Naturschutz in die Produktion einfließen lassen

Möglichkeiten von Produktionsintegrierter Kompensation (PIK)

Im Jahre 2006 wurde, ausgehend von einer Initiative der landwirtschaftlichen Organisationen, die naturschutzfachliche Stiftung zur Förderung der Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz (KULA) ins Leben gerufen. Es handelt sich um eine öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Bad Kreuznach, die vom zuständigen Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist. Stifter sind die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (LWK), die beiden Bauern- und Winzerverbände Rheinland-Nassau und Rheinland-Pfalz Süd (BWV) sowie der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz (GStB).

Kopfweiden auf Grünland in der Nähe des Rheins. Mit der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz können örtlich sehr passende Maßnahmen umgesetzt werden, die eine langfristige Pflege und den Erhalt der Landwirtschaft gewährleisten.

Foto: Kula

Seit nun bereits zehn Jahren beschäftigt sich die Stiftung Kulturlandschaft Rheinland Pfalz mit der Planung und Umsetzung von Betriebs- und Produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen. Etliche Projekte mit Windkraftbetreibern, Straßenbaubehörde oder Kommunen zeigen die Praktikabilität bei der Realisierung und Nachhaltigkeit in den landwirtschaftlichen Betrieben im Land.

Ziel der Stiftung ist es, die Interessen der Landwirtschaft, des Naturschutzes und der Eingriffsverursacher im Hinblick auf die Erhaltung und Entwicklung der Kulturlandschaft mit ihren regionalen Besonderheiten und Unverwechselbarkeiten aufzugreifen und zusammenzuführen. Die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen soll möglichst durch eine wirtschaftlich tragfähige und nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung gewährleistet werden. Den Flächenbewirtschaftern wird somit eine maßgebliche Funktion bei der Gestaltung der ländlichen Räume auch unter dem Gesichtspunkt der Naturschutzbelange beigemessen. Die Stiftung spricht bei der Umsetzung von „Betriebs- oder Produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen“ und greift damit auch den zentralen Gedanken der Nachhaltigkeit bei der Flächenbewirtschaftung auf. Nicht zuletzt trägt die Stiftung mit ihrer Philosophie dazu bei, dass der Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Inanspruchnahme für Kompensationsmaßnahmen auf ein Minimum reduziert werden kann.

Produktionsintegrierte Kompensation rechtlich verankert

Seit dem 6. Oktober 2015 wurde diese Grundidee auch in das neue Landesnaturschutzgesetz von Rheinland Pfalz integriert (§ 7 LNatSchG). Unter der Beachtung agrarischer Belange ist danach vorrangig zu prüfen, ob Kompensationen auch mit Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen erreicht werden können. Grundvoraussetzung dabei ist eine dauerhafte Aufwertung des Naturhaushaltes und/oder des Landschaftsbildes.

Die bisher in der gängigen Praxis übliche Ausweisung nach der Flächenverfügbarkeit, erfüllt in keinster Weise weder naturschutzfachliche, noch agrarstrukturelle Anforderungen an eine solche Maßnahme. Regelmäßig kam und kommt es immer noch zu erheblichen Überwerfungen zwischen Landwirtschaft und Kompensationsverpflichteten in dieser Frage.

An drei Beispielen soll erläutert werden, wie solche Maßnahmen über die Stiftung auf landwirtschaftlicher Nutzfläche von den vor Ort tätigen Betrieben umgesetzt werden können.

Beispiel 1: Standortgerechte Auenbewirtschaftung, Gemarkung Hengstbach, Stadt Zweibrücken

Das Projekt befasst sich mit einer extensiven Auenbewirtschaftung an der Bickenalbe in der Gemarkung Hengstbach bei Zweibrücken. Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit der Anlage einer Ökokontofläche der Stiftung, welche bei Bedarf für Eingriffe im Stadtgebiet Verwendung finden kann.

Die Stiftung Kulturlandschaft realisierte bereits im Jahre 2008 aus Eigenmitteln eine landschaftsbildprägende Maßnahme in der Westpfalzregion. Durch die Umwandlung von 5 ha Ackerland in Extensivgrünland an der Bickenalbe, konnten umweltsensible Bereiche am Fließgewässer (zudem Kulisse eines Natura 2000 Gebietes) einer naturschutzfachlichen Aufwertung zugeführt werden. Über eine angepasste Mäh- und Weidenutzung konnte sich bereits seit neun Jahren die Fläche im Sinne der Biodiversität entwickeln. Insbesondere die Stützung der Bestände des dort vorkommenden „Großen Feuerfalters“ als auch der Schutz des Eisvogels sind Hauptziele in diesem Gebiet. Umsetzung und Monitoring der Maßnahme werden von der Stiftung selbst übernommen. Entscheidend für die Umsetzung war, dass ein ansässiger Landwirt seine Flächen zur Verfügung stellte und auch selbst für die Bewirtschaftung gewonnen werden konnte. In enger Absprache mit der Stiftung werden von ihm die notwendigen Bewirtschaftungsmaßnahmen auf dem Grünland ausgeführt und monetär entlohnt.

Erste Priorität hat auf den Flächen eine zeitlich begrenzte sowie in der Besatzdichte angepasste Beweidung. Ein zu intensiver Weidegang würde an den sensiblen, feuchten Bereichen des Bachufers zu negativen Folgen mit Trittschäden führen. Durch die Umsetzung der Maßnahme wurde ein vielfältiges Lebensraumangebot für wildlebende Tiere und Pflanzen geschaffen und erhalten.

Eine abgängige obstbauliche Fläche wurde in Heidesheim zur artenreichen Stromtalwiese umgewandelt.

Foto: Kula

In Anbetracht des ständig wachsenden Flächenbedarfs für Kompensationsmaßnahmen im Stadtgebiet ist es verwunderlich, dass bei der Stiftung bisher noch kein Bedarf angemeldet wurde, obwohl ständig neue Nutzflächen mit Naturschutzmaßnahmen überzogen werden.

Beispiel 2: Artenschutzmaßnahme Rotmilan, VG Lauterecken Wolfstein, Kreis Kusel

Im Rahmen der Erstellung von Windkraftanlagen in der Ortsgemeinde Rothselberg, wurde mit dem Projektbetreiber ein Übernahmevertrag zur Umsetzung der notwendigen Kompensationsmaßnahmen geschlossen. Die Stiftung verpflichtete sich für 28 Jahre zur erstmaligen Herstellung, laufenden Pflege und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit von Artenschutzmaßnahmen für den Rotmilan.

Ermöglicht wurde dies über die Kooperation mit den landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort, welche Acker- und Grünland zur Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Verfügung stellten. Hierfür wurde, zeitlich begrenzt, auch eine Dienstbarkeit auf der Fläche notwendig, um den gesetzlichen Vorgaben einer nachhaltigen Sicherung gerecht werden zu können.

Im Schwerpunkt wurde eine feldfuttergeprägte Ackerbewirtschaftung umgesetzt. Dadurch soll den Nahrungsansprüchen des Rotmilans über einen möglichst langen Zeitraum Rechnung getragen werden.

Die Einsaat der Ackerfläche erfolgte als Klee-Gras oder Luzerne-Gemenge, wobei das Saatgut von der Stiftung gestellt wurde. Die Bewirtschaftung der Fläche hat in mindestens drei Schnitten zu erfolgen. Eine erste Mahd findet zwischen dem 15. Mai und dem 15. Juni statt. Die Monatsfrist wurde festgelegt, um möglichen Verzögerungen durch ungünstige Witterungseinflüsse abfedern zu können. Je Schnitt auf 50 Prozent der Fläche sind die weiteren Schnitte um mindestens zwei Wochen zu versetzen.

Ackerlandstatus sollte gewahrt werden, daher Grünroggenanbau

Problempunkt war die Wahrung des Ackerlandstatus auf der unter Vertrag stehenden Fläche. Es wurde zwingend notwendig, dass spätestens im fünften Bewirtschaftungsjahr eine Ackerfrucht auf der Fläche angebaut werden musste. Um gleichzeitig die naturschutzfachlichen Vorgaben erfüllen zu können, wurde von der Stiftung der Anbau von Roggen (Grünroggen) vorgeschlagen. Die Schnittzeitpunkte waren entsprechend den Vorgaben für den Feldfutterbau anzuwenden. Eine sowohl naturschutzfachliche als auch landwirtschaftliche In-Wert-Setzung der Fläche konnte somit kontinuierlich gewährleistet werden.

Dieter Feldner – LW 51/2016