Landfrauen mischen sich ein und packen mit an

Vertreterinnen-Versammlung 2015 fand in Florstadt statt

Die Delegierten der 40 Bezirkslandfrauenvereine aus ganz Hessen trafen sich am vergangenen Donnerstag zur Vertreterinnen-Versammlung des Landfrauenverbandes Hessen (LFV) in Florstadt, um neben dem Jahres- und Finanzbericht auch aktuelle verbandsinterne und gesellschaftspolitische Themen zu behandeln.

Aus der Hand von Landfrauenpräsidentin Hildegard Schuster erhielten Brigitte Weitz und Renate Storch (v. l.) den Landfrauen-Vereinsführerschein.Foto: LVF

Positives Abstimmungsergebnis in Florstadt.

Foto: LFV

„Es geht nur Hand in Hand. Wir freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit“, resümierte Hildegard Schuster, Präsidentin des LFV, nach den Grußworten von Carolin Hecker, Vorsitzende der Hessischen Landjugend, und Armin Müller, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes. Carolin Hecker betonte, Landfrauen seien Vorbilder und Mentoren für die Ehrenamtlichen der Landjugend. Auch für die Landjugend gelte es, junge Ehrenamtliche zu gewinnen, um verbandsübergreifend eine langfristige Nachwuchsförderung zu erreichen.

Hildegard Schuster stellte den Jahresbericht des LFV in seiner neuen Form vor. Zum ersten Mal wurde der Jahresbericht unter dem Titel „LandFrauenPost“ veröffentlicht. Er wurde in großer Stückzahl gedruckt, damit jedes Mitglied den Jahresbericht erhalten kann. Ziel ist, alle Mitglieder auf diesem Weg über die Aktivitäten des Landesverbandes zu informieren und so mehr Transparenz zu schaffen. In ihrem Rückblick auf das vergangene Jahr hob die Präsidentin unter anderem die Arbeit des Landesverbandes zu aktuellen Verbraucherthemen hervor, so das Engagement des Landesverbandes bei der Sonderschau „Der Natur auf der Spur“ im Rahmen des Hessentags sowie die Auseinandersetzung mit dem Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP. Um seiner Forderung nach mehr Transparenz der TTIP-Verhandlungen mehr Gewicht zu verleihen, hatte der Landfrauenverband Hessen eine Unterschriftenaktion durchgeführt und die gesammelten Unterschriften anlässlich des Landfrauentages zum Hessentag Lucia Puttrich, Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten übergeben.

Auch zukünftig soll – ganz im Sinne des Slogans des LFV „Miteinander mehr erreichen“ – gemeinsam viel erreicht werden. So möchte sich der LFV weiterhin gemeinsam mit dem neu gewählten Bundesvorstand des Deutschen Landfrauenverbandes (dlv) in Sachen Chancengerechtigkeit für Frauen einsetzen. „Unsere jungen Frauen brauchen jetzt unsere Kraft in Gesellschaft und Politik: Für Sie, für Ihre Kinder und jungen Familien zu kämpfen und Sie im Alltag zu stärken, um Familie und Beruf gut zu vereinbaren“, rief Hildegard Schuster den rund 400 Landfrauen aus ganz Hessen zu. Auch im Hinblick auf ein Schulfach Alltagskompetenz und Ernährungs- und Verbraucherkunde an Schulen sowie für die Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“ möchte sich der LFV weiterhin stark machen.

Offener und fairer Umgang im Miteinander

Hildegard Schuster freute sich über das Kommen von Else Kranz, ehemalige LFV-Präsidentin.

Hildegard Schuster betonte, es sei wichtig, dass sich die Landfrauen in die gesellschaftlichen Diskussionen einmischen, auch in Sachen Flüchtlingspolitik. „Landfrauen mischen sich ein und packen mit an, ob als Lesepaten oder konkret bei der alltäglichen Hilfe vor Ort. Die vielen Initiativen, die Landfrauen in diesen Tagen auf die Beine stellen, sind beispielgebend“, lobte die LFV-Präsidentin anerkennend. Dieses vielfältige Engagement zeichne Landfrauen aus, betonte Schuster. Gerade das Vereinsleben biete den neu Zugezogenen einen Zugang zur öffentlichen Gemeinschaft.

Ein besonderes Anliegen war es Hildegard Schuster, zu einem offenen und fairen Umgang miteinander aufzurufen, um ein konstruktives und freundliches Vereinsklima zu schaffen. „Ein gutes Vereinsklima, geprägt von Achtsamkeit und der Wertschätzung jeder Landfrau gegenüber, gibt uns selbst Freude und Kraft. Seien Sie alle stolz: Wir sind die Landfrauen!“ Sie versicherte, dass sie auch in der zweiten Halbzeit ihrer Amtszeit weiterhin zusammen mit allen Landfrauen kämpfen werde und bedankte sich herzlich für die Arbeit, die die Frauen in den Bezirks- und Ortslandfrauenvereinen leisten.

Wertschätzung für Produkte

Zum Thema „Was ist „saubere Kleidung?“ sprach Ingeborg Pujiula, FEMNET. Sie informierte ausführlich über die desolaten Arbeitsbedingungen in der globalen Bekleidungsindustrie. Arbeitszeiten von bis zu 100 Stunden pro Woche, das heißt 12 bis 14 Stunden an 6 bis 7 Tagen wöchentlich, abgesperrte Türen und das Verbot während der Arbeitszeit zur Toilette zu gehen, seien keine Seltenheit, so Pujiula. Sie führte aus, welche Forderungen an Unternehmen und Politik zu richten seien und welchen Einfluss Verbraucher haben. „Jeder Deutsche kauft rund 60 Kleidungsstücke oder Schuhe im Jahr. Nur 40 Prozent davon werden getragen, 60 Prozent landen gleich in der Mülltonne.“ Ähnlich wie bei Lebensmitteln sei festzustellen, dass Verbraucher den Produkten und der Arbeit, die dahinter stehe, eine geringe Wertschätzung entgegenbrächten. Abschließend stellte Pujiula die Siegel vor, die dem Verbraucher helfen können, öko-faire und sozial-faire Kleidung zu identifizieren.

Landfrauen unterwegs als Equal-Pay-Beraterin

Hildegard Krauß, Equal-Pay-Beraterin aus Rheinland-Pfalz und damit Botschafterin für Entgeltgleichheit, stellte das Pilotprojekt des dlv „Qualifizierung regionaler Equal-Pay-Beraterinnen“ vor. In Deutschland erhalten Frauen durchschnittlich 22 Prozent weniger Lohn je Arbeitsstunde als Männer – im ländlichen Raum sind die geschlechterspezifischen Lohnunterschiede meist noch ausgeprägter. Um die Entgeltungleichheit bewusst zu machen und über ihre Ursachen und die Folgen für Frauen und Familien aufzuklären, wurden im Rahmen des Projektes Landfrauen zu Equal-Pay-Beraterinnen ausgebildet.

Urkunden und Ehrungen verliehen

Isolde Kammer und Gisela Reif (v. l., Bezirksverein Gießen) wurden mit der Ehrenurkunde des LFV und der Silbernen Biene mit Landeswappen geehrt.

Den Landfrauen-Vereinsführerschein sowie den Kompetenznachweis des Landes Hessen erhielten Renate Storch (Bezirksverein Fulda) und Brigitte Weitz (Bezirksverein Bad Hersfeld). Durch die Teilnahme an Schulungen im Bereich Rhetorik, Vereinsführung, Mitgliederwerbung und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie einem praktischen Engagement im Landfrauenverein von circa 80 Stunden hatten sie sich qualifiziert. Ursula Pöhlig, 2. stellvertretende Vorsitzende, überreichte die Zertifikate und rief die Landfrauen dazu auf, diese Qualifizierungsangebote zu nutzen und damit wichtiges Handwerkszeug für ihr Engagement im Landfrauenverein zu erlangen.

Für ihr Engagement und ihren Einsatz für die Frauen und ihre Familien im ländlichen Raum erhielten Isolde Kammer und Gisela Reif die Ehrenurkunde des Landfrauenverbandes Hessen sowie die Silberne Biene mit Landeswappen. Im Namen aller hessischen Landfrauen dankte Hildegard Schuster den beiden Landfrauen des Bezirkslandfrauenvereins Gießen und gratulierte herzlich. Als ganz besonderen Ehrengast begrüßte Hildegard Schuster Else Kranz. Sie nutzte die Gelegenheit, der Präsidentin des LFV in den Jahren 1987 bis 1993 im Rahmen des höchsten Gremiums des Landfrauenverbandes nachträglich zu ihrem 85. Geburtstag zu gratulieren, den sie am 16. Mai gefeiert hatte. „In den 80er Jahren, in Ihrer Zeit als unsere Präsidentin, haben Sie unseren Verband gut aufgestellt. Davon profitieren wir noch heute. Ein herzliches Dankeschön für Ihren unermüdlichen und starken Einsatz“, würdigte Schuster die Arbeit der ehemaligen Präsidentin, die das Geschehen im Verband nach wie vor verfolgt und begleitet.

Gudrun Stumpf, 1. stellvertretende Vorsitzende, bedankte sich bei allen Landfrauen und Mitwirkenden, die zum Gelingen der Vertreterinnen-Versammlung beigetragen hatten und lud zu aktuellen Veranstaltungen wie beispielsweise dem 5. Tag der Landwirtschaft in Mittelhessen am 18. November ein.

LFV – LW 46/2015