Kontroversen um Agrardiesel, Tierhaltung und Steuern
Bundestagskandidaten diskutieren in Hohenstein
Der Kreisbauernverband Rheingau-Taunus (KBV) bot vergangene Woche zusammen mit dem Jagdverein Untertaunus die Gelegenheit, sich über die Positionen der Parteien und ihrer Kandidaten für den Bundestag zu informieren. Da die Kandidaten keine Agrarpolitiker sind, stützten sie sich weitgehend auf die bekannten Aussagen in den Wahlprogrammen. Gleichwohl erfuhr man auch etwas zu den persönlichen Sichtweisen. Die Kandidaten hörten ihrerseits, was den Landwirten und Jägern auf den Nägeln brennt.

Foto: Mohr
Alle für Kfz-Steuerbefreiung
Die grüne Kandidatin Ayse Asar, sie ist Juristin, die sich hauptsächlich mit Wissenschaft und Bildung befasst und Staatssekretärin im hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst war, bezeichnete die damalige Entscheidung der Ampel als Hauruckaktion. Es sei nicht richtig gewesen, dass die Landwirtschaft den größten Teil der Einsparungen schultern sollte. Sie ist für den Beibehalt der Befreiung von der Kfz-Steuer, bei Agrardiesel solle wie im Parteiprogramm der Grünen formuliert, am Abbau der Rückerstattung festgehalten werden mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität.
Alexander Müller von der FDP ist studierter Informatiker und befasst sich mit Verteidigungspolitik und der Kontrolle der Gemeindienste. Am Abbau der Agrardieselerstattung solle festgehalten werden und die landwirtschaftlichen Maschinen sollen Kfz-steuerfrei bleiben, so die Position des FDP-Politikers. Klaus-Peter Willsch von der CDU, Volkswirt und vielfach Gast bei den Veranstaltungen des Bauernverbandes, will den Agrardiesel wieder vollständig einführen.
Martin Rabanus, seine Fachgebiete sind Kultur und Bildung, rückte erst Ende Januar 2024 in den Bundestag nach, und war „auf der Seitenlinie“, als die Beschlüsse fielen. Statt des Agrardiesels müssten seiner Ansicht nach Investitionen gefördert werden, bei Kfz-Steuerfreiheit halte die SPD am Status quo fest. Der AfD-Kandidat Jan Feser, der sich als Diplomsozialjurist vorstellte, ist für die volle Rückerstattung bei Agrardiesel und für Kfz-Steuerfreiheit.
Bürokratieabbau und Mercosur
Nach diesen konkreten Aussagen ging es um Abbau von Bürokratie. Nach der Beschreibung von Thomas Kunz waren früher zwei Aktenordner im Jahr nötig für erforderliche Aufzeichnungen, heute sind sie schon nach drei Wochen voll. Willsch konnte hier konkret die Abschaffung der Stoffstrombilanz nennen. Müller von der FDP hielt seiner Partei zugute, dass sie im Europaparlament die Sustainable Use Regulation (SUR), also den Gesetzesvorschlag zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln, aufgehalten habe. Bei der Frage, wie die Politik der Landwirtschaft helfe, die künftig mit Importen aus den Mercosur-Ländern konfrontiert werde, die zu geringeren Standards erzeugen könnten, sieht die grüne Asar Probleme und einen Wettbewerbsnachteil für die Landwirte, aber auch einen Nachteil für die Verbraucher. Rabanus hält das Abkommen für richtig, „unterm Strich wird es Deutschland als Exportland nützen.“
Zur Frage nach der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik sieht AfD-Politiker Feser nur Sinn in einem regulatorischen Überbau, der beispielsweise für Kennzeichnung zuständig ist. Statt vieler Regeln solle der Maßstab Angebot und Nachfrage gelten. Bei der Jagdpolitik sowie der Bekämpfung der Schweinepest und deren Finanzierung waren die Aussagen allgemeiner. Mit Blick auf eine Verschärfung des Waffenrechts, das gegenwärtig im Zusammenhang mit den Anschlägen diskutiert wird, wandte sich Willsch gegen neue Gesetze. Nach Anschlägen würde den legalen Waffennutzern immer mehr draufgesattelt. Auch Müller sprach sich gegen verschärfte Waffengesetze aus.
Mit Blick auf den Schutzstatus des Wolf hält SPD-Politiker Rabanus eine Absenkung für richtig. Auch ist er für eine Regulierung. Die grüne Asar führte an, dass SPD und Grüne der Änderung in der Berner Konvention zugestimmt hätten. Nach Willsch solle eine Bejagung schneller erfolgen können, auch bei Nutria, Saatkrähe und Kormoran. Feser forderte, dass der Wolf bejagt werden kann. Immerhin bejage Schweden, bei nur 400 Tieren. Dagegen lebten in Deutschland geschätzte 3 000 Wölfe.
Mindestlohn und Pflanzenschutz
Bei der Frage des Mindestlohns war der SPD-Kandidat gefragt, dessen Partei im Wahlprogramm 15 Euro pro Stunde verlangt. Davon werde man auch keine Ausnahmen zulassen, machte Rabanus klar. Er räumte ein, dass es den Druck auf die Branche erhöhen werde, was man kompensieren müsste. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln muss laut Müller unideologisch geschehen. So habe sich die FDP auch für die Verlängerung von Glyphosat eingesetzt. Auch Feser machte klar, dass Pflanzenschutzmittel wie Medikamente seien und bei Krankheiten eingesetzt werden müssten. Dass in der AfD der Einsatz von Glyphosat unterschiedlich bewertet wird, sei ein Zeichen der demokratischen Diskussion in der Partei.
Willsch: mehr Tierhaltung und Selbstversorgung
Die Spannweite der Positionen war bei der Tierhaltung am weitesten zwischen der grünen Asar („weniger Tiere, mehr Qualität statt Quantität“) und Willsch („brauchen mehr Tierhaltung für Selbstversorgung und auch für Export“). Hierzu braucht es nach Willsch Garantien für genehmigte Stallbauten. Auch Wein und der zurückgehende Konsum waren Themen. Willsch ist für einen vernünftigen Konsum und weniger Verteufelung des Alkohols. Nach Feser solle der Konsum eine individuelle Entscheidung sein, er wandte sich gegen eine „Alkohol-Verteufelungspolitik“ der EU.
Pro und Contra Vermögenssteuer
Interessant waren noch die Positionen zur Vermögenssteuer. KBV-Vorstandsmitglied Olaf Pulch verwies auf aktuelle Forderungen von Gewerkschaften, 1 Prozent Steuer auf Vermögen festzulegen, was für landwirtschaftliche Betriebe vollkommen unrealistisch sei. Die grüne Asar sprach sich für eine Milliardärs-Steuer aus, der Mittelstand solle aber geschont werden, damit die Betriebe weiter laufen können. Auch Rabanus plädiert für eine Vermögenssteuer, die gegenwärtig nur ausgesetzt sei, als gerechten Beitrag zur Staatsfinanzierung. Willsch hielt dagegen und verwies darauf, dass die Vermögen aus bereits versteuertem Geld entstanden seien.
Ein Bekenntnis gegen die (EU-geförderte) Extensivierung legten sowohl Willsch (wir wollen nicht, dass sie ineffizient sind, sondern produzieren), und Rabanus ab (ich bin fürs Produzieren, auch wegen der veränderten Weltlage“).
Zum Schluss die Migrationsfrage
Scharfe Kritik gab es von einem Landwirt an der nationalen CO2-Steuer, die so hoch ausfiele, dass die Agrardieselerstattung dagegen unbedeutend sei. Müller betonte, dass man die CO2-Steuer zur Emissionsminderung brauche. So schaffe man eine wirksame Klima-Ordnungspolitik, die die Kraft der Marktwirtschaft nutzt und Innovationen fördert. Er wandte sich aber gegen die scharfe Preiserhöhung. Für Rabanus ist die CO2-Bepreisung marktwirtschaftlich, für energieintensive Betriebe müsse man Lösungen finden.
Zum Schluss ging es auch um die Migrationspolitik. Feser von der AfD sagte, dass diese zur Spaltung der Gesellschaft geführt habe. Willsch machte klar, dass die große Mehrheit der Bevölkerung ein Ende der illegalen Migration will. Die Grünen und die SPD hätten die Chance verpasst, dies aus der demokratischen Mitte heraus im Bundestag mitzubeschließen. Müller betonte, wir müssen Probleme lösen. In Dänemark hätten dies die Sozialdemokraten in der Migrationspolitik gemacht. Asar fasste das Problem anders auf und verwies auf den hohen Bedarf an Facharbeitskräften in Deutschland.
CM – LW 8/2025