Kunst trifft Milch auf den Silos

Die Milch aufwerten

Am Internationalen Tag der Milch hat die Milchwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz (Milag) einen Lichtstrahl an den dunklen Horizont des Milchmarktes gezeichnet. Die Künstler Carl Kenz aus Kaiserslautern und Dave Bonzai aus London haben jeweils unter dem Motto „Kunst trifft Milch“ ein Kunstwerk auf eine Silowand von zwei Milchviehbetrieben gesprayt. Für das bisher einmalige Projekt haben sich die Familie Hans Müller aus Matzenbach in der Pfalz und Familie Bormann aus Biesdorf in der Eifel bereit erklärt.

Carl Kenz bemalte dieses runde Silo auf 30 mal 4 m in Biesdorf in der Eifel.

Foto: Setzepfand

„Wir wollen mit dieser Aktion zeigen, dass Milch mehr Wert ist, als das, was im Regal bezahlt wird“, bemerkte Michael Horper, der Milag-Vorsitzende und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. „Und wir wollen auf diese Weise den Dialog zwischen den Welten anregen“, ergänzte Eberhard Hartelt, der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd. Die Landwirtschaft lebe in ihrer Welt, die Verbraucher in einer ganz anderen und die Sprayer in wieder einer anderen. Diese Aktion schafft Verbindungen, baut Brücken und zeigt, dass innovative Wege gegangen werden können.

Innovative und kreative Wege aus Milchkrise finden

Innovative Wege aus der Milchkrise, das wünschen sich derzeit alle der rund 2 000 rheinland-pfälzischen Milchbauern. Horper äußerte seine Enttäuschung über den Milchgipfel und forderte, Milch nicht als Lockmittel im Lebensmitteleinzelhandel zu nutzen. Realistisch bemerkte Horper, dass diese Krise für zahlreiche Betriebe das Aus bedeuten wird, dass es aber gilt, die Betriebe, die investiert haben, die Betriebsnachfolger haben, durch die Krise zu manövrieren mit Liquiditätshilfen, Bürgschaften und vor allem Vertrauen.

Die Veranstaltung der Milag war gleichzeitig das erste Stelldichein des neuen Staatssekretärs Andy Becht aus dem Wirtschaftsministerium, der sagte, dass in Rheinland-Pfalz 5,9 Mio. hl Wein produziert werden. „Wir nennen uns das Weinland Nr. 1. Doch wir produzieren 8,7 hl Milch. Es gab Zeiten, in denen auch die Winzer mit hohen Mengen zu kämpfen hatten, doch heute vermarkten viele direkt an den Kunden und generieren gemeinsam mit Musik und Kunst auf den Weinfesten gute Umsätze. Das sollte doch angesichts der schönen Landschaften, in denen ihre Höfe liegen, auch gelingen“, sagte Becht. Großes Lob erhielten die Familien Müller und Bormann. Hans und Michaela Müller aus Matzenbach halten auf dem Hollerhof eine Milchherde von 150 überwiegend Schwarzbunten sowie einigen Rotbunten. Sie melken seit sieben Jahren mit zwei Melkrobotern. Zum Betrieb gehören 200 ha Grün- und Ackerland. Im Jahr werden 1 Mio. l Milch produziert, davon lebt die achtköpfige Großfamilie. Der 17-jährige Sohn lernt gerade Landwirt. „Auch der 13-Jährige ist sehr interessiert und gerne auf dem Hof tätig, doch in der derzeitigen Situation, weiß man nicht, ob es gut für die Kinder ist, diesen Beruf auszuüben. Wir legen drauf, wir arbeiten 14 Stunden am Tag, doch am Ende legen wir drauf“, sagte Michaela Müller, die gelernte Bilanzbuchhalterin. Sie hat die Zahlen im Kopf und meinte: „Es ist deprimierend.“

Jetzt kann jeder, der auf der B 423 fährt sehen, dass Milch gut ist für ihn oder sie. Und Lust auf Milch bekommt man von diesem Graffiti auch.

Foto: Setzepfand

Das Image der Bauernhöfe und die Produkte aufwerten

So war der Künstler Dave Bonzai auf dem Hollerhof eine willkommene Abwechslung für die ganze Familie. „Das ist ein toller Mensch“, bemerkte Müller. An drei Tagen habe er das Werk an der 65 mal 2,5 m langen Silomauer verwirklicht und immer wieder in den Kuhstall geschaut, so entstand ein Bild (oben) des Glücks: Saftiges, grünes Gras, Kühe auf der Wiese, im Mittelpunkt eine Kuh mit einem Kalb, die beide über einen Zaun schauen. Rechts ein Schriftzug „Milch ist gut für Dich“ und links ein Glas Milch.

Dr. Norbert Wirtz dankte den Landwirtsfamilien Bormann (l.) aus Biesdorf und Müller (r.) aus Matzenbach für ihre spontane Zusage.

Foto: Setzepfand

In Biesdorf am runden Silo der Familie Bormann entwarf Carl Kenz ein nachdenklicheres und abstrakteres Graffiti. Auch hier steht die Kuh im Mittelpunkt, wie das auf dem Hof der Landwirtsfamilien auch ist. Tentakeln mit Milch gefüllt verdeutlichen die komplexen Aufgaben, die hinter dem Tetrapack Milch ablaufen: Futterbeschaffung, Melken, Gülle wegfahren und viel Arbeit. So viel Arbeit, dass dem Landwirt zwei Arme nicht ausreichen, er am besten Tentakeln haben sollte, um die Arbeit zu stemmen, beschreibt Kenz sein Bild (unten).

100 Kühe stehen im Stall der Familie Bormann. Der 22-jährige Junglandwirt Stefan Bormann begründet die Teilnahme an dem Projekt: „Wir wollen Aufmerksamkeit erzeugen, die Milch ins Gespräch bringen und die fehlende Verbindung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft wieder herstellen.“

Horper schloss die Veranstaltung mit den Worten: „Durch die Graffitis auf den Silos kann der Bauernhof als Gesamtkunstwerk gesehen und so in einen positiven Blick gerückt werden. Das wertet unser Image und unsere Produkte auf.“

zep – LW 23/2016