Fachfahrt des LFV Hessen führt in den Norden Europas
Eine große Portion Glück
Nachdem die für 2020 geplante Fachfahrt des Landfrauenverbandes (LFV) Hessen nach Finnland und Schweden abgesagt werden musste, traten kürzlich über 40 Teilnehmerinnen endlich die Reise an – eine Reise, die nachhaltig begeisterte und beeindruckte.

Foto: Andrea Göbel
Begleitet wurden die hessischen Landfrauen von Finnlandkenner Jo Diesner. Bereits 2021 entführte er im Rahmen digitaler Vorträge nach Finnland und gab besondere Einblicke. Nun begrüßte er die hessischen Landfrauen vor Ort und verriet viel Wissenswertes über Land und Leute – informativ, facettenreich, unterhaltsam.
Bei vielfältigen Besichtigungen erhielten die Teilnehmerinnen außergewöhnliche und unvergessliche Einblicke und Eindrücke – in den Alltag, die Gesellschaft, Kultur, Kulinarik, Natur, Landwirtschaft und Direktvermarktung Finnlands und Schwedens. So standen unter anderem Besuche und Besichtigungen von verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben, dem historischen Bauernhof Raisio, Landurlaubsangebote und Hofläden, der Besuch der größten Holzkirche der Welt, dem UNESCO-Kulturerbe-Städtchen Porvoo, dem Heimatmuseum Nautelankoski mit Rauchsauna und Besichtigungen der Städte Helsinki, Turku, Stockholm und Göteborg auf dem Programm. Ein Musikabend mit Mari Kaasinen, Gründungsmitglied der finnischen Folkband Värttinä, brachte den hessischen 40 Landfrauen die finnische Kultur und Musik näher und begeisterte.
Besuch eines Rehazentrums in Finnland
Besonders eindrücklich waren die Besuche in einem Reha- und Pflegezentrum sowie einem Seniorenheim, deren Konzepte sich von denen vieler deutschen Einrichtungen unterscheiden. So verweilen erkrankte Personen in dem Rehazentrum nur eine relativ kurze Zeit, werden jedoch anschließend digital weiter betreut und unterstützt. Die Bewohner des Seniorenwohnheims sind in kleinen Einheiten untergebracht, was durch einen hohen Personalschlüssel möglich ist. „Hier scheint der Umgang mit erkrankten und älteren Menschen besonders einfühlsam und wertschätzend zu sein“, so der Eindruck einer Teilnehmerin der Fachfahrt. Darüber hinaus steht allen Bewohnern des Seniorenwohnheims eine Sauna zur Verfügung – denn: ohne Sauna geht es nicht! In früheren Zeiten ein zentraler Ort des Hauses – hier war es heiß und damit steril; gleichzeitig nach wie vor ein Ort der Ruhe und der Erholung für Geist und Körper.
Wertschätzung der Natur
Ruhe und Erholung erlebten die Teilnehmerinnen auch in der Natur Finnlands und Schwedens – die Weite, die Unberührtheit, die Seen und Schären sowie die hellen Nächte beeindruckten bei Spaziergängen, einem GrillÂabend am offenen Feuer und Übernachtungen in echten finnischen Hütten. „Die finnische Bevölkerung lebt eine große Wertschätzung der Natur mit allen ihren Gaben. Das kennen wir in Deutschland so nicht“, so Hildegard Schuster, Präsidentin des LFV Hessen, bewundernd.
Besondere Höhepunkte während der gesamten Reisen waren jedoch die Treffen mit finnischen Landfrauen. „Das waren ganz besondere Begegnungen und uns eine echte Herzensangelegenheit“, betonten die mitgereisten Landesvorstandsmitglieder Manuela Weidmann, Andrea Göbel und Helga Kawe.
Austausch mit finnischen Landfrauen
In persönlichen Treffen und Gesprächen lernten sich die hessischen und finnischen Landfrauen kennen und tauschten Erfahrungen aus ihrem Leben und ihrer Vereinsarbeit aus – mit vielen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschieden. Besonders beeindruckte die hessischen Landfrauen das flächendeckende finnische Beratungsangebot für Eltern mit dem Namen „Neuvola“. Es reicht vom Säuglingsalter bis zur Schulzeit. Darüber hinaus erhält jedes Kind zur Geburt vom Staat ein Starterpaket – mit Windeln, Kleidung, einer Pudelmütze sowie einem Bett mit Matratze und Bettbezug. Ebenso die flächendeckende Digitalisierung imponierte – von der Telemedizin bis hin zum Mobilfunknetz. „Es gab keine Funklöcher“, so eine Teilnehmerin erstaunt. Auf der anderen Seite überraschten die hohen Steuersätze, die in Finnland gezahlt werden müssen. „Das ist wohl der Preis für die vielfältige Versorgung“, schlussfolgerten die Hessinnen.
Die finnischen Landfrauen zeigten sich besonders interessiert an dem Projekt „Klimabewusste Ernährungsbildung für Kinder“ des LFV Hessen und daran, dass es vom Land Hessen finanziell gefördert wird. Hierzu wollen sich die Landfrauen aus Hessen und Finnland in den kommenden Monaten via Videokonferenz nochmals treffen und ihre Gespräche fortführen.
„Diese Begegnungen, die wir während unserer Reise in den hohen Norden Europas machen durften, die Gemeinschaft, das Miteinander über die Landesgrenzen hinweg zu spüren und zu leben, das ist unglaublich wertvoll. Gerade in diesen unruhigen Zeiten“, resümierte die LFV Hessen-Präsidentin. „Auch Ängste, Sorgen und Ungewissheiten miteinander zu teilen.“ Manche Orte, die die Landfrauen besuchten und aus denen die finnische Vereinskolleginnen stammten, lagen nur 20 km von der russischen Grenze entfernt. Und Schuster weiter: „Auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin haben wir 2019 die ersten Freundschaftsbänder nach Finnland geknüpft, mit unserer Fachfahrt 2022 nun vertieft und möchten den Kontakt gerne weiter halten“, betonte Schuster. Denn: In Sachen Frauengesundheit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und vielen weiteren Themen ziehen die hessischen und finnischen Landfrauen an einem Strang und sollten sich über jeweilige Projekte austauschen, so Schuster. Das gelte auch für gemeinsame Vorschläge und Verbesserungen auf europäischer Ebene.
Gastfreundschaft erlebt und Kontakte geknüpft
„In diesen elf Tagen haben wir eine außerordentliche Gastfreundschaft erfahren“, resümierte Schuster beeindruckt. „Wir wurden von vielen Landfrauen, Vertretern und Vertreterinnen sowie Vereinigungen persönlich empfangen und willkommen geheißen. Es war überwältigend. Allen voran Päivi Karhunen, die vielfältige Besichtigungen und Treffen organisiert und möglich gemacht hat, die Regionalmarketinggesellschaft KETI, die Präsidentin Marjatta Pikkarainen und die Vizepräsidentin Anne Mujunen der Landfrauen Ost Finnland, die Bürgermeisterin der Stadt Kitee Merja Holopainnen und viele mehr.“
Darüber hinaus war die Aufgeschlossenheit und Zufriedenheit vieler Finnen kennzeichnend. „Wir konnten hautnah spüren, dass Finnland zu den glücklichsten Ländern der Welt gehört“, so Schuster. „Durch die zahlreichen Eindrücke und Erlebnisse haben wir ebenfalls eine große Portion Glück miterlebt und mit nach Hause gebracht. Wir freuen uns sehr, weiter in Kontakt zu bleiben und finnische Landfrauen in Hessen willkommen zu heißen.“
LFV Hessen – LW 33/2022