Kontokorrentkredit, aber bitte preiswerter
Im Bankgeschäft die Zweier-Regel beachten
Viele Landwirtschaftsbetriebe sind in einer wirtschaftlich sehr angespannÂten Lage geraten. In den meisten Betriebszweigen ist das ErzeugerpreisniÂveau innerhalb eines Jahres um ein Drittel gefallen. Verschärft wird die Situation durch vergleichsweise hohe Betriebsmittelpreise. Ãœber praktische Beratungserfahrung, was bei der Gefahr einer Kontenüberziehung zu tun ist, berichtet Joachim Ruhmann vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach.
Erläuterung am Beispiel
Ein Beispiel aus der landwirtschaftlichen Buchhaltung verdeutlicht den Zusammenhang. Dort sind auf der linken Seite (Aktiva) die Anlagen, wie Boden, Gebäude und Maschinen benannt und bewertet. Auf der rechten Seite, der Passiva, geben die Konten Auskunft, darüber wo das Geld für dessen Finanzierung herstammt. Werden alle Anlagen mit 1 Mio. bewertet: 700 000 Euro finanziert der EiÂgenÂÂtümer und 300 000 Euro das Geldinstitut. Folglich beträgt der Eigenkapitalanteil 70 Prozent sowie 30 Prozent das FremdÂkapiÂtal. Sollte nun die Insolvenz eintreten, käme der Kreditgeber nach der Betriebszerschlagung an sein ausgeliehenes Geld und dem Landwirt blieben noch 400 000 Euro. Bei der hohen EiÂgenÂkapitalrate erscheint eine Finanzierung durch Kredite wenig problematisch. All dies beschreibt aber die Vergangenheit. Maßgeblich für die BeÂtriebsÂentÂwicklung ist die GeÂwinnÂhöhe. Diese beträgt im Betrachtungszeitraum 55 000 Euro. Hinzu kommen rund 4 000 Euro Kindergeld. Davon ist der Lebensunterhalt wie Versicherungen so für Krankheit, Unfall- , Lebens- und Rentenversicherungen zu bestreiten. Auf 40 000 Euro sumÂmiert sich das im Jahr bei dieser vierköpfigen Familie. Hinzu kommen 4 000 Euro Tilgungen (5 Prozent Zinsen, 2 ProÂzent AbÂtrag) aus einem Darlehen für den Stallbau von 200 000 Euro, sowie 5 000 Euro Rückzahlung 10 Prozent von 50 000 Euro). 49 000 Euro (40 000 plus 4 000 plus 5 000 Tilgungen) von 59 000 EuÂro sind damit bereits verplant. Es verbleiben 10 000 Euro zur Eigenkapitalbildung, das 2 Prozent des abzuschreibenden Betriebsvermögens (Aktiva ohne Boden) entspricht. Bleibt anzumerken, dass 500 000 Euro oder die Hälfte der Aktiva Gebäude, Maschinen oder Tier- beziehungsÂweise PflanzenÂbestände ausÂmaÂchen. Die andere Hälfte stellt den Wert des Bodens dar, der nicht abgeschrieben wird. Die Vorgaben einer ausreichenden Eigenkapitalbildung sind damit erfüllt.
Wie hoch ist die KreditÂliÂnie?
Weiterer Prüfgegenstand stellt die Betriebsliquidität dar. 100 000 Euro beträgt die KreditÂliÂnie für den Kontokorrentkredit des Beispielsbetriebs. Bisher erreichte die Ãœberziehung in der Spitze 80 000 Euro. Die verbleibenden 20 000 Euro stellen damit eine Liquiditätsreserve dar, die zum preiswerten Bezug von Betriebsmitteln, so Dünger und Spritzmittel, nutzbar ist. Das lässt die Flexibilität des Ãœberziehungskredites zu. Zudem ist deren Verfügbarkeit nicht zweckgebunden. Bedingt durch die gegenwärtig geringen Preise für die Druschfrüchte ist dieser Landwirt nicht gewillt, seine Erzeugnisse schon zu vermarkten. Damit reicht der Kreditrahmen des laufenden Kontos nicht mehr aus. Auf 120 000 Euro wird wohl die Belastung des Girokontos ansteigen. Nach einem Anruf bei dem Geldinstitut erklärt der BankÂberater sein Einverständnis für das Ãœberschreiten des KreditÂrahÂmens. 5 Prozent zusätzliche Kreditprovision ist aber der Preis dafür. Auf 17 Prozent (12 Prozent plus 5 Prozent) steigt somit der Zinssatz für den kurzfristigen Kredit außerhalb des KreÂditÂrahÂmens an. Das ist stattlich. Besonderer Ãœberwachungsaufwand wie auch erhöhÂtes AusÂfallÂrisiko durch fehlende SiÂÂcherÂheiten, werÂden dafür angeführt. All das ist aber nicht in Stein gemeißelt und damit auch künftig festÂgeschrieÂben. Eine Änderung dieser SituaÂtion gelingt dauerhaft durch IniÂtiative des Kreditnehmers. Wie gesehen gibt die gegenwärtige finanzielle Lage des Beispielbetriebes kein Grund zur Sorge. Damit befindet sich dieser bei den Vertragsverhandlungen in einer komfortablen Lage. Das gilt es zu nutzen Dabei hilft die Zweier-Regel.
Zwei Bankgespräche im Jahr
Zeiten geringerer arbeitsmäßiger Belastung nutzt der Landwirt zur Zusammenstellung von Investitionsmaßnahmen für das kommende Jahr. Ziel ist es dabei, die mögliche Höhe der Ausgaben für die Erhaltung oder BetriebsÂerÂweiterung zu ermitteln. Mit diesen Aufzeichnungen kann ein Bankgespräch vereinbart werden, um dem betreffenden Geldinstitut schon zum Jahresbeginn den möglichen künftigen Kreditbedarf mitzuteilen. Bestehen seitens der Bonität keine ProÂbleme, kann der Kreditvertrag durch Mitarbeiter des GeldhauÂses soweit vorbeÂreitet werden, dass dieser ihn im Bedarfsfall nur noch zur Unterschrift und Eintragung der endgültigen Kredithöhe aus der Schublade herausnimmt. Damit gelingt es, günsÂtige InvestitionsÂangebote, über das laufende KonÂto bis zum Abschluss eines neuen Kreditvertrages in Anspruch zu nehmen. Wohl kann im anderen Fall der Landwirt mit dem Bankberater eine kurzzeitige ÃœberÂziehung des KreditÂrahmens vereinbaren. Das führt zur erÂhebÂlichen zusätzlichen ZinsÂbelastung, die das ehemals günstige Angebot zunehmend unvorteilhafter erscheinen lässt. Gerne wirbt die Landmaschinenindustrie mit einer auf den ersten Blick im Vergleich zu den Geldinstituten unschlagbar günsÂtigen Finanzierung von Neumaschinen. Problem ist allerdings die kurze Laufzeit. Kostet dieses Gerät 100 000 Euro und verlangt der Händler 1 Prozent Zinsen und hat der Kredit vier Jahre Laufzeit sind monatlich gerundet 2 000 Euro Kapitaldienst fällig. Kann der Käufer diesen nur zur Hälfte aus den eigenen Mittel finanzieren, belasten die verbleibenden 1 000 Euro das laufende Konto mit 12 Prozent Zinsen pro Jahr. Mit rund 6 000 Euro im Jahresmittel ist dadurch das Girokonto zusätzÂlich belastet, das macht bei 12 Prozent 720 Euro nach dem ersten Jahr. Geht das auch im zweiÂten Jahr so weiter, steigt die Zinsbelastung schon mit 1 440 Euro auf das Doppelte. Wird das durch einen „Stützungskredit“ mit 6 Prozent abgefangen, halbiert sich die Zinslast auf 360 Euro.
Mit zwei Personen zum Termin
Damit die Ergebnisse des BankÂgespräches bei beiden Seiten (KreÂditnehmer und Kreditgeber) gleich verstanden werden, ist es notwendig, zu solchen Terminen eine Person des eigenen Vertrauens mitzubringen. Denn einmal stehen dem Kreditnehmer auf der Geberseite durchweg auch zwei Herrschaften gegenüber, die solche Gespräche professionell führen. Und außerdem: Vier Ohren hören zudem mehr und der Stress bei solchen GespräÂchen wird dadurch erheblich gemindert.
Zwei Konten führen
Durch Aufteilung der laufenÂden Konten in ein BetriebsmittelÂkonto sowie ein Konto für eigene Haushaltsführung mit jeweils 50 000 Euro Kreditrahmen, schafft man Verhandlungsspielraum. Dabei werden in einem Fall ausschließlich die Ausgaben für Betriebsmittel durch Einnahmen aus dem Produktverkauf verbucht. Monatlich überweist sich der Betriebsleiter von diesem Konto die Geldmittel für den Lebensunterhalt so 3 000 EuÂÂro. Diese schließen die AusgaÂben ebenso für alle privaten VersiÂcherungen mit ein. Für ein BeÂtriebsÂÂmittelkonto sind GeldÂinstitute bereit, einen niedrigeren Zinssatz 8 Prozent, wie hier angenommen, zu berechnen. Bei 12 Prozent sowie 50 000 Euro Kreditrahmen stehen beim Haushaltskonto weiterhin höhere Zinsen im Raum.Mit zwei Banken in Verbindung
Solange es die wirtschaftliche Situation zulässt, soll der potenzielle Kreditnehmer sich um eine zweite Bankverbindung bemühen. Denn dadurch verbessert sich die Verhandlungsposition mit der alten Hausbank deutlich. EinÂmal stärken VergleichsangeboÂte vom Mitbewerber den eigenen VerhandÂlungsspielraum. Weiterhin verringert sich damit der EinÂblick des alten Geldinstitutes in die finanziellen Transaktionen des eigenen Unternehmens. Das muss aber langfristig vorbereitet werden. Denn nur wenn das neue Geldinstitut die Fähigkeiten und die Disziplin des Unternehmers besser einschätzen kann, ist diese bereit, die Geschäftsverbindung zu vertiefen und auch dann wirklich mit konkurrenzfähigen Angeboten „herauszurücken.“
Zweimal zum Bankgespräch
Eine Möglichkeit zur VerringeÂrung der Kosten bei der KapitalÂbeschaffung stellt die WiederaufÂbeÂreiÂtung von gebrauchten GrundÂÂÂÂÂÂÂÂschulden dar. Diese können als ein dingliches Recht an einem Grundstück beschrieben werden. Im Gegensatz zu HypoÂtheken ist deren Bestand und Umfang aber nicht direkt an das damit besicherte Darlehen gebunden. Das erlaubt dann deren Ãœbertragung wie Nutzung auch für andere Forderungen. Das gilt es zu nutzen.
Jeder Betriebsleiter benötigt zur Erzeugung seiner Produkte drei Produktionsfaktoren: Arbeit Boden und Kapital. Das geschieht durch die Bereitstellung der eigenen Arbeitskraft beziehungsweise Einstellung von Mitarbeitern. Das notwendige Land wird durch Kauf oder Pacht erworben. Kapital stellt der Eigentümer selbst zur Verfügung oder besorgt es sich von Dritten, im Regelfall in Form eines Kredits von einem Geldinstitut. Alle Produktionsfaktoren müssen entlohnt werden, so durch Gehalt, Pacht und Zins. Deren Höhe kann jeweils aber sehr differieren.
Verhandlungsposition prüfen
Denn nur im Ausnahmefall nehmen Bankmitarbeiter aus eigenem Antrieb eine Zinsverbilligung vor. Der Kreditnehmer ist gefordert, es selbst in die Hand zu nehmen. Dazu ist es vorab notwendig, die Stärke seiner Verhandlungsposition gegenüber dem Geldinstitut einzuschätzen. Ihn kostet ein KontoüberÂÂÂziehen auf dem laufenden Konto 12 ProÂzent. Entschließt sich beispielsweise der Landwirt im Herbst zum Frühbezug von DünÂgemitÂteln, müsste deren Preis bis zur AusÂbringung im kommenÂden FrühÂjahr monatlich um mindestens 1 Prozent pro Monat Âsteigen, damit das sich für ihn rechnet. 1 500 Euro ZinsÂerÂsparÂnis kommen für ein halbes Jahr zusammen, wenn der Zinssatz des Kontokorrentkredites um 4 Prozent sinkt (Das heißt: 100 Tonnen Düngerbedarf bei 25 000 Euro für ein halÂbes Jahr ergeben: 25 000 Euro multipliziert mit 12 Prozent geteilt durch 2).
Betriebliche „Stellschrauben“
Unter den Möglichkeiten sollÂten weitere Stellschrauben zur VerÂbesserung der betrieblichen Situation in Betracht gezogen werden. Zwar erweist sich das bei der Gestaltung der ErÂzeugÂÂerÂpreise als kaum möglich. Einmal sind viele Produkte nur eine gewisse Zeit haltbar. Hinzu kommt, dass etwa 500 000 LandÂwirten deutschlandweit lediglich rund zehn große Abnehmer gegenüberstehen. Bleibt als kurzfristig erfolgversprechender Ausweg, auftretende saisonale PreisÂschwanÂkungen zu nutzen. Das verlangt aber die Erarbeitung eines Konzeptes, welches Zeit bedarf. Fehlt es anschließend an deren disziplinierÂten Umsetzung, war trotzdem alles umsonst. Für eine Kostensenkung bietet sich die VerbilliÂgung der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und das Kapital an. Die Arbeitskosten können durch ein ausÂgeklügeltes Zeitmanagement oder mittels des Austausches der menschlichen Arbeitskraft durch Maschinen verÂÂringert werden.
Hat der Verpächter Verständnis für die wirtschaftlich angespannte Situation, lässt sich möglichweise auch der Pachtzins verÂringern, zumindest aber die gleiche Höhe für die weitere Zukunft festmachen. Eine Verringerung der Kosten der beiden ersten Betriebsfaktoren gelingt meist nur mittel- oder langfristig. Eine Verringerung der Kapitalkosten hingegen mitunter recht kurzfristig. Dies verlangt die Festlegung einer abgestimmten Vorgehensweise. Ein Blick des Landwirtes in die letzten Bilanzen seines Betriebes ist der erste Schritt dazu.