soll und zeigt die Empfehlungen aus verschiedenen Länderversuchen, die zwischen N-Sollwerten von 90 bis 130 kg N/ha schwanken. Die Applikation sollte kurz vor oder nach der Saat bis zum Drei-Blatt-Stadium in einer Gabe erfolgen. Nur in Ausnahmefällen (Sandboden) sollte eine zweite N-Gabe erfolgen.

Winterbraugerste akzeptieren

Winterbraugerste habe gegenüber Sommerbraugerste oft einen Ertragsvorteil von 20 bis 30 Prozent und könne gleiche Qualitätseigenschaften liefern. Gerade im vergangenen Erntejahr zeigte sich durch die anhaltende Frühjahrstrockenheit und ausgeprägte Regenzeit in der Ernte ein deutlicher Vorteil für Winterbraugerste, die der Sommerbraugerste unter diesen Witterungsbedingungen hoch überlegen war und sich durch den Mangel am Markt auch gut vermarkten lassen dürfte.

Da die Erträge auch beim Ziel „geringe Protein­gehalte“ auf Wintergerstennive­au liegen, könne nach Marktlage sowohl Brauware als auch Futtergetreide erzeugt werden.

Als Höhepunkt des Brauger­s­tentages erfolgte die Preisverleihung im Braugerstenwettbewerb 2011. Unter 26 Bewerbern siegte Philip Faust von der Braugers­tengemeinschaft Eschwege mit einer Probe der Sorte „Marthe“. Zweiter Sieger wurde Roland Kraft aus Trebur mit der Sorte „Propino“ und der dritte Preis ging an Betrieb Gerhard Best, ebenfalls mit Sorte „Marthe.“

Dr. Ernst-August Hildebrandt, LLH