Kirschendorf Ockstadt – seit fast 250 Jahren
Süßkirsche ist nach wie vor Markenzeichen
Nördlich des Rhein-Main-Gebietes, im östlichen Vorland des Taunus zwischen Bad Nauheim und Friedberg, befinden sich die Kirschenanlagen von Ockstadt.Seit fast 250 Jahren dient der Kirschenanbau der Einkommensverbesserung der landwirtschaftlichen Betriebe. Noch heute gibt es in Ockstadt einige hundert Kirschbaumbesitzer mit kleinen Parzellen bis hin zu Obstbaubetrieben mit mehreren Hektar Tafelkirschenanbau. Andere Obstarten wie Äpfel, Birnen und Zwetschen werden zwar zunehmend angepflanzt, doch nach wie vor ist das Markenzeichen für Ockstadt die Süßkirsche.

Foto: Trapp
Die „alten“ Obstanlagen mit Süßkirschenhochstämmen befinden sich überwiegend am Hang des Kirschberges. Am alten Kirschberg befinden sich meist Süßkirschen als Hochstämme, veredelt auf starkwachsender Unterlage (Sämling, F12/1) mit den Hauptsorten Hedelfinger und Schneiders. Im Nachbau wird zunehmend die etwas schwächer wachsende Unterlage Maxma 14 am Kirschberg verwendet, die mit den skelettreichen, steinigen Böden am Hang ganz gut zurechtkommt.
Trockenheit wirkt sich auf die Unterlagen-Auswahl aus
Die Anpflanzung schwach wachsender kleinkroniger Bäume begann 1974 auf Initiative des damaligen Obstbauberaters Hans-Joachim Oczko. Von 1974 bis 1986 wurden mehrere Versuchsanlagen überwiegend mit den schwächer wachsenden Unterlagen Weiroot 10 und Weiroot 13 von Praktikern angelegt. Die modernen, kleinkronigen Süßkirschenanlagen werden seit einigen Jahren mehr und mehr auf den besseren Böden in der Ebene gepflanzt. Bis dato gibt es rund 40 ha kleinkronige Süßkirschenanlagen in Ockstadt. Mittlerweile ist GiSela 5 als schwachwachsende Unterlage in Neupflanzungen der Standard. Auch ohne Bewässerung waren bislang mit GiSela 5 auf den tiefgründigen Lößlehmböden gute Fruchtqualitäten möglich. Wegen der Erfahrungen der vergangenen sehr trockenen Jahre hat sich dies geändert. Aufgrund der höheren Stresstoleranz gegenüber Trockenheit wird inzwischen auch in den besseren Lagen die etwas stärker wachsende GiSela 13 als Unterlage gepflanzt. Ebenfalls wird in der Praxis zunehmend die Möglichkeit einer kontinuierlichen Bewässerung diskutiert und diese wurde bereits von einzelnen Betrieben umgesetzt.
Bewährte, neue, frühe und späte Sorten
Gepflanzt wird überwiegend mit einem Reihenabstand von 4,5 m und einem Baumabstand von 2,5 bis 3,5 m; dies entspricht einer Netto-Pflanzdichte von 570 bis 800 Bäumen je Hektar.
Im Hauptsortiment der neuen Anlagen mit kleinkronigen Süßkirschenbäumen befinden sich als frühe Sorte Burlat (abnehmend), Bellise (zunehmend), Samba, Carmen (geringerer Anteil), dann Kordia und Schneiders Knorpel sowie als späte Sorte Regina sowie einige Sweatheart. Zunehmend bedeutender werden zudem Sorten wie Satin, Early Korvic und Henriette.
Desweiteren gibt es einen kleineren beziehungsweise einen probeweisen Anbau mit unterschiedlichen Süßkirschensorten wie beispielsweise Earlise, Sweet Early, Early Red, Souvenir de Charmes, Giorgia, Christiana, Folfer, Fertille, Grace Star, Summit, Lapins, Tamara und Skeena.
Groß, knackig und makellos

Foto: Trapp
Kundenbindung über visuelle Reize
Von vielen Anbauern wird für die Vermarktung die vor einigen Jahren gemeinsam eingeführte gelbe 5 kg Kirschenkiste mit dem Logo „Ockstädter Qualitätskirschen“ und dem Wappen von Ockstadt genutzt.
Die Vermarktung der Kirschenernte erfolgt traditionell im Direktverkauf an Straßenständen, im Hofladen sowie über Einzel- und Großhändler. Die diesjährige Vermarktung ist in vollem Gange. Diese Saison ist die Nachfrage nach regionalen Süßkirschen sehr hoch und der Absatz läuft sehr gut. Die Preise sind stabil und liegen sowohl im Handel als auch in der Direktvermarktung auf einem insgesamt höheren Niveau.
Marcel Trapp, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Obstbauberatung – LW 28/2020