Schädlingsbekämpfung aus der Luft

Einsatz von Multicoptern gegen den Maiszünsler

Die GPS-Technik ist mittlerweile in der Landwirtschaft weit verbreitet und bietet viele Anwendungsmöglichkeiten, unter anderem in der Ausbringung von Düngern und Pflanzenschutzmitteln sowie in der Aussaat- und Erntetechnik. Dies ermöglicht neue Anwendungsgebiete und verbessert bisherige Verfahren.

Abwurf einer Tricho-Kugel im Maisfeld.

Foto: Lenz

Multikopter sind Kleinhubschrauber und gehören zu den unbemannten Flugsystemen. Sie sind äußerst flexibel, leise und umweltfreundlich und relativ kurzfristig einsetzbar. Kostengünstige Geräte werden schon ab 500 Euro angeboten, hochprofessionelle Multikopter kosten aber bis zu 50 000 Euro. Durch die Ausstattung mit verschiedenen Kamera- und Videosystemen ergeben sich viele Anwendungsfenster.

Kleinhubschrauber bieten viele Möglichkeiten

So werden Multikopter zur Vermessung, Fotographie, Analytik, Inspektion und Modellerstellung in Natur und Umwelt, Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Forschung, Verkehr und Energieversorgung, Bautenschutz, Werbung sowie vielen weiteren Bereichen genutzt. Multikopter haben ein Gewicht von maximal 5 kg bei bis zu 2 kg Nutzlast und fliegen je nach Akku bis zu 30 Minuten.

Sie haben je nach Ausführung vier bis acht Rotoren und sind manuell und vollautomatisch steuerbar. Für den Einsatz eines Multikopters ist eine Aufstiegsgenehmigung bei der zuständigen Luftfahrtgenehmigungsbehörde erforderlich. In Hessen erteilt diese das Regierungspräsidium Kassel.

In der Landwirtschaft werden Multikopter vor allem zur Vermessung, Fotographie und zur Hyperspektral-Analyse genutzt. Als neuer Anwendungsbereich steht jetzt der Einsatz zur Ausbringung von Trichogramma-Schlupfwespen zur Maiszünslerbekämpfung zur Verfügung. Der Maiszünsler ist der bedeutendste Schädling im Mais.

Bei den Trichogramma Schlupfwespen handelt es sich um winzige, lebende Tiere die speziell gezüchtet werden und sich in mehreren Schlupfwellen auf die Suche nach Maiszünsler-Eigelegen begeben, um diese zu parasitieren und damit unschädlich zu machen. Dadurch wird sichergestellt, dass über etwa zwei bis drei Wochen kontinuierlich Trichogrammen für die Parasitierung zur Verfügung stehen.

Schlupfwespeneinsatz per Multicopter

Aus den Kugeln schlüpfen in mehreren Wellen Schlupfwespen, die ihre Eier in die Gelege des Maiszünslers legen.

Foto: Lenz

Auf dem Markt gibt es die beiden Firmen Fenaco und Biocare, die verschiedene Ausbringungsverfahren anbieten. Entweder als Kugeln zum Werfen oder als Kärtchen, Anhänger und Boxen aus Pappe zum Aufhängen an die Pflanze. Je nach Ausbringungsform müssen 100 Kugeln/ha oder 25 bis 50 Kärtchen/ha ausgebracht werden. Bei jedem Verfahren ist gewährleistet, dass sich pro Hektar mindestens 100 000 Schlupfwespen befinden. Die Nützlinge werden jährlich auf verschiedene Qualitätsparameter kontrolliert. So beispielsweise beim JKI, wo beispielsweise Schlupfrate, Parasitierungsrate und Lebensdauer untersucht werden.

Die Ausbringung erfolgte bislang fast ausschließlich per Hand, wozu 15 bis 20 Minuten/ha nötig sind. In dieser Form ist die Ausbringung sehr mühsam und nur für kleinere Flächen geeignet. Mit dem Einsatz von Multikoptern ergeben sich nun neue Möglichkeiten. Der Multikopter hat einen Vorratsbehälter für Trichogrammakugeln für 5 ha und befliegt diese Fläche in 15 bis 20 Minuten. Die Kugeln sind aus Maisstärke und biologisch voll abbaubar.
Vorteile des Systems sind:

  • kurze Rüstzeiten. Der Multikopter passt in einen PKW-Kofferraum und kann somit schnell und bequem von Fläche zu Fläche gefahren werden.
  • Multikopter werden mit Akkus betrieben und sind damit Umweltfreundlich
  • keine Auflagen bezüglich Abständen zu Gewässern und Saumbiotopen
  • die Anwendung ist bei nahezu jedem Wetter möglich
  • keine Durchfahrverluste
  • exakte, gleichmäßige Verteilung der Trichogrammen-Kugeln durch GPS positionierte Abwurfpunkte.

Die Kosten für die Anwendung sind vergleichbar mit einer Insektizidanwendung bei 60 bis 85 Euro/ha. Dabei liegen die Ausbringungskosten per Mul-tikopter bei 15 bis 20 Euro/ha. Für Flächen mit stärkerem Befall und bei lang anhaltendem Maiszünslerflug ist die zweimalige Ausbringung ratsam.

Voll automatisierte Befliegungen

Wichtige Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf ist die rechtzeitige Erfassung und Bereitstellung der Flächendaten. Für die Ausbringung müssen die Flächenkoordinaten bei der Ausbringungsfirma in ein Computersystem eingegeben werden, worauf dann die Flugroute und Abwurfpunkte der Fläche berechnet werden.

Bei der Ausbringung wird der Multikopter vom Piloten an den Startpunkt der Fläche geflogen und von dort erfolgt der Flug automatisch nach den GPS-Geodaten, ebenso das Auslösen und Abwerfen der Trichogramma-Kugeln. Da es sich bei den Trichogrammen nicht um Pflanzenschutzmittel, sondern um Nützlinge handelt, ist keine Genehmigung für die Ausbringung mit Luftfahrzeugen erforderlich.

Wie erwähnt, ist die Bereitstellung der Flächendaten im Vorfeld von besonderer Bedeutung. Im Rahmen von verschiedenen Dienstleistungen verfügen unter anderem die Maschinenringe in Hessen über ein gut funktionierendes Flächenmanagement, das beispielsweise bei der Rübenrodung und-abfuhr oder zur Ausbringung von Dünger und Gärresten und zur Erntesteuerung genutzt wird. Diese Erfahrung kann beim Multikoptereinsatz hervorragend eingesetzt werden. Gebündelte, einheitliche Flächendaten in verschiedenen Formaten können über die Maschinenringe direkt an die Ausbringungsfirma weitergegeben werden.

Hauptkoordinationsstelle für die Ausbringung ist die Raiffeisen Zentralgenossenschaft in Karlsruhe. Da der mit Abstand größte Trichogrammamarkt in Deutschland Baden-Württemberg ist, lag schon immer dort eine zentrale Schnittstelle. Alle Ausbringungstermine für Hessen, Rheinland-Pfalz und Hessen mit Multikoptern werden von Karlsruhe in Absprache mit den örtlich Verantwortlichen koordiniert.

Der Hauptdienstleister zur Ausbringung wird nach den sehr guten Erfahrungen von 2014 die Firma Aerpixx aus Stuttgart sein. Gut ausgebildete und erfahrene Piloten sind zur Steuerung der Multikopter erforderlich. Meist Personen aus dem Modellflugbereich oder Luft- und Raumfahrttechniker.

Alle Beteiligten müssen Hand in Hand arbeiten

Für die Bestimmung des richtigen Ausbringungstermins ist die Überwachung des Maiszünslerfluges, der Eiablage und des Larvenschlupfes erforderlich. Das erledigen in Hessen der Pflanzenschutzdienst und die Pflanzenproduktionsberater des LLH. Dazu werden Licht- und Pheromonfallen sowie Schlupfkäfige aufgestellt und kontrolliert sowie Feldkontrollen durchgeführt. Der Maiszünslerflug ist auf der Internetseite des LLH unter www.llh.hessen.de/pflanzenproduktion.html abrufbar.

Damit alle Rädchen funktionieren, ist für die Umsetzung des Verfahrens ist eine gute Koordination zwischen Landwirt, Trichogramma-Produzenten, Ausbringungsfirma, Handelsstufe, Maschinenring, Pflanzenschutzdienst und Beratung notwendig.

Auf den Testflächen konnten 2014 in der Wetterau Wirkungsgrade von 70 bis 90 Prozent und in Nordhessen von 42 bis 65 Prozent erzielt werden. Dort wirkte sich vor allem die kühle Regenperiode Mitte Juli negativ aus. Landwirte sollten die Möglichkeit dieser innovativen Technik nutzen und den Einsatz auf ihren Maisflächen testen. Ansprechpartner hierzu sind Maschinenringe, Genossenschaften oder Landhändler.

Michael Lenz, Rp Gießen, Pflanzenschutzdienst – LW 17/2015