Sauberes Lesegut durch moderne Abbeertechnik

Sauberes Lesegut durch moderne Abbeertechnik

Kaum ein Teilbereich der Kellertechnik hat sich in den vergangenen 15 Jahren so schnell und dynamisch verändert wie die Abbeertechnik. Bernd Weik, DLR Rheinpfalz, wirft einen Blick auf die aktuelle Technik in diesem Bereich.

Die SOCMA Abbeereinheit Le Cube mit Rollentisch Viniclean trennt die Beeren schonend von Stielen, Rappen und anderen Pflanzenteilen.

Foto: Bernd Weik

Schien vor Jahren noch die traditionelle Abbeermaschine mit Korb und Fingerwelle die einzig mögliche Art, Traubenbeeren von den Rappen zu trennen, so hat sich in wenigen Jahren ein grundlegender technischer Wandel mit einer Vielzahl von neuen technischen Ansätzen vollzogen. Grund ist der Versuch, die manuelle Selektion durch eine weitgehend automatisierte zu ersetzen sowie die verstärkte Anwendung von Geräten zur optischen Selektion des Lesegutes, die möglichst viele unverletzte Beeren zur Optimierung benötigen.

Das Bedürfnis nach einer schonenderen Behandlung des Lesegutes steht im Vordergrund. Aber auch der Geist der Innovation, nach der Devise: „Nichts ist beständiger als der Wandel“, wirkt bei den Entwicklungen mit. In Kombination mit einem Rollentisch ist der Selektionsgrad so gut, dass diese Geräte die manuelle Sortierung mit herkömmlichen Sortiertischen weitgehend ersetzen können. Faule und unreife Beeren werden jedoch nicht sauber getrennt. Dafür braucht es die optische Sortierung.

Von der Fingerwelle zur modernen Abbeertechnik

Den Beginn der Entwicklung im Bereich der Abbeermaschinen markierte das Gliederband mit Stachelwalze, das die französische Firma SOCMA (Société Occitane de Maintenance), eines der innovativsten Unternehmen in diesem Markt, bereits 1998 auf der SITEVI in Montpellier vorstellte. Das Gerät arbeitete nicht nur mit einer veränderten Abbeertechnik, sondern konnte in gewissem Umfang auch zwei unterschiedlich sortierte Beerenqualitäten liefern. Das Konzept wurde im Jahr 2000 erfolgreich bei den Erntemaschinen von New Holland/Braud integriert. Das Gerät wird heute von Scharfenberger unter der Bezeichnung Euroselect in Deutschland vertrieben.

Vor dem Hintergrund der Bewegung zu schonenderem Umgang mit dem Lesegut, rückte ab 2001 die Vibrationstechnik stärker in den Vordergrund. 2006 wurde SOCMA auf der Vinitech in Bordeaux für den Sortiertisch Viniclean ausgezeichnet, der erstmals mit einer gezackten Rolle zur Trennung von Beeren und Rappen ausgestattet war. Die Einführung der Rollenbahn stellte nochmals einen Innovationssprung dar, denn damit konnten endlich auch Blattstiele und kleinere Bruchstücke sicher entfernt werden.

Auf der Intervitis 2007 stellte Armbruster die Abbeermaschine Rotovib vor, die eine deutliche Verbesserung der Abbeertechnik bei konventionellen Maschinen brachte. Bei dieser Abbeermaschine führt die Stiftwelle nicht nur eine drehende, sondern zusätzlich eine schwingende Bewegung – mit einer Frequenz von 1.500 bis 2.300 Schwingungen pro Minute – aus. Mit dieser zusätzlichen Bewegung konnte die Umfangsgeschwindigkeit der Stiftwelle deutlich abgesenkt werden, um ein schonenderes Abbeeren zu ermöglichen, ohne an Effizienz zu verlieren.

Im gleichen Jahr führte Pellenc die neue Selectiv' Process ein, die die Beeren mit einer im Hochfrequenzbereich arbeitenden, linearen Abbeereinrichtung vom Stielgerüst löst und anschließend mit Rollenbahnen mehr als 99 Prozent der Abfälle in Form von Stielen, Blattresten und Rappen bei der Lese aussortieren kann. 2011 schließlich stellte Bucher-Vaslin die Abbeereinrichtung Delta Oscillys mit schwingenden, schräg angeordneten Körben vor.

Auch zukünftig sind weitere Verfeinerungen des Systems vorstellbar, um bestimmte Fraktionen des Lesegutes besser auftrennen zu können. Die neuen Geräte nutzen die die Unterschiede in den Trägheitsmomenten von Beeren und Stielgerüst aus um sie voneinander zu trennen.

Vorteile neuer Abbeertechniken

 

Die Schwingpendelmaschine Delta Oscillys mit Rollentisch Delta Trio 2 von Bucher Vaslin nutzt zum Abbeeren einen vibrierenden Lochkorbzylinder.

Foto: Bernd Weik

Die neuen Techniken Abbeereinheit/Rollentisch bringen einige Vorteile mit sich: Dazu gehören ein geringerer Energieeintrag, weniger verletzte Beeren, damit ein höherer Anteil ganzer Beeren, eine insgesamt bessere Vorsortierung und Vereinzelung der Beeren, weniger störender Saft, ein höherer Anteil unbeschädigter Rappen und ein geringerer Anteil an Rappenbruchstücken und anderen Resten sowie die Abtrennung von Ohrwürmern in einigen Fällen. Das Quetschen der Beeren erfolgt erst nach dem Sortieren. Die Mehrzahl der Anbieter gibt den Anteil von Grünteilen im Lesegut (Rappenbruchstücke, Stängel und Blattreste) nach dem Abbeeren und anschließendem Rollentisch mit 0,2 bis 0,7 Prozent an. Die Effektivität der Abtrennung liegt nach Angaben des Instituts de la Vigne et du Vin im Durchschnitt bei 93 Prozent (84 bis 97 %). Die Anzahl verletzter Beeren liegt im Mittel bei drei Prozent und damit im Bereich gut eingestellter klassischer Geräte.

Betrachtet man den Markt dieser neuen Technik, dann haben einige Maschinen mit Stückzahlen jenseits der 1.000er Marke bereits eine gewisse Marktbedeutung erlangt. Die Preise liegen je nach Gerät, Ausführung und Leistung zwischen 30 000 â‚¬ und 60 000 â‚¬.

Schwingpendel-Abbeermaschine von Bucher Vaslin

Die Wirkungsweise der Delta Oscillys (Abb. 2) basiert auf der Vibrationstechnik und stellt das Abbeeren gewissermaßen auf den Kopf. Ein oder im höheren Leistungsbereich auch zwei Lochkorbzylinder sind bei der Delta Oscyllis in einem steilen Winkel angeordnet, sodass die Trauben den Korbzylinder von oben nach unten passieren. Der Lochzylinder schwingt während des Abbeervorgangs mit bis zu 300 Bewegungen pro Minute. Durch die weite Schwingbewegung werden die Beeren unter Ausnutzung der Masseträgheit vom Stielgerüst getrennt (Video zur Arbeitsweise auf www.bucherfrance.com). Die Anpassung an das Lesegut erfolgt durch die Veränderung der Geschwindigkeit, der Pendelamplitude und des Lochdurchmessers des Abbeerzylinders.

Die Vorteile sollen ein schonenderes Abbeeren, geringere mechanische Verletzungen, deutlich weniger gebrochene Stiele und die Entfernung unreifer Beeren sein. Der Abbeereinheit ist inzwischen standardmäßig eine Rollenbahn angehängt, die die Pflanzenreste von den Beeren trennt. Die Delta Oscillys wird in drei Leistungsbereichen angeboten: Neben der großen Delta Oscillys 200 mit zwei Schwingpendel-Zylindern und einer Leistung von bis zu 16 t/h wird eine 100er Version mit 8 t/h und auch die kompaktere Delta Oscillys 50 mit geringerer Leistung angeboten. Bei der Delta Oscillys 50 ist der Schwingpendel-Zylinder flacher angeordnet, wodurch die Trauben etwas langsamer durchfallen und trotz kleinerem Korb eine sehr gute Qualität des Abbeerens erreicht wird. Im Anschluss empfiehl Bucher Vaslin den Rollentisch Delta Trio zum Abtrennen verbliebener Grünreste.

Selectiv' Process Winery von Pellenc

Pellenc bietet seit mehr als zehn Jahren mit der Selectiv' Process Winery ein Gerät an, das sowohl abbeert, als auch Pflanzenreste zu einem sehr hohen Grad entfernt (Abb. 3). Die lineare Abbeervorrichtung, die im Hochfrequenzbereich arbeitet und einen anschließenden Rollentisch zur Abtrennung von Pflanzenresten besitzt, wird auch auf den Erntemaschinen der Serie Optimum und Grapes'Line eingesetzt (www.pellenc.com).

Das Lesegut wird ohne große mechanische Belastung abgebeert, da die Abbeervorrichtung mit vibrierenden Fingern mit 600 bis 1.200 Umdrehungen/min und einer Frequenz von 10 bis 20 Hertz arbeitet. Der im Anschluss befindliche Sortiertisch besteht aus zwei Teilen: Die vollen, gezahnten Zuführungsrollen trennen den Saft, kleine Abfälle richten die Stiele aus und bereiten das Lesegut auf das Sortieren vor. Die Siebwalzen mit ihren Noppen lassen die sortierten Beeren durchfallen, wo sie in einem Trog unter dem Sortiertisch aufgefangen werden (Abb. 3). Die hohe Qualität der Sortierung wird durch die Einstellung der Siebgröße auf die Beerengröße optimiert. Das Gerät kann in unterschiedlichen Ausführungen erworben werden. Die Ausführung S besitzt eine Leistung von bis zu 4 t/h, in der Ausführung M ist eine Verarbeitung von 3 bis 10 t/h möglich und die Selectiv' Process Winery L hat eine Leistung von 7 bis 20 t/h.

SOCMA – Vibrationsabbeereinheit mit Rollentisch Viniclean

Mit der Abbeereinheit „Le Cube“, bietet SOCMA (www.socma.info) eine ebenfalls neue Variante des Abbeerens an, die mit vibrierenden Fingern und gezackten Scheiben zur Steuerung der Leistung auf kleinstem Raum arbeitet. Die Trauben werden schonend im vertikalen Durchgang abgebeert (Abb. 1). Der Cube ist mit einem System aus Vibrationstisch und einem Rollentisch kombiniert.

Der Vibrationstisch trennt den freigesetzten Saft und siebt Insekten sowie kleine Bruchstücke aus. Durch die Umstellung der Abstände von 3 auf 5 mm können unterschiedliche Reste abgetrennt werden. Der anschließende Rollentisch Viniclean ersetzt weitgehend manuelles Sortieren und trennt Stiele und Rappen schonend von den Beeren. Der Tisch kann durch die Rollenabstände und die Geschwindigkeit an die Bedürfnisse des Lesegutes angepasst werden. Die ausgeworfenen Reste werden dann mit einem Querförderer abgeführt.

Fazit: Innovationen ergänzen die Standardtechnik

Bei aller Innovation wird die Standardtechnik mit Korb und Stachelwalze weiter existieren, da viele Maschinen lediglich zum Abbeeren von roten Trauben nach der Handlese ohne folgende Selektion genutzt werden und – optimal eingestellt â€“ zu ähnlichen Ergebnissen führen können (Vinsonneau 2013).

Zudem ist bereits seit Jahren erkennbar, dass die die Maschinenlese in Kombination mit Abbeereinrichtungen auf dem Vollernter zunehmend die stationäre Abbeermaschine im Kelterhaus verdrängt. In diesem Zusammenhang ist der Nachteil der neuen Gerätekombinationen aus Abbeereinheit und Rollentisch, dass sie deutlich teurer ist als die Standardgeräte, ohne dass sich für viele Betriebe (ohne Selektionsbedarf) wirklich nutzbringende Vorteile ergeben. Wer aber Wert auf ein schonendes Abbeeren, eine gute Selektion und sichere Entfernung von pflanzlichen Resten aus dem Lesegut legt, ist bei dieser neuen Generation von Geräten richtig.

Bernd Weik – LW 35/2020