Erst Koexistenz in den Köpfen, dann auf dem Feld

Wenn man sich die Medienberichte der letzten Monate vor Augen hält, bietet die Agrarbranche ein gelinde gesagt uneinheitliches Bild. Vom oft beschworenen Schulterschluss kann keine Rede sein und es zeigt sich eher ein „jeder gegen jeden“ in den Bereichen Milch, konventionell/ökologisch oder Gentechnik.Oft werden die Konflikte zusätzlich von außerlandwirtschaft­li­chen Gruppierungen geschürt, denen ein wirtschaftliches Auskommen der Betriebe egal ist.
Auf den letzte Woche zu Ende gegangenen DLG-Feldtagen in Thüringen sind die Befürworter der Grünen Gentechnik nun mit mehreren Veranstaltungen in die Offensive gegangen, um rechtswidrigen Feldzerstörungen entgegenzutreten (s. S. 20). Vor allem auf diesem Gebiet wird teilweise erbittert diskutiert und prozessiert.
Nüchtern betrachtet schadet es dem Wirtschaftsstandort und dem Rechtsstaat Deutschland, wenn nicht einmal die Erforschung der von gentechnisch veränderten Pflanzen ausgehenden Risiken möglich ist. Selbst diese scheitert am militanten Widerstand einiger Inte­ressengruppen.
Hier tut eine Versachlichung der Diskussion dringend not; die Risiken und der Nutzen müssen objektiv gegeneinander abgewogen werden, wie in anderen Bereichen auch. Beispielsweise geht von Bienen für Allergiker  – und nicht nur für sie – unter Umständen akute Lebensgefahr aus. Man geht nun aber auch nicht her und brennt mit dem Flammenwerfer sämtliche Bienenstöcke nieder. Der Nutzen der Bienen ist eben höher als die durchaus realistische Gefahr, dass durch sie Menschen zu Tode kommen.
Erst muss eine Koexistenz in den Köpfen möglich sein, dann ist auf dem Feld ein Nebeneinan­der erreichbar.
Karsten Becker