Stärke und Geschlossenheit deutlich geworden

Schmal: Rückhalt in der Bevölkerung bewahren

Die Stärke des Berufsstandes und die große Geschlossenheit, die bei den Protestaktionen in den letzten Wochen sehr deutlich geworden seien, hat der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, anlässlich der Eröffnung der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen am Montag in Gernsheim hervorgehoben. Die mit der LsV abgestimmten friedlichen und geordneten Aktionen hätten zu einem großen Rückhalt in der Bevölkerung geführt, den man sich erhalten müsse.

Der neue hessische Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (l.) mit Dr. Willi Billau, Vorsitzender der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen, und dem Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal (r.).

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Schmal stellte vor Landwirten und vor zahlreichen Politikern, insbesondere aus dem Landtag, heraus, dass der Wegfall der Agrardieselrückerstattung kein Subventionsabbau, sondern eine Steuererhöhung ist. Dies und der ursprüngliche Plan der Abschaffung der KfZ-Steuerfreiheit für landwirtschaftliche Fahrzeuge habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Der Bauernverband habe innerhalb von wenigen Tagen reagiert und eine Großdemo in Berlin und im Anschluss viele Aktionen organisiert. Bis diese Woche, in der die Entscheidung über den Haushalt 2024 im Bundestag fällt, würden die Proteste anhalten. Man demonstriere nicht für eine 35-Stunden-Woche und für 10 Prozent mehr Geld, sondern für Wettbewerbsgleichheit und für Perspektiven für die jungen Leute, stellte

Schmal klar. Unverständlich sei, dass die Bundesregierung am Wegfall des Agrardiesels offensichtlich festhalte. Da die Abschaffung zunächst gestaffelt und ohnehin nicht für den Haushalt 2024 wirksam werde, hätte man Zeit gehabt, über andere Maßnahmen nachzudenken, kritisierte Schmal. Im Pressegespräch bewertete er den Vorschlag einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage von Bundesfinanzminister Christian Lindner als gut. Aufgrund der volatilen Märkte und der stark schwankenden Gewinne der Betriebe würde dies helfen. Da dies dem Staat auch Geld koste, stelle sich aber die Frage, warum man nicht gleich den Agrardiesel belässt.

Zahlreich waren Gäste aus Politik, insbesondere aus dem Landtag, und der Verwaltung und von Organisationen gekommen.

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Die Forderungen und die Kritik des Berufsstandes wurden auch auf der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen deutlich formuliert.

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Der HBV-Präsident beklagte ein weiteres Mal die politische Vernachlässigung der Eigenversorgung mit Lebensmitteln. Dabei sei Ernährungssicherheit keine Selbstverständlichkeit. Aufgrund der fehlenden Planungssicherheit würden keine Ställe gebaut und die Umsetzung der Pläne der Borchert-Kommission zur Weiterentwicklung der Tierhaltung würden weiter verschleppt. Unterdessen gehe die Tierhaltung weiter stark zurück. In diesem Jahr werde die Zahl der Milchviehhalter in Deutschland voraussichtlich unter 50 000 sinken, sagte Schmal. Die Entwicklung in der Tierhaltung, gerade die Schweinehaltung in Hessen und in der landwirtschaftlichen Produktion insgesamt, mache ihm Angst und Bange. Wir sind hierzulande bereits abhängig von Medikamenten und Energielieferung aus dem Ausland. In diesem Zusammenhang wandte sich Schmal auch gegen eine pauschale Stilllegungsverpflichtung. Als vielversprechend bezeichnete der HBV-Präsident die ersten Gespräche mit dem neuen Landwirtschaftsminister (siehe Beitrag S. 10) Ingmar Jung und die Vorhaben, die im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Landesregierung beschrieben sind. „Ich bin gespannt, wie sie angegangen werden.“

Der Vorsitzende der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen, Dr. Willi Billau, hatte zuvor bei der Eröffnung der Veranstaltungsreihe das vergangene Jahr mit seiner extremen Witterung und den turbulenten Märkten skizziert. Zum Schluss hätten aufgrund der vielen Niederschläge nicht alle Kartoffeln und Zuckerrüben geerntet werden können. Besonders beklagte Billau, dass aufgrund der hohen Kosten mittlerweile auch sehr leistungsfähige Sonderkulturbetriebe aufgegeben hätten. Hier kritisierte er den Mindestlohn in Deutschland, der zu starken Wettbewerbsverzerrungen gegenüber dem Ausland führe. 6,52 Euro in Spanien stünden 12,41 Euro in Deutschland gegenüber.

CM – LW 5/2024