Sachkunde-Nachweis zog viele Besucher an

8. Ackerbautag Main-Kinzig in Gründau

Gut 170 Besucher nahmen am vergangenen Donnerstag in der Tagungsstätte Hühnerhof in Gründau-Gettenbach an der 8. Ackerbautagung Main-Kinzig teil. Die Veranstaltung, die zur Erlangung der Pflanzenschutz-Sachkunde berechtigte, wartete mit einer großen Themenvielfalt auf.

Stefan Köhler erhebt belastbare Daten zur Prognose von Wildschäden.

Foto: Wend

LLH-Direktor Andreas Sandhäger freute sich in seiner Begrüßungsrede über den guten Zuspruch der Veranstaltung, die er auch darauf zurückführte, dass sie von vielen Veranstaltern organisiert und getragen wurde. Hierzu zählten neben dem Landrat des Main-Kinzig-Kreises, der Kreisbauernverband, die Raiffeisen Warenzentrale Kurhessen-Thüringen in Gelnhausen, die Ehemaligenvereine landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen Gelnhausen-Schlüchtern und Hanau, die Landtechnische Fördergemeinschaft Gelnhausen, die Junglandwirte, der Pflanzenschutzverein Büdingen, der Bodenverband Main-Kinzig sowie die LLH Beratungsstelle Wächtersbach, die durch Pflanzenbauberater Stephan Brand maßgeblich an der Vorbereitung und Organisation der Veranstaltung beteiligt war.

Als Besonderheit der diesjährigen Veranstaltung stellte Sandhäger heraus, dass die Themen insgesamt als zertifizierte Fortbildung im Bereich Pflanzenschutzsackkunde anerkannt seien und die Teilnehmer daher am Ende der Veranstaltung eine Bestätigung für die Teilnahme erhalten, die für drei Jahre als Fortbildungsqualifikation gelte. Nach den neuen Regelungen müsse jeder, der Pflanzenschutzmittel anwendet, abgibt, über PSM berät und Auszubildende beim Umgang mit PSM betreut ab dem 26. November 2015 über einen Sachkundenachweis verfügen.

Prognose von Wildschäden durch Schwarzwild-Info-System

Pflanzenbauberater Brand moderierte den Veranstaltungsteil und leitete zum ersten Thema „Neue Wege zur Minderung von Wildschäden durch Schwarzwild“ über, das Stefan Köhler, Kreisobmann des bayerischen Bauernverbands Aschaffenburg behandelte. Da zur aktuellen Schwarzwildpopulation keine verlässlichen Informationen zur Verfügung standen und auch die tatsächlichen Wildschäden durch meist gütliche Einigung zwischen Geschädigtem und Ersatzpflichtigen nicht ausreichend erfasst wurden gab es nach Köhler bisher keine belastbaren Daten zur Prognose von Wildschäden. Daher habe der Bayerische Bauernverband mit EDV-Dienstleistern ein Schwarzwild-Informations-System (SIS) ins Leben gerufen, das seit 2010 im Kreis Aschaffenburg (Unterfranken) sowie anderen Modellregionen Bayerns mit Schwarzwildproblematik eingesetzt wird.

Dabei arbeiten die Betroffenen, das sind die Landwirte, Jagdgenossen, Jäger, Förster, Waldbesitzer und Behördenvertreter vor Ort intensiv zusammen. Auf der Grundlage von gemeinsam erfassten Daten und Informationen lassen sich konkrete jagdliche und sonstige Maßnahmen ableiten und vereinbaren. So könne auf lokaler Ebene ein Beitrag zur Absenkung des landesweit sehr hohen Schwarzwildbestandes geleistet werden. SIS lasse sich auch als „Frühwarnsystem“ nutzen, damit in noch wenig besiedelten Regionen Schwarzwild erst gar nicht zum Problem für Landwirte und Jäger werde.

Dazu biete SIS eine interaktive Hybridkarte (Kombination aus Luftbild und topographischer Karte), auf der Meldungen verortet und verschiedene Informationen wie Wildschäden oder Sichtbeobachtungen erfasst werden können. Die notwendigen Daten und Informationen werden durch registrierte zugangsberechtigte Nutzer, Systemadministratoren und nichtregistrierte öffentliche Internetnutzer eingegeben. Die vor Ort beteiligten Nutzer von SIS erzeugen so ein regionales Bild über die Schwarzwilddichte und das Aufkommen von Wildschäden, wodurch aktuelle Schadensschwerpunkte erkennbar werden und ein abgestimmtes und zielorientiertes Handel bei der Bejagung möglich werde

Direktzahlungen: ökologischer, gerechter und einfacher

Gerd Trautmann vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz informierte anschließend über die „Nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik bis 2020“. Trautmann ging dabei auf die Entwicklung der Direktzahlungen ein, die ab 2015 ökologischer, einfacher und gerechter werden sollen.

Direktzahlungen stellen den wichtigsten Einkommensbeitrag für Ackerbaubetriebe dar. Die bisher voneinander abweichenden Flächenprämien in den einzelnen Bundesländern werden schrittweise bis 2019 angeglichen, Bundeseinheitlich werde ab 2014 ein Zuschlag für die ersten Hektare gezahlt: 50 Euro/ha für 30 Hektar und 30 Euro/ha für weitere 16 ha. Die Zahlung erhielten alle Betriebe als Ausgleich für den Wegfall des Modulationsfreibetrags. Die Zahlungen würden etwa 7 Prozent des gesamten Direktzahlungsvolumens betragen und Vorteile bis zu 95 ha bringen.

Für Junglandwirte werde 43,69 Euro/ha für maximal 90 ha/Betrieb gezahlt. Die Prämie werde für maximal fünf Jahre (=19.660 Euro) an Junglandwirte gezahlt, die im Antragsjahr höchstens 40 Jahre alt sind und den Betrieb nach 2010 übernommen haben. Bei Kooperationen müssen alle Mitglieder den Junglandwirtestatus erfüllen. Dies gelte auch für NE-Landwirte. Kleinerzeuger, zu denen in Hessen rund 4000 Betriebe zählen, erhalten nach der Kleinerzeugerregelung bis zu 1250 Euro/Betrieb.

Sanktionen bei Verstößen gegen Greeningvorschriften

Beim Greening gelte künftig eine Verpflichtung zur Anbaudiversifizierung, zum Dauergrünlanderhalt und zur Einrichtung ökologischer Vorrangflächen. Trautmann ging in diesem Zusammenhang auch auf die Anbauwürdigkeit von Körnerleguminosen in Hessen ein. Da die Sanktionen bei Verstößen gegen die Greeningvorschriften schrittweise steigen, können 2018 Kürzungen von 125 Prozent der Prämie entstehen. Bei einem Ackerbaubetrieb mit 270 Euro/ha Direktzahlungen (davon 81 Euro/ha Greeningprämie) könnte die maximale Kürzung bei Verstößen ab 2018 101 Euro/ha betragen.

Alle Zahlungsansprüche werden am 15. Mai 2015 neu zugeteilt, so Trautmann. Alte ZA verfallen zum Jahresende 2014. Eine Voraussetzung für die Neuzuteilung besteht darin, dass der Betrieb 2013 direktzahlungsberechtigt war. Für Betriebsgründungen und Sonderfälle werde eine nationale Reserve vorgehalten. Für die 2. Säule sei mehr Geld eingeplant, das aus einer Umschichtung von 4,5 Prozent der Direktzahlungen stamme.

Kohlhernie kann sich an resistente Sorten anpassen

Wolfgang Lüders vom Julius Kühn-Institut und der Firma Limagrain ging auf die Problematik der Kohlhernie im Winterrapsanbau ein. Kohlhernie tritt in Deutschland als Fruchtfolgekrankheit vermehrt auf und wird über infiziertes Pflanzenmaterial, Bodenpartikel und Oberflächenwasser verbreitet. Die Dauersporen sind bis zu 20 Jahre im Boden infektiös. Der Erreger fühlt sich im sauren Milieu (pH unter 7), wassergesättigten Böden und hohen Temperaturen wohl. Feuchte Bodensenken seien in der Praxis häufig der Ausgangspunkt eines Kohlherniebefalls.

Da bis auf die Verwendung von Cyanamid keine Möglichkeit einer chemischen Bekämpfung bestehe, komme der Nutzung resistenter Wirtspflanzen eine große Bedeutung zu. Fruchtfolgen mit engem Rapsanbau, die Verwendung kreuzblütiger Kulturpflanzen oder das Aufkommen kreuzblütiger Unkräuter fördern den Kohlherniebefall. Lüders stellte das Rassen-Monitoring als Grundlage der gezielten Resistenzzüchtung vor, die sowohl im Freiland, als auch im Gewächshaus betrieben werde.

Dabei musste festgestellt werden, dass auch bei der resistenten Rapssorte „Mendel“ Befall auftrat und einige Erregerstämme offensichtlich in der Lage sind, durch die Bildung neuer Stämme die Resistenz bei Mendel zu brechen. Beobachtungen im Feldanbau scheinen diese Erfahrung zu bestätigen.

Dr. Ernst-August Hildebrandt, LLH  – LW 9/2014