Transparenz bei der Vermarktung von Getreide

KW 29 Seite 35

Der Agrarhandel hat verschiedene Modelle im Angebot, mit denen der Landwirt das Preisrisiko bei der Vermarktung seines Getreides und seiner Ölsaaten verringern und an den Preisentwicklungen auf den Märkten beziehungsweise Terminbörsen teilnehmen kann (siehe Beitrag LW Nr. 28, S. 19).


Der Agrarhandel bietet von klassischen Vorverträgen, über die Lohnlagerung bis hin zu börsenorientierten Modellen eine ganze Palette von Vermarktungswegen an.

Foto: agrarfoto

Die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ Köln), vertreten durch die Vertriebsgruppe Hessen mit ihren 20 Agrarstandorten und einem regionalen Getreidelagerraum inklusive der Tochterunternehmen von 150 000 Tonnen, bietet von klassischen Vorverträgen, über die Lohnlagerung bis hin zu börsenorientierten Modellen, jeweils mit und ohne Abschlagszahlung, eine ganze Palette von Vermarktungswegen an.
Die RWZ will nach eigenen Angaben eine größtmögliche Transparenz schaffen, insbesondere mit den terminmarkt-orientierten Modellen. Darüber hinaus wirbt die RWZ bei ihren Lagerverträgen damit, dass die Ware in zertifizierten Lagern gesund erhalten wird.

Klassische Vorverträge mit garantierten Preisen

Klassische Vorverträge werden von der RWZ zum Beispiel für Sommer- und Winterbraugerste, Roggen, Durumweizen angeboten, in der Regel von allen RWZ-Standorten, die in Hessen von der südlichen Landesgrenze bis in den Kreis Vogelsberg und Marburg-Biedenkopf anzutreffen sind. Das Getreide beziehungsweise der Raps wird nach der Ernte bei einem der RWZ-Standorte angeliefert. Es gibt einen garantierten Preis oder Preisabstand. Außerdem gelten natürlich Liefer- beziehungsweise Abnahmepflicht für die im Vertrag vereinbarte Menge und die darin definierte Qualität.

Lohneinlagerung und physische Vermarktung

Angebot für Weizen und Gerste: Für denjenigen, der sein Getreide nicht gleich nach der Ernte verkaufen möchte, aber keine eigene Lagermöglichkeit hat, bietet die RWZ Verträge zur Lohneinlagerung an, die vor der Ernte abgeschlossen werden müssen. Dies gilt für ausgewählte RWZ-Standorte. Die Lagerdauer beträgt ab 1. September gerechnet mindestens drei Monate und geht längstens bis April des nächsten Jahres. Für die Lagerung wird ein Grundumschlag von 95 Cent pro Dezitonne erhoben. Hierbei ist die Eingangsaspiration (Reinigung) sowie Ein- und Auslagerung enthalten. Pro Monat kostet die Lagerung darüber hinaus 15 Cent je Dezitonne. Ab 1. September wird ein Schwund von 0,25 Prozent pro Monat berechnet. Der Preis wird ermittelt franko Verarbeitungsindustrie (Mühle, Futterwerk) anhand der Notierungen der Frankfurter Getreide- und Produktenbörse, abzüglich anfallender Fracht- und Lagerkosten. Der Landwirt kann hier, wie auch bei den folgenden Modellen, Teilmengen (bei Börsenmodellen Mindestmenge 50 Tonnen) verkaufen, um das Preisrisiko zu streuen.
Eine Variante dieses Modells ist die Lohneinlagerung mit Abschlagszahlung. Der Landwirt sichert sich so Liquidität, wenn er beispielsweise Betriebsmittel kaufen muss. Allerdings erhöht sich das Lagergeld von 15 auf 25 Cent pro Dezitonne. In dem höheren Betrag sind die Zinsen für den Abschlagsbetrag eingerechnet.

Lohneinlagerung und Preisermittlung durch RMX

Angebot für Weizen: Für diejenigen, die an der Preisentwicklung der Warenterminbörse teilnehmen wollen, die aufgrund der hohen Nachfrage- und Angebotsmenge repräsentativ und transparent sowie unabhängig von regionalen Einflüssen ist, bietet die RWZ Köln für ihr hessisches Arbeitsgebiet das Modell Lohneinlagerung mit Preisermittlung an der Warenterminbörse RMX (Risk Management Exchange) in Hannover an. Dazu muss der Weizen folgende Standards erfüllen: maximal 15 Prozent Feuchtigkeit, mindestens 12 Prozent Protein, mindestens 76 Kilogramm Hektolitergewicht sowie mindestens eine Fallzahl von 220 Sekunden. Es gilt außerdem eine Mengenstaffel von jeweils 50 Tonnen, weil dies die gehandelte Einheit an der Warenbörse ist. Die Lagerkosten sind dieselben wie beim ersten Beispiel. Die Preisermittlung ergibt sich aus dem Schlusskurs an der RMX des jeweiligen Liefermonats.
Ein Landwirt kann also beispielsweise bei der RWZ anrufen und sagen, dass er 100 Tonnen des eingelagerten Weizens zum Schlusskurs der RMX vom November 2008 verkaufen will, der am 14. Juli beispielsweise bei 205 Euro pro Tonne lag. Die RWZ würde den Weizen zu diesem Preis kaufen und an der RMX entsprechend Kontrakte für den gleichen Fälligkeitstermin verkaufen und damit den Preis absichern. Dem Landwirt werden 1,50 Euro pro Dezitonne für Börsenkosten, Umschlagsgebühr und Spanne in Abzug gebracht. Außerdem wird je nach Fracht­entfernung durchschnittlich 1 Euro pro Dezitonne Frachtkosten vom Lagerstandort nach Hanau in Rechnung gestellt sowie die angegebenen Lohnlagerungskosten. Vorteil für den Landwirt ist, dass er einen Preis schon frühzeitig absichert hat, bei dem er davon ausgeht, einen Gewinn erzielt zu haben. Bis November könnte der Preis ja sinken, allerdings auch steigen.
Auch bei diesem Modell gibt es die Möglichkeit einer Abschlagszahlung, wobei auch hier das Lagergeld auf 25 Cent pro Dezitonne und Monat erhöht ist.

Börsenorientierte Vermarktung von Hoflagerungsweizen

Kontrakte für eine RMX-orientierte Vermarktung bietet die RWZ Köln auch für Landwirte an, die ihren Weizen auf dem eigenen Hof lagern. Der Kontrakt kann sowohl vor als auch nach der Ernte abgeschlossen werden. Es gilt die Mengenstaffelung 50 Tonnen. Der Preis ergibt sich wiederum aus dem Schlusskurs der RMX des jeweiligen Liefermonats, franko Andienungsplatz Hanau. Auch werden wiederum 1,50 Euro pro Dezitonne für Börsenkosten, Umschlagsgebühr und Spanne in Abzug gebracht. Hinzu kommen Frachtkosten vom Lagerort nach Hanau für Ab-Stationspreis. Für Raps sowie Brot- und A-Weizen bietet die RWZ Köln außerdem Terminmarkt-orientierte Kontrakte für verschiedene Paritäten und Lieferzeitpunkte an (Angebots- und Abschlusszeitpunkt vor der Ernte beziehungsweise nach der Ernte). Für Raps gilt dabei eine maximale Feuchtigkeit von 9 Prozent, mindestens 40 Prozent Ölgehalt und maximal 2 Prozent Besatz sowie als Mindesteinheit sowie Staffelung auch hier 50 Tonnen. Der Kontraktpreis für Raps orientiert sich an der Warenterminbörse Matif in Paris, für Weizen richtet er sich nach der RMX Hannover.

Diese Modelle gelten nur für die Vertriebsgruppe Hessen. Nähere, kundenorientierte Informationen erteilen die jeweiligen Ansprechpartner der regionalen Agrarstandorte der RWZ Rhein-Main eG, Vertriebsgruppe Hessen. CM

Über die Vermarktungsangebote der RWZ Kassel können Sie sich in diesem Artikel informieren.