Kein Investitionsklima

Die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe sind wie schon im Vorjahr erneut drastisch zurückgegangen. Dies hat der Hessische Bauernverband vergangene Woche anhand von repräsentativen hessischen Betriebsergebnissen, die ein Minus von durchschnittlich 16 Prozent verzeichnen, vor der Presse dargestellt. Auch die Ergebnisse im nächsten Jahr werden im Schnitt voraussichtlich nicht viel besser aussehen, weil sich die andauernde Preismisere auf den landwirtschaftlichen Märkten in den Abschlüssen abbilden werden.

Die Liquiditätssituation der Betriebe bleibt somit weiter angespannt, und an Investitionen ist meist gar nicht zu denken. Denn die Betriebe müssen, wenn sie wieder Geld verdienen, zunächst einmal Schulden begleichen und sich dann ein finanzielles Polster verschaffen, um die nächste Agrarmarktkrise zu überstehen. Diese wird nach der Überwindung der aktuellen früher oder später kommen, und sie kann lange dauern, wie die Bauern leidvoll erfahren müssen.

Investitionen hängen aber nicht nur von der Liquidität ab, sondern von den wirtschaftlichen Perspektiven und vom gesellschaftlichen Umfeld. Hier herrscht gerade mit Blick auf die Tierhaltung große Unsicherheit. Wie es beispielsweise nach dem politisch festgelegten Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration weitergehen soll, ist nicht geklärt.

Und die überhitzte Diskussion um die Haltung von Schweinen und Geflügel schafft auch kein Investitionsklima. Durch das teilweise mangelnde Vertrauen der Betriebsleiter in die Zukunft wird die Landwirtschaft in ihrer Entwicklung zurückgeworfen.

Die Politik und die Öffentlichkeit machen sich aktuell viele Gedanken um die Arbeitsplätze bei der Handelskette Kaiser´s Tengelmann. Es ist höchste Zeit, dass sie sich auch um die Wirtschaftlichkeit und den Bestand der landwirtschaftlichen Betriebe sorgen, zumal an ihnen viele Arbeitsplätze auch in der Nahrungsmittelindustrie abhängen, die sehr erfolgreich exportiert und so zum Wohlstand in Deutschland beiträgt. Sich nur Gedanken um Umwelt-, Tier- und Klimaschutz zu machen, reicht nicht.

Cornelius Mohr – LW 42/2016