Landwirtschaft wirbt bei Pflanzenschutz für Transparenz

Debatte über Glyphosat versachlichen

Das Herbizid Glyphosat ist seit geraumer Zeit in der Diskussion. Kürzlich verlängerte die EU-Kommission die Einsatzgenehmigung für das Mittel nach sehr kontroversen und hitzigen Debatten um 18 Monate. Die Folge: „Viele Landwirte fühlen sich derzeit geradezu an den Pranger gestellt“. „Wenn wir auf unseren Felder tätig sind, werden wir kritisch beäugt und gefragt, welches toxische Mittel wir wieder ausbringen“, erzählt Kreislandwirt Thomas Kunz. Um die Diskussion zu versachlichen, besuchte Kunz mit Landrat Burkhard Albers und Weinbau-Präsident Peter Seyffardt die Firma „Agrartest“ in Aarbergen.

Tauschten sich über Pflanzenschutz im Acker- und Weinbau aus (v.l.): Landwirt Jan Volkmar, Doris Zörb von der Unteren Wasserbehörde der Kreisverwaltung, Landrat Burkhard Albers, Kreislandwirt Thomas Kunz, Hans-Werner Scherf und Weinbau-Präsident Peter Seyffardt.

Foto: Rheingau-Taunus-Kreis

Die Firma, die von Hans-Werner Scherf 1989 gegründet wurde und heute mit 13 Außenstellen in Deutschland vertreten ist, gilt als „Spezialist für landwirtschaftliches Versuchswesen“. Scherf und seine Mitarbeiter sind im klassischen Versuchswesen und im Bereich der Rückstandsanalytik tätig. „Die Fragestellungen auf allen Gebieten der pflanzlichen Produktion werden immer komplexer, die technische Durchführung aufwendiger und damit auch kostspieliger“, so der Inhaber. „Agrartest“ überprüft Produkte – etwa für den Einsatz in der Landwirtschaft, dem Wein- oder Obstanbau – auf Umweltverträglichkeit, Ertrag und Leistung. Hans-Werner Scherf berichtet über die komplexen und vielfältigen Feldversuche, die seine Firma für Unternehmen und deren Produkte durchführt, um Risiken einzuschätzen. Die erhobenen Daten würden unabhängigen Instituten wie dem Julius-Kühn-Institut zur Verfügung gestellt. „Wir betreiben sehr detaillierte Versuchsreihen, um Auswirkungen auf die Pflanzen, den Boden und das Grundwasser einschätzen zu können“, so Scherf. Dies geschah und geschieht auch bei dem Herbizid Glyphosat. „Der Abbauprozess des Herbizides ist durch viele wissenschaftliche Versuche dokumentiert“, so der Fachmann.

Pflanzenschutz sichert auch Verbraucherschutz

Ergebnisse, die wegen ihrer Komplexität und des notwendigen Fachwissens schwer zu vermitteln sind, wie Kunz eingesteht. Doch trotzdem wirbt der Kreislandwirt für Transparenz, spricht davon, welche Produkte beispielsweise auch als „krebserregend“ eingestuft sind: „Etwa Holzstaub oder Wurst. Bei Tabak und Alkohol ist die Einstufung bezüglich der Krebsgefahr weit höher.“

„Wir wollen über unsere Arbeit auf dem Feld oder im Weinberg aufklären“, betonen deshalb Kunz und Seyffardt. Kunz: „Glyphosatgegner weisen darauf hin, dass die Unkrautbekämpfung doch wieder wie früher mit dem Pflug erfolgen soll.“ Dem entgegnet der Landwirt: „Durch das Pflügen wird das Bodenleben, Regenwürmer, Springschwänze und viele Tausend Kleinstlebewesen, massiv gestört. Zudem wird die Gefahr der Bodenerosion durch das Pflügen sehr viel größer.“

Auch deshalb setzen die Landwirte im Kreisgebiet schon seit Jahrzehnten auf eine bodenschonende, vor allem pfluglose Bodenbearbeitung. Kunz weiter: „Völlig zu kurz kommt auch der Sachverhalt, dass mit dem Pflanzenschutz im Allgemeinen nicht nur Ernten gesichert und damit auch die Versorgungssicherheit gewährleistet wird, sondern auch durch die Bekämpfung von für den Menschen giftigen Biotoxinen aktiver Verbraucherschutz betrieben wird. Diese Aspekte fehlen in der Diskussion um Pflanzenschutz völlig.“ Doch es gibt auch die Klimaveränderung, verbunden mit Wetterkapriolen, die immer neue Methoden erfordern, um auf sie zu reagieren. Es ist in diesem Jahr der viele Regen und das Klima, die den Schutz der Reben im Weinberg und der Pflanzen auf dem Feld erschweren und in letzter Konsequenz auch zu Ernteausfällen führen. „Große Probleme bereitet die Kirschessigfliege, die eigentlich in Indien beheimatet ist, aber seit einigen Jahren auch in unseren Breitengraden zu finden ist“, berichtet Scherf. Diese Fliege steht vor allem auf alles, was „rot“ ist, und gilt in der Landwirtschaft als Schädling, da sie die reifenden Früchte von Kirschen, Heidelbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Pfirsichen, Pflaumen, Aprikosen und Trauben schädigt.

Kirschessigfliege hinterlässt große Schäden

Laut Hans-Werner Scherf suchen die begatteten Weibchen der Kirschessigfliege, die auch schon im Kreisgebiet ansässig ist, nach reifen Früchten für die Eiablage. Dabei beschädigt das Weibchen die Fruchthaut, um anschließend ihre Eier in die Frucht zu legen. Nach zirka zwei Tagen beginnen die geschlüpften Larven im Inneren der Frucht zu fressen. Wegen der großen Anzahl an abgelegten Eiern wurden bereits ganze Obstplantagen zerstört. „Das kann schnell zur Zerstörung der gesamten Ernte in einer Region und anschließend zum Ruin eines obstanbauenden Betriebes führen“, so Kunz. Da Kirschessigfliegen alle Früchte von Kirschen bis Trauben „angreifen“, müsse ein Gesamtkonzept her. Es gelte, umweltverträgliche Möglichkeiten zu finden, wie gegen die Fliege vorgegangen werden kann. „In einer Halle haben wir Versuchsreihen gestartet, um Wege zu finden, was gegen diese Fliegenart hilft“, berichtete Scherf.

„Als Landwirte und Winzer sind wir sensibilisiert. Wir wollen unsere Pflanzen schützen, um die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Produkten aus der Landwirtschaft sicherzustellen“, betonte Thomas Kunz. Er dankte Landrat Albers, dass er sich über das Thema bei den heimischen Landwirten informiert habe.

 – LW 31/2016