Reinigen mit Plan
Funktionsstörungen im Fermenter vorbeugen
In Abhängigkeit der eingesetzten Substrate muss ein Fermenter alle fünf bis acht Jahre gereinigt werden. Der Einstieg in den Gärbehälter ist nicht ungefährlich und sollte gut vorbereitet sein, auch wenn die Arbeit an eine darauf spezialisierte Firma vergeben wird.

Foto: Brammert-Schröder
Guter Zeitpunkt für Revisionsarbeiten
Bei einer Fermenterreinigung wird der Anlagenbetrieb für einen gewissen Zeitraum unterbrochen. Um die Anlage schnell wieder ans Netz zu bekommen, ist eine gute Vorbereitung und Absprache mit allen beteiligten Firmen notwendig. Denn in der Regel werden mit der Reinigung Revisionsarbeiten wie beispielsweise eine Erneuerung der Heizung, des Rührwerks oder Sanierungsarbeiten am Betonbehälter oder der Balkenlage unter dem Tragluftdach kombiniert. Auch eine große Motorwartung ist zu diesem Zeitpunkt gut möglich.
Es gibt verschiedene Unternehmen, die die Fermenterreinigung als Dienstleistung anbieten. „Das Gefahrenbewusstsein der Anlagenbetreiber hat sich geändert. Die meisten Betreiber lassen die Fermenterreinigung als Komplettpaket ohne Eigenleistung machen“, so die Erfahrung von Josef Hölzl, der mit seinem Lohnunternehmen Hölzl Agrosystem aus dem bayrischen Schonstett schon seit einigen Jahren die Fermenterreinigung anbietet. „Eigenleistungen des Anlagenbetreibers sind zwar möglich, aber sie liegen in der Verantwortung des Betreibers selbst“, macht Hölzl deutlich.
Der Einsatz erfahrener Dienstleister wird empfohlen
Ein Einstieg in den Gärbehälter erfordert umfangreiche Kenntnisse und eine spezielle Ausrüstung, um das damit verbundene Gefährdungspotenzial zu meistern. Bei den Reinigungsarbeiten können, wenn die Ablagerungen bewegt werden, Biogas oder Gasbestandteile wie Methan, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Ammoniak freigesetzt werden. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft weist darauf hin, dass von einer Behälterreinigung erhebliches Gefährdungspotenzial ausgeht. In der Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung bei der Reinigung von Behältern in Biogasanlagen ist zu lesen: „Sofern wirksame Zündquellen vorhanden sind beziehungsweise kein geeigneter Atemschutz eingesetzt wird, ist mit Explosions-, Erstickungs- und Vergiftungsgefahren zu rechnen. Das Arbeitsverfahren kann nur über eine Kombination aus sicherheitstechnischen, organisatorischen und verhaltensbezogenen Maßnahmen sowie durch Einsatz geeigneter persönlicher Schutzausrüstung sicher ausgeführt werden.“ Die Handlungshilfe Fermenterreinigung inklusive Checkliste und Freigabeprotokolle sind auf der Homepage der Berufsgenossenschaft unter folgendem Link zu finden: http://www.bgetem.de/redaktion/arbeitssicherheit-gesundheitsschutz/dokumente-und-dateien/branche-ew/handlungshilfe-gefaehrdungsbeurteilung-reinigen-von-behaeltern-in-biogasanlagen-1.
Erst informieren und planen
So planen Sie richtig:
- Termin mit genügend Vorlauf planen, um Reparaturarbeiten mit einzubinden.
- Vor-Ort-Termin machen oder telefonisch den Ablauf klären.
- Transportfahrzeuge für den Abtransport organisieren.
- Lagerplatz für Sedimente bestimmen.
- Dach beziehungsweise Decke öffnen, lüften.
Eine Fermenterreinigung muss gut vorbereitet werden, damit sie reibungslos abläuft. Wenn möglich, wird das damit beauftragte Unternehmen einen Vor-Ort-Termin vereinbaren, um den Einsatz zu besprechen. „Wichtig ist, dass sich der Betreiber im Vorfeld schon darüber informiert, wie eine Reinigung abläuft“, erklärt Josef Hölzl. Entweder bei einem Einsatz auf einer Biogasanlage oder mit Hilfe eines Videofilms, der den Einsatz eines der drei Saugbagger für den Biogasbereich von Hölzl Agrosystems zeigt (http://www.hans-hoelzl.com/video.html). Dennoch ist für Josef Hölzl eine Besichtigung der Verhältnisse vor Ort die ideale Lösung: „Dann sehen wir, wieviel Platz zur Verfügung steht und können Hinweise geben, wo beispielsweise eine Hecke weggenommen oder der Weg aufgeschottert werden sollte, damit wir gut arbeiten können.“ Leider sei dies nicht immer machbar, schon gar nicht, wenn ein Notfall einen schnellen Einsatz erforderlich mache.
Maik Bender, Inhaber der Firma Glass Saugbagger aus Markt Taschendorf in Franken, vereinbart grundsätzlich einen Termin mit dem Betreiber, um sich die Verhältnisse auf der Anlage anzusehen und die Reinigung im Vorfeld zu besprechen. „Die Reinigung klappt besser und schneller, weil es keine Verzögerungen gibt“, fasst Bender seine Erfahrungen zusammen. Er fragt die Rahmendaten der Biogasanlage ab, beispielsweise die Größe und die Fütterung. „Dadurch kann ich schon eine grobe Aussage über die anfallenden Mengen und die Dauer der Reinigung treffen. Außerdem entscheiden die Gegebenheiten vor Ort darüber, ob ich den kleineren oder den größeren Saugbagger einsetze.“
Abtransport sicherstellen
„Beim ersten Mal ist eine intensive Planung und Beratung notwendig, sodass die Fermenterreinigung in möglichst kurzer Zeit unter Koordinierung aller Gewerke erfolgreich abläuft“ sagt Henning Grünhagen; Geschäftsführer von Agrarservice Grünhagen aus dem niedersächsischen Visselhövede. Zum Fuhrpark gehören zwei Behälterbagger, mit denen eine Fermenterreinigung vorgenommen werden kann. Auch auf seiner Homepage www.derguellemixer.de sind Videofilme über die Arbeit des Behälterbaggers zu sehen. In einem längeren Telefongespräch können Fragen beantwortet, Ängste ausgeräumt und der Zeit- und Kostenrahmen besprochen werden. „Im Idealfall wird ein Termin vier bis sechs Wochen vor der Maßnahme vereinbart, so dass alle anderen Firmen, die an der Anlage arbeiten sollen, mit eingebunden werden“, sagt Grünhagen. Allerdings sind rund ein Viertel seiner Einsätze auf Biogasanlagen Notfälle, in denen schnell gehandelt werden muss.
Der Betreiber sollte im Vorfeld außerdem klären, wo er mit den Ablagerungen aus dem Fermenter bleibt. Feste Sedimente können problemlos auf einer Siloplatte gestapelt werden. Sind die gelösten Ablagerungen eher flüssig oder breiig, ist eine Lagerung schwieriger. Wird der Behälter ausgebaggert, reichen zwei bis drei Muldenkipper, um die Sedimente abzufahren. Kommt ein Saugbagger zum Einsatz, können die Ablagerungen entweder ebenfalls auf Kipper umgeladen oder mit einem Vakuumfass direkt aus dem Behälter des Saugbaggers abgepumpt werden. Im Zweifelsfall ist es besser, ein Fahrzeug mehr vorzuhalten, damit die teure Technik nicht auf ein Transportfahrzeug warten muss.
Behälter frühzeitig leeren und lüften
Steht der Termin für die Reinigung fest, muss der Gärbehälter soweit wie möglich leergefahren werden. Am einfachsten geht es, wenn das Gärsubstrat in das leere Endlager gepumpt wird. Maik Bender rät dazu, rechtzeitig mit dem Leerfahren des Behälters zu beginnen, um beim Einsatz des Reinigungsfahrzeugs keine Zeit zu verschenken. „Es kommt vor, dass sich die Betreiber verschätzen, wie lange das Leerfahren dauert und noch dabei sind, wenn wir mit dem Saugbagger kommen“, sagt Bender. Soll der Behälterbagger zum Einsatz kommen, wird idealerweise auch die Restflüssigkeit abgepumpt, damit möglichst festes Material zurückbleibt, das gut mit der Baggerschaufel entnommen werden kann. Entweder übernimmt das der Betreiber in Eigenleistung mit Transportfässern oder Pumptankwagen. „Wir haben aber auch eine Pumpe dabei, die ohne Schlauch direkt in die Flüssigkeit gesetzt werden kann“, erläutert Grünhagen. Sein Unternehmen verfügt zudem über eine leistungsfähige Pumpe mit Abscheider für Fremdkörper, mit der der Fermenterinhalt in einen anderen Behälter gepumpt wird. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn ein Dachbalken in den Fermenter gefallen ist und durch das Rührwerk in kleine Stücke zerlegt wurde.
Betondecke oder Tragluftdach?
In die Planungen einbezogen werden sollte auch, wer zu welchem Zeitpunkt das Dach aufmacht. Bei Fermentern mit geschlossener Betondecke wird abgefragt, wie viele Luken es gibt und wann sie geöffnet werden. Ist der Behälter leer, beginnt das Belüften. Ein Zeitraum von mindestens 24 Stunden, besser 36 Stunden, bevor die Reinigungsarbeiten beginnen, wird empfohlen. Das Gebläse sollte mindestens das zehnfache Volumen des Behälters pro Stunde an Luft bewegen können. „Gerade in Süddeutschland gibt es viele Fermenter, die in den Boden hinein gebaut wurden und eine Betondecke haben“, weiß Josef Hölzl aus Erfahrung. Diese sind in der Regel deutlich schwerer zu belüften als solche, bei denen das Tragluftdach geöffnet werden kann. Die Reinigungsunternehmen bringen immer große Lüfter mit Ex-Schutz mit, um ausreichend Sauerstoff in den Behälter zu bekommen. „Wir haben immer den für den Einsatz passenden Lüfter dabei, es erleichtert uns aber die Arbeit, wenn vorher schon belüftet wurde“, so Josef Hölzl. Auch Agrarservice Grünhagen hat Lüfter dabei: „Das Belüftungsgebläse mit Ex-Schutz hat eine Leistung von 1000 m³ pro Minute“, erklärt Grünhagen. Damit werden große Mengen Sauerstoff in den Behälter geblasen und aufsteigende Gase werden verdünnt.
Personal mit umfangreicher Sicherheitsausstattung
Die Einsatzfahrzeuge treffen an der Biogasanlage ein. Sie haben kleine Radlader, Messtechnik, Pump- und Lüftungstechnik mit dabei. Ist der Behälter leer gefahren, werden als erstes die Lüfter aufgestellt. Gemeinsam mit dem Betreiber der Anlage wird eine individuelle Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und mit Hilfe eines Freigabescheins einzelne Punkte abgefragt und protokolliert. Erst danach kommt das „Freimessen“ mit dem Gasmessgerät, um eine gefährliche Atmosphäre auszuschließen, und ein Arbeiter kann in den Behälter einsteigen. Zur persönlichen Sicherheitsausstattung des Personals, das im Behälter arbeitet, gehören unter anderem ein Umgebungsluft unabhängiger Atemschutz, Anseilschutz mit Sicherungsgeschirr sowie Gasmessgeräte. Die Berufsgenossenschaft schreibt ein Fünffach-Warngerät mit optischer und akustischer Warnung vor.
Die Arbeitsabläufe im Fermenter sind von der eingesetzten Technik abhängig. Der Behälterbagger wird zunächst eine Stelle freibaggern, in die der Radlader eingesetzt werden kann. Der Radlader arbeitet kontinuierlich dem Bagger zu. „Dies erhöht die Leistung des Baggers immens, da so die 1,7 m³ Schaufel immer voll ist und die Schwenkwege kurz gehalten werden“, erklärt Grünhagen. Wird ein Saugbagger eingesetzt, ist das Vorgehen ähnlich: Nach Möglichkeit wird ein kleiner Lader in den Behälter gesetzt, der das Material zum Saugschlauch bringt. Der Saugbagger beseitigt mit dem Materialstrom gleichzeitig auch ein Teil der Gase, die sich beim Aufbrechen der Sedimente im Fermenter bilden können.
Eigenleistung bei den Saugarbeiten im Fermenter sei zwar grundsätzlich möglich, werde aber nur sehr selten nachgefragt. „Die Verantwortung liegt dann beim Betreiber“, sagt Hölzl. „Gemischte Teams mit fremden Mitarbeitern sind bei uns nicht möglich“, erklärt auch Maik Bender. Schließlich gehe es neben der Sicherheit der Personen, die im Behälter arbeiten, auch um eine möglichst hohe Stundenleistung. Die Arbeit im Fermenter ist anstrengend, vor allem, wenn unter Atemschutz gearbeitet werden muss. Deshalb sind regelmäßige Pausen wichtig. Sicher freuen sich alle an der Reinigungsaktion Beteiligten über eine Versorgung mit Getränken und belegten Broten. „Das erhöht die Motivation des Teams“, sagt Maik Bender schmunzelnd.
Imke Brammert-Schröder – LW 50/2015