Naturschutz und Weinbau gehören zusammen

Positive Wechselwirkungen sind möglich und förderbar

Anders als oftmals verlautbart, sind Landwirtschaft und Naturschutz per se kein Widerspruch. Das zeigen verschiedene Ansätze in vielen Bereichen des Agrarsektors. Im Folgenden Beispiele aus der Weinbaupraxis.

Artenreiche Dauerbegrünungen werten die Agrarökosysteme deutlich auf, auch wenn nicht alle darin enthaltenen Pflanzen heimisch sind. Doch der erste Schritt ist gemacht.

Foto: Martin Ladach

Einige der heute heimischen Arten haben erst durch die gezielte Landnutzung Einzug in die Agrarökosysteme gefunden. Man bezeichnet sie deshalb als Kulturfolger. Andere Arten sind hingegen durch die intensive Nutzung des ländlichen Raums bedroht. Weinbau bietet als Dauerkultur Möglichkeiten, wirtschaftlich und gleichzeitig nachhaltig zu arbeiten, um den Anforderungen des Naturschutzes gerecht zu werden.

Gesunder Boden als Grundlage für Biodiversität

Die Grundlage und wichtigste Ressource des Landwirts und Winzers ist der Boden. Er bildet das Medium, in dem die Kultur aufwächst und spendet die für das Wachstum benötigte Nährstoffe und Wasser. Daneben erfüllt er durch seine Reinigungs- und Pufferfunktion für Regenwasser und Schadstoffe – Rückstände von Pflanzenschutz­mitteln, versauernd wirkende Einträge von Schwefel- und Stickstoffverbindungen – wichtige Ökosystemdienstleistungen. Der Krümelstruktur der Bodenaggregate und dem Humusgehalt des Bodens kommt besondere Bedeutung zu, um seine Fruchtbarkeit zu erhalten. Der Boden ist Ausgangspunkt und Endpunkt vieler Nahrungsketten. Die in ihm lebenden Pilze, Bakterien, Actinomyceten und Kleintiere sorgen für die Zersetzung des organischen Materials, wodurch es zu energetischen und stofflichen Veränderungen kommt. Dabei werden Nährstoffe frei und der Kreislauf kann von vorne beginnen.

Ein biodiverser Boden bildet die Grundlage für einen biodiversen Bewuchs. Es ist naheliegend, dass es dieses System zu schützen gilt, um sowohl die eigenen Interessen im Weinberg zu wahren als auch Lebensräume für Flora und Fauna zu schaffen.

Begrünungen helfen Nährstoffe zu konservieren

Einsaaten von Herbst- und Winterbegrünungen dienen zur Nährstoffkonservierung (Nitrat-Stickstoff) und zum Aufbau von Biomasse sowie der Bodensanierung oder dem Anlegen von artenreichen Dauerbegrünungen als neue Fahrgasse. Der Umgang mit Sämereien, der phasenweise im Weinbau eine sehr untergeordnete Rolle spielte, ist wieder in vielen Betrieben ein wichtiger Baustein in der Bodenpflege. Bei deren Zusammenstellung, ob selbst gemischt oder vom Landhändler oder Saatguterzeuger bezogen, wird zunehmend auf deren biodiversen Mehrwert beispielsweise der Attraktivität hinsichtlich Bestäuber geachtet.

Eine gut zusammengestellte Begrünungsmischung bietet im Idealfall ein kontinuierliches Nahrungsangebot, die Arten ergänzen sich durch verschiedene Vegetationszyklen gegenseitig. Schnell und langsam wachsende Arten mit unterschiedlicher Morphologie helfen dabei, den Energieeintrag der Sonne in den Boden zu optimieren. Dabei entstehen verschiedene „Etagen“ (oberirdisch wie unterirdisch), die unterschiedliche Lebensräume für die Fauna und Bodenpilze bieten. Die Pflanzen geben außerdem während des Wachstums Exsudate über ihre Wurzeln ab, die dem Boden­leben als Energiequelle dienen und ebenfalls Nährstoffflüsse auslösen. Die biologische Aktivität ist umso größer, je reichhaltiger und vielfältiger das Bodenleben ist.

Martin Ladach – LW 42/2020