Hat Biogasmais-Anbau Einfluss auf Schwarzwild?
Modellvorhaben von Naturlandstiftung Hessen vorgestellt
In Neu-Anspach im Taunus fand kürzlich eine Tagung der Naturlandstiftung Hessen „Auswirkungen des Gärsubstrat-Anbaus in Feldrevieren“ statt. Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann vom NLS-Kreisverband Hochtaunus sprach über die Umsetzung des bunÂdesÂÂÂweiÂÂÂten ModellÂvorhabens „SchwarzÂÂÂwild in der Agrarlandschaft.“ Außerdem konnte die Biogasanlage „Deponie BrandÂholz“ besichtigt werden.

Foto: Michael Schlag
Für ein Stück Schwarzwild rund 30 bis 60 Stunden ansitzen
Auch im Hochtaunus habe die Schwarzwildstrecke in den vergangenen zehn Jahren „enorm zugelegt“, sagte Bretschneider, von 400 (1998) auf 3 000 Stück im Jahr 2008. In der ÖfÂfentÂÂlichkeit vermutlich wenig beachtet wird aber die Frage: „Wie hoch ist der Zeitaufwand, um diese Strecke zu erzielen?“ Bretschneider präsentierte dazu eine Untersuchung des Deutschen Jagdschutzverbandes und der Naturlandstiftung: Bei WaldÂjagd und Ansitz an der Kirrung waren 30 Stunden und neun Aktionen nötig, um ein Stück Schwarzwild zu erlegen. Bei FeldÂjagd und Ansitz an der Schadfläche waren es sogar über 60 Stunden, erst bei der Drückjagd sank der Zeitaufwand auf 20 „Mannstunden“ je erlegtem Tier. Gerade beim Maisanbau entstünden zum Teil große AnÂbauÂeinheiten, und „die Sauen sind innerhalb dieser Flächen nicht zu bejagen“. Heute herrsche eine Stimmung vor in der Art: „Die Jäger kriegen das nicht in den Griff“. Das aber wäre eine Bankrotterklärung der Jagd und „das kann man so nicht stehen lassen“, sagt BretÂschneider. So begann 2008 ein gemeinsames Projekt von Jägern und Landwirtschaft mit dem Titel „Schwarzwildbewirtschaftung in der Agrarlandschaft – Probleme und Maßnahmen“. Anlass des Vorhabens sind die vielerorts zu hohen WildschweinÂbestände und die damit einhergehenden hohen Schäden vor allem im Silomais.
Landwirt und Jäger wollen gemeinsam passable Bestände
Armin Müller, Vorstandsvorsitzender der Naturlandstiftung Hessen und Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes meinte „alle sind daran interessiert, dass das nicht weiter fortschreitet“, denn schon seien erste Feldreviere wegen der zu erwartenden hohen Wildschäden gar nicht mehr zu verpachten. Initiator des Modellvorhabens war das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das die Untersuchung in den drei Jahren 2008 bis 2010 mit 300 000 Euro finanziert. Die Projektleitung liegt beim Deutschen-Jagdschutzverband (DJV), Kooperationspartner ist auch der Deutsche Bauernverband. BetriebsÂwirtschaftlich beraten wird das Projekt von der Fachhochschule Südwestfalen in Soest, jagdwissenschaftlich wird es begleitet durch das Institut für Waldökologie und Waldinventuren der Bundesforschungsanstalt in Eberswalde. Es sollen ackerbauliche und jagdliche Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden, um Methoden zu entwickeln, die innerhalb der Vegetationszeit von Energiepflanzen einen wirksamen Einfluss auf die Schwarzwildpopulation ermöglichen.
Bejagungsschneisen im Mais: Strecke rauf – Schaden runter
An dem Modellvorhaben beteiligen sich sechs landwirtschaftliche Betriebe mit unterschiedlichen Schlaggrößen in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern. Neben der Erprobung von Beizmitteln, neuen Vergrämungsmaßnahmen mit Licht und Schall und verbesserten Jagdstrategien übers ganze Jahr, geht es vor allem um die Methode, Bejagungsschneisen im Mais anzulegen, mit unterschiedlichen Einsaaten wie Sommer- oder Wintergetreide, Luzerne oder Gras. „Strecke rauf – Schaden runter“, fasste Bretschneider das Ziel des Modellvorhabens zusammen, indes sei die Anlage von wirksamen Bejagungsschneisen „schwieriger, als nur mal die Drillmaschine auszustellen.“
Getreidestreifen im rechten Winkel zum Mais angelegt

Foto: Michael Schlag
Sauen in der Gerste wie auf dem „Präsentierteller“
Überzeugt von der Methode ist auch Armin Müller. Er hatte auf seinem Betrieb eine Schneise von Sommergerste in fünf Hektar Silomais angelegt, hier in der Spritzenbreite von 12 Metern. Er findet, die dunklen Schweine stünden in der hellen Gerste „wie auf dem Präsentierteller“. Im Jahr 2008 wurden in den Schneisen „drei oder vier erlegt, die hätten wir sonst nicht erwischt“, sagt Müller. Allerdings, ob das Schwarzwild überhaupt ins Maisfeld geht, hängt immer vom Futterangebot im Wald ab. So waren die Schwarzwildschäden im Mais 2009 überhaupt ein viel geringeres Problem als im Jahr zuvor, auch im Bejagungsstreifen im Hochtaunuskreis blieb es 2009 „total ruhig“. Die Größe der Bejagungsstreifen ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich, am größten sind sie in Mecklenburg-Vorpommern mit 13 und in Brandenburg mit 15 Hektar, der Anteil an der Ackerfläche schwankt zwischen drei und 22 Prozent.
Kosten für das Anlegen von Bejagungsschneisen
Welche Kosten verlangt das Anlegen von Bejagungsschneisen im Mais? Zunächst schlägt die Differenz der Deckungsbeiträge zwischen Hauptfläche und Bejagungsstreifen zu Buche, hinÂzu kommt der zusätzliche Arbeitsaufwand für die Anlage der Streifen. Positiv verbucht wird der wirtschaftliche Vorteil durch den erhofften geringeren Wildschaden infolge des größeren JagdÂerfolgs. Kostendeckend werÂde es aber in den meisten Fällen nicht sein, so Bretschneider. Ohne Feldfrucht im Bejagungsstreifen entsteht ein Verlust an Deckungsbeitrag von 600 bis 1 000 Euro pro HekÂtar, so die Berechnung des DJV und der Naturlandstiftung. Mit Sommergerste oder Roggen als Ganzpflanzensilage ist es immer noch ein Minus von 200 bis 300 Euro/ha. Allerdings: Zu kalkulieren ist auch ein zusätzlicher Arbeitsaufwand von 50 bis 100 Euro pro Hektar BejagungsstreiÂfen durch die engen und schwierigeren Ernteverhältnisse und die insgesamt sehr geringe Erntemenge, für die möglicherweise ein Lohnunternehmer anfahren muss. BretschneiÂder-Herrmann rechnet letztlich mit 300 bis 500 Euro Mehrkosten pro Hektar Bejagungsstreifen. Ein abschließender Projektbericht dieses Modellvorhabens soll im Jahr 2011 vorliegen. Schlag