Nach Land sparenden Lösungen suchen

Sitzung des Erweiterten HBV-Verbandsrates in Friedrichsdorf

Raupen, Lastkraftwagen und aufgeschobene Wälle von Mutterboden zeugen davon: Hessens Wirtschaft wächst weiter; aber Hessens Landwirtschaft wird dabei oft vergessen. So hat die Landwirtschaft in Hessen nach Informationen des Hessischen Bauernverbandes allein in den letzten 20 Jahren circa 37 000 ha Land verloren. Ãœber das Thema des zügellosen Landverbrauchs drehte sich auch das jüngste Treffen des Erweiterten Verbandsrates des HBV vorige Woche in Friedrichsdorf.

Friedhelm Schneider, Präsident des HBV, wandte sich dagegen, künftig noch Äcker in Ausgleichsflächen für Bauvorha­ben von erneuerbaren Energieprojekten, wie Windkraftanlagen, umzuwandeln.

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Es wurde über Möglichkeiten diskutiert, Land sparende Lösun­gen mit Blick auf die Kom­pen­sa­tion zu finden. „Nirgendwo ist die Eingriffs­intensität in den Feldern unserer Bauern größer als ab dem Frank­furter Flughafen in Richtung Süden. Um etwas zu erreichen, müssen wir an vielen Stellen Einfluss nehmen: von der Landesregierung in Wiesbaden über die Regierungs­präsidien bis hin zu den Bauämtern in den Kommunen“, wie Friedhelm Schneider, Präsident des Hessi­schen Bauernverban­des, zu Beginn der Tagung deutlich machte. Vor allen Dingen sollte die Landwirtschaft frühzeitig bei Planungen von Vorhaben neuer Wohn- und Gewerbegebiete oder Straßen- und Aus­­gleichsflächen einbezogen werden.

Einen Ansatz dazu sehen die Vertreter des HBV in einer vom Land Hessen der Hessi­schen Landgesellschaft (HLG) neu übertrage­nen Aufgabe des Flächenmangementes für den Straßenbau ab Januar 2012. Bevor die Regularien der HBV-Verbandsratssitzung behandelt wurden und ein stabiler Verbandshaushalt vorgestellt und dabei deutlich wur­de, dass sich der Berufsverband im nächsten Jahr noch stärker für die Junglandwirteförderung einsetzen will, sprach Dr. Harald Müller, Geschäftsfüh­rer der HLG aus Kassel, über das neue Aufgabengebiet der HLG zur Landverwaltung für den Straßenbau.

HLG mit neuer Aufgabe beauftragt

„Wir machen keinen Grunderwerb für das Land Hessen, sondern wir betreiben ein Flächenmanagement“, eröffnete Müller seinen Vortrag. Das sei ein großer Unterschied, weil man auf die Belange der ländlichen Entwicklung blicke, statt nur Einzelinteressen vor Ort im Visier zu haben. Der Auftrag zum Flächenmanage­men­t durch das Land an eine Landgesellschaft sei bislang einmalig in Deutschland. Er sieht darin eine Vorreiterroller, weil sich weitere Bundesländer für diese Form der Flächenverwaltung interessierten.

Diese hoheitliche Aufgabe ist nicht einfach. Denn nach Ansicht von Müller spielt die hohe Renta­bilität des Wirtschaftsstandortes Hessen einer zunehmenden Versiegelung von Flächen in die Hände. Aus Sicht der Landwirtschaft und des ländlichen Raums gelte es, diese zu verringern. Und um so wichtiger sei, die Belange der Landwirte und des ländlichen Raumes früh in die Entscheidungen für Planungsvorhaben einfließen zu lassen. Das könne nur durch den ständigen Informationsaustausch mit allen Beteiligten bei gleichzeitigem „Blick über den Tellerrand hinaus“ funk­tionieren.

Auf der einen Seite die Stadt, auf der anderen Seite die Autobahn: Das ist der Blick, den viele Bauern von ihren Äckern im wirtschaftsstarken Bundesland Hessen haben.

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Durch die bereits bei der HLG angesiedelte Ökoagentur, als Flächenagentur für naturschutzrechtliche Kompensation, sieht der Geschäftsführer der HLG Synergie­effekte, um bei der Umsetzung von Bauprojek­ten im Land Hessen künftig besser die Seite der Landwirtschaft zu berüchsichtigen und den Landverbrauch in Hessen von derzeit rund fünf Hektar pro Tag zu reduzieren. Die Ökoagen­tur vermittelt Ökopunkte, die beispielsweise aus einer ökologi­schen Aufwertung im Wald durch Umbau von Nadel- zum Mischwald entstanden sind und per Baugesetzbuch für Ausgleichsmaßnahmen angesetzt werden kön­nen.

Alle Beteiligten an einen Tisch

Wichtig ist ihm, dass bei allen Planungen- und infrastrukturellen Maßnahmen die Kreis­bau­ernver­bände als Interes­sen­ver­tre­ter der Landwirte vor Ort zu­sammen mit der HLG und den Bau- und Planungsbehör­den an einen Tisch sitzen. „Wir stellen uns vor, dass wir uns bereits im Vorfeld mit dem Berufsstand abstimmen, bis zur Frage der Exis­tenz­sicherung land­wirt­schaft­licher Betriebe und der Be­handlung von Pachtverträgen. Denn wenn wir die fachlichen Dinge sowohl im Interesse der ländli­chen Entwicklung als auch im Interesse der betroffenen Betriebe befördern können, ist dies wichtig für alle Beteiligten, um zu gangbaren Lösungen zu kommen“, so der Leiter der HLG.

Landwirtschaftliche Fachpläne

Dr. Harald Müller, Geschäftsführer der Hessischen Landgesellschaft, stellte das Flächenmanagement für den Straßenbau als neue Aufgabe vor, die Hessen der HLG zum Januar 2012 überträgt.

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Hierzu zählt Müller auch die Landwirtschaftlichen Fach­plä­ne (Nordhessen, Mittel­hessen und Südhessen), als wichtige Instrumente eines effizienten Flächenmanagements, die der HBV den Kommunen und Planungsbüros sowie den Bauämtern bereitstelle. Ziel sei, den Eingriff zu minimieren und den Ausgleich zu optimieren. Die HLG sei aktuell in rund 400 Pro­jekte im Land involviert.

Bei Fragen der Kompensation von Baumaßnahmen sieht er künftig Probleme besonders in Bezug auf den Artenschutz. Hier werde zum Teil weit überzogen ent­schie­­den und vor allem häufig zu Lasten der Landwirtschaft. Er nannte hierzu Beispiele aus Hessen: So habe in Südhessen der Frankfurter Flughafen für den Bau der neuen Landebahn Käfer umsiedeln sollen, was 150 000 Eu­ro gekostet habe.

In Nordhessen habe die Firma SMA aus Niestetal für den Bau einer neuen Produktionsstätte für Photovoltaik-Wechselrichter das Fünffache an Ausgleichsfläche benötigt.

Es müsse anders laufen und zwar solle die Eingriffsintensität in Flä­chen verringert werden, das seiner Ansicht nach aber nicht die Änderung der Kom­pen­sa­tions­re­ge­lung in Hessen er­fordert. Vielmehr geht es ihm um deren konsequente Umsetzung: „In Hessen haben wir eine gute Ausgleichsregelung. Von der hessi­schen Kompensationsregelung hat die halbe Republik abgeschrieben. Aber sie muss auch umgesetzt werden“, konstatierte Müller.

HBV-Präsident Schneider verwies auf die steigende weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln einerseits und die Erzeugung von Biomasse zur Energie andererseits. Schneider wandte sich dagegen, künftig noch Äcker in Ausgleichsflächen für Bauvorhaben von erneuerba­ren Ener­gie­projekten, wie Wind­kraft­­an­la­gen,umzuwandeln. Sie würden zur Erzeugung von hochwerti­gen Nahrungsmitteln mit kurzen Transportwegen benötigt.

Moe