Landwirtschaft 4.0 und die neue Düngeverordnung

Welche Herausforderungen kommen auf Landwirte zu?

Zu ihrer Frühjahrsitzung trafen sich die Mitglieder des Fachausschusses für Ackerbau und nachwachsende Rohstoffe der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Schwerpunkte der Sitzung waren „Digitalisierung in der Landwirtschaft“ und „Folgen der Umsetzung der neuen Düngeverordnung“.

Durch die neue Düngeverordnung wird der Dokumentationsaufwand für die Landwirte nochmals verstärkt.

Foto: agrarfoto

Wilhelm Zimmerlin, LWK Bad Kreuznach, informierte die Teilnehmer über den Stand zum Projekt Einmalpflügen. „Unsere Bemühungen, die langjährigen Versuchsstandorte durch neue Projekte aufrecht zu erhalten, haben voraussichtlich Erfolg“, betonte er. Es sei nun gelungen, zum Glyphosateinsatz ein Forschungsvorhaben auf den Weg zu bringen. In Zusammenarbeit mit der TH Bingen, Prof. Dr. Petersen, werde auf dem Standort Wintersheim untersucht, ob auch ohne oder zumindest mit weniger solcher Mittel eine pfluglose Bewirtschaftung möglich sei. Die formale Bewilligung steht noch aus, wird aber alsbald erwartet. Der Praxisversuch wird auf den Versuchsflächen des Betriebs Dettweiler durchgeführt. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Die Gesamtkosten sind mit knapp 200 000 Euro veranschlagt. Die Förderung beträgt rund 50 Prozent und kommt aus dem Fonds für die Entwicklung ländlicher Räume in Rheinland-Pfalz. Die Eigenmittel tragen die Landwirtschaftskammer sowie die TH-Bingen.

Die neue Düngeverordnung in der Umsetzung

Dr. Friedhelm Fritsch, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, informierte über die Bemühungen der Verwaltung zur Umsetzung des Gesetzes in die Praxis. Vor zehn Jahren wurde Deutschland in sogenannte Boden-Klima-Räume eingeteilt. Im nächsten Schritt wurde der Düngebedarf für die einzelnen Standorte ermittelt. „Diese Grundlagen dienen nun der zukünftigen Düngebemessung“, so Fritsch. Die wichtigsten Vorgaben der neuen Düngeverordnung sind:

  • schriftliche Düngebedarfsermittlung für alle Nutzungen und Flächen,
  • Abstände bei Düngung geneigter Flächen in Gewässernähe,
  • 170 kg N/ha im Schnitt aus organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln, Verbotszeitraum für Ausbringung organischer Dünger und Vorgaben bei der Gülle-, Gärresteausbringung und Einarbeitung dieser Stoffe.

Ferner müssen Mindestlagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger vorhanden sein. Es müssen als Bilanzüberschüsse pro Hektar eingehalten werden: bei Stickstoff zunächst 60 kg, später 50 kg und bei Phosphor 20 kg, später 10 kg. Von Betrieben mit weit überdurchschnittlichem Viehbesatz werde eine Stoffstrombilanz gefordert. Außerdem bestehe für die Landesregierungen die Möglichkeit, weitere Vorgaben machen zu können, ergänzte er.

Standortspezifische Obergrenze für N-Bedarf

Die bisherige Düngeverordnung fordert die Ermittlung des N-Düngebedarfs. Dabei sind die im Boden verfügbaren N-Mengen zu erfassen. Oder es werden Ergebnisse vergleichbarer Standorte hilfsweise herangezogen. Künftig solle der N-Düngebedarf als standortspezifische Obergrenze nach bestimmten Vorgaben der Düngeverordnung ermittelt und aufgezeichnet werden. Dieser Wert darf beim Düngen dann nicht überschritten werden. Dabei wird der Stickstoffentzug über das Korn, der Pflanze und der Wurzelrückstände erfasst. Von diesem Bedarf werden Abschläge für Vorfrucht, Zwischenfrucht und überdurchschnittlichem Humusgehalt abgezogen. „Ergebnis ist dann die Obergrenze des N-Bedarfs“, erläuterte der Düngeexperte. Würden beim Weizen 80 dt/ha erwartet, so könnten 230 kg/N gedüngt werden. Allerdings müssten noch Abschläge, wie Nmin, verrechnet werden. „Liegt die geerntete Menge unter diesem Wert, so wird der nicht verbrauchte Stickstoff auf das nächste Jahr vorgetragen und bei der Bemessung für die Folgekultur angerechnet“, erläuterte Fritsch. Wird ein Teil dieser Menge organisch verabreicht, so seien die vorgegebenen „Wirkungsgrade“ bei den einzelnen Düngearten zu beachten. Angesichts der neuen Dünge-VO werden die N-Düngeempfehlungen in Rheinland-Pfalz aktualisiert. Den Landwirten wird dann ein EDV-Programm kostenlos zur Verfügung gestellt, um die Berechnungen einfach und schnell vornehmen zu können. Soweit es der Personalbestand zulasse, würde den Landwirten natürlich auch direkte Hilfe angeboten, betonte er am Schluss.

In der Diskussion wurde wiederholt der für die Landwirte weiter steigende Aufwand für die Dokumentation beklagt. Es dürfe nicht sein, das durch die neue Düngeverordnung die Zahl der aufgebenden Betriebe zunehme, sagte Ökonomierat Metternich. Er warnte auch vor einem Strukturbruch. Man müsse bei der Umsetzung auch an die älteren Landwirte denken. Gisela Horix vom Ministerium sagte die Hilfe der Beratung zu und meinte, mit vereinten Kräften diese Herausforderung meistern zu können.

Die Düngereffizienz deutlich erhöhen

„Wenn nicht mehr so viel gedüngt werden darf, muss die Wirksamkeit der noch zulässigen Mengen verbessert werden“, so die Kernaussage von Sabine Fuchs, Lebosol Dünger. Nicht einmal 50 Prozent des verabreichten Stickstoffdüngers komme im Aufwuchs an. Bei optimalen Bedingungen könne der Wirkungsgrad auch 70 Prozent betragen. Das Stickstoffmanagement müsse deshalb verbessert werden. Mehr denn je gelte der Lehrsatz: „Der Pflanze muss man ins Maul düngen!“ In ihrem Vortrag stellte Fuchs die Stickstoffeffizienz in Zusammenhang mit der Versorgung von anderen Nährstoffen in den Mittelpunkt. Schon Justus Liebig habe diese Abhängigkeit mit seiner „Minimumtonne“ anschaulich dargestellt, schilderte sie. Auch die Wechselwirkung spiele eine große Rolle. So benötige der Stickstoff auch Schwefel zur Umsetzung und zum Einbau in der Pflanze.

Gerade der Schwefel sei immer mehr der begrenzende Faktor. Weniger Braunkohleverbrennung und Abgasfilter sorgten dafür, dass geringere Mengen dieses Stoffes in die Luft gelangen und mit dem Regen in die Böden eingewaschen werden. Durch diese Unterversorgung komme es natürlich zu Mangelerscheinungen und schlechter Verwertung der übrigen Nährstoffe. Und schließlich zu schlechteren Ernteergebnissen in Menge und Qualität. Auch die Umweltwirkungen seien negativ, da die Gefahr bestehe, dass die überschüssigen Nährstoffe sich verlagern oder gar ins Oberflächen- oder Grundwasser gelangen. Oft seien sie dann für die Pflanzen nicht mehr erreichbar. Gerade der Klimawandel mit den zunehmenden Witterungsextremen wie Trockenheit, Starkniederschlägen und Kältephasen erfordere entsprechendes Handeln.Um bei Mangelerscheinungen schnell abhelfen zu können, biete sich die Düngung über das Blatt an. Über die Spaltöffnungen und die Kutikula gelangen die Nährstoffe schnell in die Leitbahnen, um unmittelbar wirken zu können, so die Referentin.

Versuche zeigten, dass sich dieses gezielte Vorgehen fast immer bezahlt mache, da die besseren Ergebnisse in Menge und Qualität die Kosten bei weitem übertreffen, berichtet die Düngerexpertin. Auch spare eine harmonische Düngung Geld, da ein Zuviel an einzelnen Nährstoffen vermieden werde, die nicht in der Pflanze umgesetzt werden. Gerade vor dem Hintergrund der neuen Düngeverordnung sollte eine hohe Effizienz der Düngung angestrebt werden. „Aus diesem Grund ist die Ausgewogenheit aller acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, wie Grunddüngung, Pflanzenschutz und Blattdüngung, notwendig, um beste ökonomische und ökologische Ergebnisse erzielen zu können“, so Fuchs. In der Aussprache wird die Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen mit Spurenelementen angezweifelt. „Eine Reihe von Versuchen hätten bei den wichtigsten Kulturen Mehrerträge von 5 bis 12 Prozent gebracht“, antwortete Fuchs. Damit würden die Kosten bei weitem erwirtschaftet. Da zukünftig weniger zulässige „unvermeidbare Verluste“ zugestanden würden, komme dem möglichst ausgeglichenen Verhältnis bei den Makro- und Mikronährstoffen eine größere Bedeutung zu, um optimale wirtschaftliche Ergebnisse erreichen zu können.

Karl Riedesser, lwk rlp – LW 25/2017