Öffentlichkeitsarbeit weiter ausbauen

Haupt- und Vertreter-Versammlung des KBV Waldeck

Die größte Aufmerksamkeit im Rahmen des Jahres- und Geschäftsberichtes auf der diesjährigen Vertreterversammlung des KBV Waldeck in Sachsenhausen, den Kreisvorsitzender Karsten Schmal und Geschäftsführerin Stephanie Wetekam am Dienstag vergangener Woche erstatteten, erregte die künftige inhaltliche und organisatorische Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit. Dazu lag den Vertretern auch der Entwurf einer zusätzlichen Beitragssatzung vor, die schlussendlich nach lebhafter und ausgiebiger Debatte mit übergroßer Mehrheit beschlossen wurde.

Geschäftsführerin Stephanie Wetekam (rechts) und Vorsitzender Karsten Schmal erstatteten den Jahres- und Geschäftsbericht des KBV-Waldeck und stellten den Entwurf der mit großer Mehrheit beschlossenen Zusätzlichen Beitragssatzung für Öffentlichkeitsarbeit vor. Marie-Christin Mayer vom Hessischen Bauernverband referierte zu den Auswirkungen der neuen Düngeverordnung auf die betriebliche Praxis.

Foto: Dietz

Mindestens genauso aufmerksam folgten die Vertreter anschließend den Ausführungen von Marie-Christin Mayer, Referentin für pflanzliche Produktion beim Hessischen Bauernverband (HBV), die die aktuellsten Entwicklungen zur neuen Düngeverordnung und den „Roten Gebieten“ in Waldeck darstellte, und am Ende ihres Vortrages erstmals die betroffenen Gemarkungen beim Namen nannte.

„Die Veränderungen in der Gesellschaft, die die Landwirtschaft betreffen“, so Schmal in seinem Bericht, „erfolgen immer schneller“. Seien auf der einen Seite tragfähige Regelungen zur Mautbefreiung oder zum Mindestlohn unter Mitwirkung des Berufsstandes erreicht worden, drängten auf der anderen Seite unaufhörlich neue und immer mehr Themen auf die Tagesordnung. Vom Verbot des Transportes von Exporttieren seien in Hessen rund 500 Betriebe mit jährlich 6 500 Zuchtrinder betroffen. Bundesweit gebe es zwar die ersten gewonnenen Verwaltungsgerichtsentscheidungen, doch die Vorgehensweise zeitige Folgen.

Wegen der Düngeverordnung hätten die Milchviehhalter ohnehin finanziell schwer belastende Investitionen zu stemmen. Zum Kastenstand bei Sauen liege jetzt ein erster Vorschlag auf dem Tisch (siehe Seite 5). Doch die Zahl der Sauenhalter sei inzwischen um 16 Prozent gesunken, so Schmal.

30 Prozent AGZ-Gebiete verloren

Mit der in sich widersprüchlichen Neuregelung der benachteiligten Gebiete habe Waldeck 30 Prozent Fläche verloren, während anderswo in Einzelfällen Gunstlagen neu aufgenommen worden seien.

Beim Blühstreifenprogramm, mit dem der Bauernverband Lebensraum für Insekten schafft, würden demnächst 16 t Saatgut landesweit ausgebracht. In Waldeck könnten Bürger zur Ausweitung der Flächen Spenden einbringen, Schulen und Schüler würden eingebunden bei der Ausbringung der Samen.

In ihrem Rechenschaftsbericht sprach Geschäftsführerin Stephanie Wetekam über die für die Mitglieder geleistete Arbeit zu den Standardthemen wie Agrar- und Diesel-Anträge, Wasserschutzkooperation, Betriebshilfe, Betriebsübergabe, Renten, Testament, Vorsorgevollmacht und viele andere mehr.

Neue Dienstleistung zur Düngeverordnung

Zur Umsetzung der Düngeverordnung auf den einzelnen Betrieben kündigte sie ein neues Dienstleistungsangebot durch KBV und Maschinenring an. „Die komplizierten Sachzusammenhänge und gesetzlichen Regelungen, erfordern diese zusätzliche Leistung. Das haben viele Gespräche mit den Mitgliedern gezeigt“, so Wetekam. Dazu sei bereits ein neuer Mitarbeiter gewonnen worden, der die Materie beherrsche und erschöpfend Auskunft geben könne. Es handle sich um Lars Heiner aus Wiesenfeld, der demnächst sein Masterstudium als Agrarwissenschaftler an der Justus-Liebig-Universität in Gießen abschließen werde. Er stamme von einem Betrieb, der Milchkühe im Nebenerwerb halte.

Auch im laufenden Jahr werden die Ortsverbände eine Beitragsrückvergütung im Umfang von einem Prozent zur Organisation eigener Veranstaltungen erhalten. Gemeinsam mit der LBHS, dem Landesbetrieb Landwirtschaft und dem Fachdienst Landwirtschaft habe der KBV an vier Standorten für die Bezirksverbände Versammlungen durchgeführt und dabei 385 Mitglieder erreicht, die sich zu den aktuell anstehenden Themen ausführlich informieren konnten. Diese Form der Mitgliederbetreuung solle beibehalten werden. Ebenso solle der Feierabend, den der KBV auf dem letztjährigen Hessentag in Korbach veranstaltete, wiederholt werden.

Im zweijährigen Rhythmus solle auch das Format Landwirtschaft im Dialog zu den Themen Verbraucher und Klimaschutz fortgeführt werden. Die enge Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband solle weiter gepflegt werden. Eine ähnliche gute Zusammenarbeit möchte Wetekam, die auch Mitglied des Naturschutzbeirates ist, mit den Naturschutzverbänden erreichen. Der Kreisverband freue sich, trotz des Strukturwandels, über eine positive Mitgliederentwicklung. Dazu seien aber stets persönliche Kontakte erforderlich. „Ich biete das persönliche Gespräch an“, so die Geschäftsführerin.

Kindertag als KBV-Beitrag zum Hessentag

In Sachen Öffentlichkeitsarbeit konnte nach Wetekam auf dem Hessentag in Korbach ein regelrechter Kraftakt gestemmt werden. „40 Ehrenamtler haben einen ganzen Tag lang einen sehr aufwendigen Kindertag gestaltet. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt. Wir haben viele Familien aus der Region erreicht und positiv beeindruckt“, resümierte sie. Der Umfang der Öffentlichkeitsarbeit (ÖA) sei in den zurückliegenden Jahren stetig ausgebaut worden. Derzeit erreiche er einen Umfang von 25 Prozent der von der Geschäftsstelle erbrachten Arbeitsleistung. Aber die ÖA sei unverzichtbar. Während Interessensverbände oder Bürgerinitiativen mit vollen Kassen arbeiteten, erledige das der KBV bisher mit Bordmitteln. „Der Berufsstand muss sich noch viel intensiver in der Öffentlichkeit positionieren. Dazu braucht man eine Homepage, Flyer oder auch Expertenveranstaltungen. Das alles kostet aber Geld“, so Wetekam. Deshalb unterbreite der Vorstand der Vertreterversammlung den Vorschlag, eine zusätzliche Beitragssatzung für ÖA zu beschließen.

Vorsitzender Schmal begründete den Vorstandsbeschluss unter anderem damit, dass zum Beispiel kaum noch ein Stallneubau ohne gegnerische Bürgerinitiative erfolge. „Wir werden immer heftiger angegriffen. Wir sind ein landwirtschaftlich geprägter Kreis und müssen uns nicht alles gefallen lassen. Lasst uns nach einem Jahr schauen, was wir bewegen können“, so Schmal.

Die auf den Vorschlag folgende ausgiebige Diskussion ging für den Vorstand unerwartet ausschließlich in eine Richtung. Hier nur einige wenige, durchweg Mut machende Aussagen:

  • „Es muss mehr getan werden. Wir werden überrannt; wir müssen noch mehr Geld in die Hand nehmen“.
  • „Wir haben anlässlich unseres Dorfjubiläums die Ställe aufgemacht. Die Nachbarn wissen wenig über unsere Arbeit. Sie haben hinterher noch nachgefragt“.
  • „Ich habe einer Schulklasse unsere Schweinehaltung erläutert. Die Schüler waren sehr aufgeschlossen. Wenn die mich jetzt sehen, grüßen die immer freundlich und winken mir zu“.
  • „Die Landwirte mit ihren Betrieben sind authentisch. Sie wirken durch ihre Person als Meinungsbildner. Das sollten wir stärker nutzen“.

Große Einigkeit herrschte in den Reihen der Vertreter, die Öffentlichkeitsarbeit in Zukunft weiter zu verstärken.

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Ein Vertreter brachte in Richtung Vorstand die Stimmung im Saal auf den Punkt: „Die Versammlung hier will mehr geben, als ihr haben wollt.“ Und genau dieses Bild brachte auch die anschließende Abstimmung: Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung wurde die zusätzliche Beitragssatzung mit überdeutlicher Mehrheit beschlossen.

Eine Stecknadel hätte man fallen hören können, als Marie-Christin Mayer vom HBV am Ende ihres Vortrages die Namen der in den „Roten Gebieten“ liegenden Gemarkungen verlas. Zuvor hatte sie die Auswirkungen der neuen Düngeverordnung auf die betriebliche Praxis erläutert, die Vorgänge rund um die Novellierung nach der Novellierung beschrieben und Folgen der Stromstoffbilanz dargestellt.

Zwang zu Neuinvestitionen in Lagerstätten

Ein positives Ergebnis der Arbeit des Berufsstandes im Hintergrund, dass es in Hessen keine „Phosphatgebiete“ geben wird, verblasste schnell. Allzusehr schneiden die Auswirkungen der Düngeverordnung in die betrieblichen Abläufe ein, zwingen zum Umdenken und Neuinvestitionen in die Anlage von Gülle-, Festmist-, Gärrest- oder Silagelagerstätten.

Betroffen in Hessen von den Roten Gebieten sind vor allem die Gemüseanbaugebiete im Süden und für Hessens Verhältnisse die viehstarken Regionen auch im Norden. Auflagen zur N-Dünger Ausbringung für die kommende Länderverordnung werden sein

  • Untersuchungen von Wirtschaftsdüngern und Gärresten vor Ausbringung,
  • abgesenkte Kontrollwerte im Nährstoffvergleich und
  • erhöhte Abstände zu Oberflächengewässern.

Neue Maßnahmen im Rahmen der neuen Bundesdüngeverordnung könnten werden: Auflagen bei den Ausbringungszeitpunkten, beispielweise nicht im Herbst, verbunden mit der Vorgabe, die Düngebedarfsermittlung zu reduzieren, Zwischenfrüchte anzubauen und pro Schlag nicht mehr als 170 kg N je ha und Jahr aus Wirtschaftsdüngern aufzubringen.

Die Pflicht zur Erstellung einer Stoffstrombilanz gilt schon seit dem 1.1.2018. Ab 2021 gilt sie für alle Betriebe. Eine Exeltabelle dazu ist nach Mayer beim LLH in Arbeit und wird dann im Internet verfügbar sein. Zur Novellierung nach der Novellierung äußerte Schmal leicht angesäuert: „Fünf Jahre saßen wir mit am Tisch und haben in der Sache gut verhandelt. Jetzt wird alles übern Haufen gechmissen.“ In die Abstimmung zwischen Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium ist nach Schmal der Berufsstand nicht mit eingebunden. Wie ein Menetekel fuhren am Tagungsort der Vertreterversammlung, dem altehrwürdigen Gasthof Klepper in Waldeck-Sachsenhausen im Halbstundentakt schwer mit Gülle aus Nordrheinwestfalen beladene LKW vorbei. Ziel: waldeckische oder nordhessische Ackerflächen.

Klaus Dietz – LW 14/2019