Diskussion um Angleichung der Direktzahlungen in der EU

Auch nach 2013 wird die Union ein Zwei-Säulen-Modell beibehalten

Die EU-Agrarpolitik wird nach 2013 anders aussehen als heute, aber sie wird eine gemeinsame Politik bleiben und das Zwei-Säulen-Modell beibehalten. Mit diesen Worten hat EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel zusammengefasst, was nach dem informellen Agrarministertreffen an den Pfingsttagen im tschechischen Brno zur Zukunft der Agrarbeihilfen als Konsens zwischen den Mitgliedstaaten angesehen werden kann. Weitreichende Unterschiede machte die Dänin dagegen bei der Frage aus, auf welchem Niveau die Direktzahlungen künftig weitergeführt werden sollten.

Wie stellt sich die EU-Kommission die EU-Agrarpolitik nach 2013 vor?

Foto: Schmuttel/pixelio

Als Vorsitzender der tschechischen Ratspräsidentschaft hob Jakub Å ebesta  hervor, dass die Unterschiede zwischen dem Beihilfeniveau in den alten und neuen Mitgliedstaaten verringert werden müssten. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ging mit der Forderung in die Diskussion, ein möglichst hohes Niveau der Direktbeihilfen aufrechtzuerhalten.

Kommissionsmitteilung zur Agrarpolitik nach 2013 im nächsten Jahr

Für den Sommer 2010 sollten sich die Landwirte ein Kreuz in den Kalender machen. Dann wird die Europäische Kommission sich nämlich durch eine Mitteilung erstmals tiefer in die Karten schauen lassen, wie sie sich die Gestaltung der EU-Agrarpolitik nach 2013 vorstellt. Legislativvorschläge sollen 2011 folgen. Klar ist, dass die Empfänger von Direktzahlungen in der EU-15 – darunter also auch die deutschen Bauern – unter dreifachem Druck stehen.

Fischer Boel macht keinen Hehl daraus, dass sie eine stärkere Rolle der ländlichen Entwicklung befürwortet, um die Agrargelder „zielgerichteter“ verteilen zu können. Die neuen Mitgliedstaaten fordern wiederum, nach 2013 ein deutlich größeres Stück vom Kuchen zu erhalten. Beides spielt sich vor dem Hintergrund ab, das der Haushaltsanteil der Agrarausgaben bei den anstehenden Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2014 bis 2020 ohnehin einen schweren Stand gegenüber anderen Politikfeldern haben dürfte. Insbesondere Schweden, Dänemark und Großbritannien drängen auf weitere Kürzungen in der Ersten Säule und die Hinwendung zum freien Markt. London will die Direktzahlungen als unmittelbare Einkommensbeihilfe sogar komplett austrocknen.

Historische Betriebsprämien auf dem Prüfstand

Größere Aussicht auf Erfolg hat die Zurückdrängung historischer Elemente in der Bemessung der Betriebsprämienregelung zugunsten pauschaler Flächenprämien. Das gilt als zentrales Ziel der neuen Mitgliedstaaten, die erst ab 2014 ihre volle Förderung erhalten. Im Zuge der Agrarreform von 2003 hatte sich die Mehrheit der alten Mitgliedstaaten - aber nicht Deutschland - dafür entschieden, die Beihilfen komplett daran auszurichten, was dem Einzelbetrieb im Referenzzeitraum 2000 bis 2002 gewährt wurde. Die Bundesrepublik setzte dagegen auf die gleitende Einführung eines Regionalmodells. Im kommenden Jahr beginnt dabei die letzte Phase der Umstellung; ab 2013 sollen alle Zahlungsansprüche in einer Region einheitlich hohe Hektarwerte aufweisen. Nach Kommissionsberechnungen würde eine vollständige Umlegung der Direktbeihilfen auf die Fläche auf Zahlungen in Höhe von 100 Euro/ha in Lettland, aber rund 500 Euro/ha in Griechenland hinauslaufen. Eine solche Bandbreite wird allgemein als nicht haltbar angesehen. Für Deutschland wurden zuletzt rund 340 Euro/ha, im EU-Durchschnitt etwa 260 Euro/ha angesetzt. Ob sich in der künftigen Diskussion andererseits eine qualifizierte Mehrheit für die völlige EU-weite Angleichung der Hektarzahlungen finden lässt, darf bezweifelt werden. Neben Deutschland haben mehrere Mitgliedstaaten bereits unter Verweis auf Unterschiede in den Produktions- und Lebenshaltungskosten ihre Ablehnung einer kompletten Vereinheitlichung signalisiert.

In der Diskussion am Dienstag nach Pfingsten waren sich die Minister der Dringlichkeit bewusst, die künftigen Ziele und den Nutzen einer gemeinsamen Agrarpolitik gegenüber der Öffentlichkeit – und nicht zuletzt gegenüber den Finanzressorts ihrer eigenen Regierungen – klar und einfach begründen zu können. Angestrebt wird die Erhaltung der landwirtschaftlichen Aktivität über ganz Europa hinweg; ein Exodus der Bauern soll vermieden werden. Auf der Suche nach Argumenten für die finanzielle Unterstützung des Berufsstandes dürfte die Bereitstellung öffentlicher Güter eine noch größere Rolle spielen als bislang. Insgesamt sollen Direktzahlungen, Marktmaßnahmen und ländliche Entwicklung verstärkt im gemeinsamen Kontext betrachtet werden. age