Suche nach „der“ Zwetschgen- und Aprikosensorte

Sortenwahl sollte Baumgesundheit berücksichtigen

Beim Zwetschgen- und Aprikosentag Rheinland-Pfalz Ende Juli am Versuchsfeld Schlittweg zwischen Uelversheim und Dienheim zeigte Obstbauberater Peter Hilsendegen vom DLR Rheinpfalz in Oppenheim, dass vermeintlich gute Sorten aus dem Ausland sowohl bei Aprikosen als auch bei Zwetschgen nicht eins zu eins auf die hiesigen Verhältnisse übertragen werden können. Es erfordert jahrzehntelange Arbeit, um die wirklich passenden Sorten für Hessen, Rheinhessen und die Pfalz zu finden.

Verschiedene Sorten an Zwetschgen, Aprikosen und Pfirsichen zeigten die Obstbauberater des DLR Rheinpfalz.

Foto: Setzepfand

„Manche guten Aprikosensorten aus Südeuropa starten nach Weihnachten mit der Blüte. Diese fallen für uns schon mal gleich weg. Unsere Sorten brauchen eine lange Winterruhe“, sagte Hilsendegen. Meist sind die Bäume dann gefragt, wenn ein gutes Aprikosenjahr war, doch sind sie dann nicht in der Baumschule verfügbar.

Von Juli bis September Aprikosen, das ist machbar

„Zukünftig werden wir ein breiteres Angebot an Aprikosen von Juli bis September anbieten können. Dafür sind Sorten verhanden“, betonte Hilsendegen. Die Empfehlungen für Aprikosen lauten derzeit für Rheinland-Pfalz und Hessen Spring Blush, Pink Cot, Robada, Orangered, Pinkmarry, Bergeval, Kioto, Harogem, Bergeron, Orange Summer sowie einige weitere Sorten zur Ergänzung des Angebot. Wichtiger als die Sortenwahl sei bei der Aprikose die Standortwahl, weiß Hilsendegen. Er machte die Anbauer auch darauf aufmerksam, dass sie gerne ausdünnen sollten. „Denn sie können nur in guten Jahren ausdünnen, und zwar knapp nach der Blüte. Das sind die Jahre, in denen sie etwas verdienen. In diesen Jahren können sie die zehn bis 20 Prozent der Verbraucher, die Wert auf Regionalität legen zufrieden stellen mit einer Ware, die besser schmeckt als die Importierte oder zumindest genauso gut. Daher lassen sie die Früchte reifen“, empfahl Hilsendegen.

Der Standort gemeinsam mit der Sorte beeinflusse stark die Baumgesundheit, welche für einen erfolgreichen Anbau entscheidend ist. Derzeit läuft bundesweit an sechs verschiedenen Standorten ein Unterlagenversuch mit Aprikosen, unter anderem um den Einfluss auf die Baumgesundheit zu prüfen. Am Oppenheimer Standort wurde bisher als Hauptursache für das Baumsterben die Europäische Steinobstvergilbung (ESFY) diagnostiziert, eine Phytoplasmose (zellwandlose Bakterien), die vom Schlehenblattsauger übertragen wird und innerhalb einer Vegetationsperiode zum Absterben der Bäume führt. „Erstes Anzeichen ist chlorotisches Blattrollen“, sagte Günter Hensel, der die zahlreich erschienenen Obstbauern über Pflanzenschutzmaßnahmen aufklärte. Vorteilhaft sind Unterlagen, die nicht zur Ausläuferbildung neigen, um das Ãœbertragungsrisiko in der Anlage zu minimieren. Oft seien Junganlagen betroffen, sodass hier auch die Baumschulen aufgefordert seien, sich dieser Problematik anzunehmen. Versuche, die Unterlagen höher zu ziehen laufen derzeit, Ergebnisse stehen noch aus, ergänzte Hilsendegen.

Bisher keine Chance für Salizinas im Erwerbsobstbau

Ein immer wieder diskutiertes Thema im Obstbau sind die Salizinas. Hilsendegen ist sehr skeptisch: „Wenn wir in sieben Jahren 50 Prozent der Jungbäume verlieren, dann ist das für den Erwerbsobstbau keine geeignete Kultur.“ Die großen runden und bunten Pflaumen sehen zwar attraktiv aus, doch auch der Geschmack bleibe meilenweit hinter den Erwartungen zurück.

Günter Hensel zeigt die Auswirkungen des Befalls der Roten Austernförmigen Schildlaus an Zwetschge.

Foto: Setzepfand

Manche Züchtung hat zu viele Eigenheiten

Da sei man mit den herkömmlichen Zwetschgen besser beraten. Hilsendegen stellte neue Zwetschgenzüchtungen vor, die seit Jahren geprüft werden. „Wir haben noch keinen Durchbruch erzielen können, was die frühen und mittelfrühen Sorten betrifft, hier klafft eine große Lücke.“ Es bleibe im Frühbereich bei den Sorten Ruth Gerstetter, Herman und Katinka. Die frühe Sorte Juna sei für die Direktvermarktung mit gutem Geschmack, stabiler Schale und guter Lagerfähigkeit bestens geeignet, leider sei die Frucht nur 32 mm groß und damit kleiner als die Süßkirsche Regina. Nach Katinka folge Cacaks Schöne, Hanka und Azura. „Letztere hatte hohe Erträge im Jahr 2014. Azura ist eine ganz spezielle Sorte, die zwei Wochen lang blau ist. Sie hat eine starke Säure, die sich erst am 17. oder 18. Tag nach Vollbläue langsam abbaut und dann einen guten Geschmack erzielt. Sie löst gut vom Stein, ist eine ansprechende Frucht mit 40 x 50 mm. Sie hat gute Eigenschaften, doch auch viele Eigenheiten. Die Bäume neigten schnell zur Verkahlung, die Früchte seien je nach Jahr deformiert und es träten Zwillingsfrüchte auf, fasste Hilsendegen zusammen. Da mittlerweile das maschinelle Entsteinen von Früchten über 38 mm kein Problem mehr darstelle, sei sie auch als Backware geeignet.

Es folge Topfive, diese Sorte sei nur für wärmere und höhere Lagen geeignet, sie benötige Befruchter und stelle eine Notlösung dar. Die Sorte Toptaste mit gutem Geschmack sei nicht steinlösend und daher nicht zum Backen, sondern nur für den Frischverzehr geeignet. Dann komme Cacaks Fruchtbare. Die Sorte Auerbacher möchte die VOG Ingelheim nicht mehr, die Sorte Hanita sei bei den Obstbauern wegen der zahlreichen Pflücktermine nicht mehr gefragt, auch werden die Früchte zu schnell weich.

Wenig frühe und mittelfrühe Sorten bei Zwetschgen

Nach Cacaks sei die Sorte Jofela interessant. Sie zeige gute Scharkatoleranz, hatte 2014 einen hohen Ertrag und neige allerdings nun zur Alternanz, die Reifezeit liege ähnlich wie Jojo und die frühe Hauszwetschge. Die Bäume haben viele Blätter, sodass die Früchte gut geschützt sind vor Hagel oder zu viel Sonne, eine sehr robuste Sorte mit gutem Geschmack, so das Urteil von Hilsendegen. Den Abschluss der Zwetschgenempfehlung im Standardsortiment bilden die späte Hauszwetschge sowie Tophit plus sowie Presenta und Topend Plus.

Man muss schon genau schauen, um die noch grünen Früchte der Sorte Jofela zu sehen. Sie sind gut geschützt.

Foto: Setzepfand

In der Versuchsanlage zeigte Berater Günter Hensel ein Beispiel für Holzkrakheit. „Mit den wärmeren Jahren tritt vermehrt die Rote Austernförmige Schildlaus in der Pfalz und in Rheinhessen auf. Sie ist vor allem in Zwetschgen- und Mirabellenanlagen zu finden und fällt meist erst dann auf, wenn die Bäume anfangen zu vergreisen, ja ganze Astpartien absterben. Es ist wichtig die Bestände auf Frühbefall zu kontrollieren. Die Bäume sind deutlich geschwächt, auf der Rinde der Äste finden sich Flechten und Algen sowie ein weißlicher Belag, wenn man drüberkratzt“, beschrieb Hensel den Befall. Mit den zugelassenen Präparaten Calypso und Mospilan ist eine zuverlässige Bekämpfung derzeit nicht möglich, auch mit Ölpräparaten sei diesen Schildläusen nicht beizukommen, so Hensel.

An voll hängenden Mirabellen sei nun oft die Monilia-Fruchtfäule zu sehen, zusätzlich zu den bekannten Präparaten ist nun auch Luna Experience in Zwetschgen, Pflaumen, Mirabellen und Pfirsichen genehmigt. Es zeigt sich, dass der Pflaumenwickler in 2015 bereits deutlich mehr fliegt als im vergangenen Jahr. Erste Larven sind geschlüpft. Mittelspäte und späte Zwetschgensorten sollten nun mit Calypso behandelt werden. Das Mittel Insegar hat die Genehmigung zur Bekämpfung der zweiten Generation des Pflaumenwicklers nach Artikel 53 der VO Nr. 1107/2009 für 120 Tage bis 28. Oktober maximal eine Behandlung erhalten. Ob Insegar 2016 noch zur Verfügung steht, sei ungewiss.

Zur Kirschessigfliege sagte Hensel, dass in behandelten Anlagen kein Befall zu verzeichnen ist. „Es zeigt sich, dass die Bekämpfung erfolgreich war in Verbindung mit Hygienemaßnahmen, sodass der Druck nun geringer ist.“ Werden Zwetschgen und Aprikosen zeitig geerntet, besteht ein geringeres Befallsrisiko. Wer die Früchte zum Brennen lange hängen lässt, müsse mit Befall rechnen.

zep – LW 33/2015