Szarvasi zeigte am hessischen Standort auch Schwächen

Versuchsergebnisse zum neuen Biomasse-Gras

Wegen seiner enormen Leistungsfähigkeit und der guten Mechanisierung von Anbau und Ernte ist Mais zu Recht die bedeutendste unter den Energiepflanzen. Dennoch sucht man aus unterschiedlichen Gründen immer wieder nach Alternativen. Neben vielen anderen ist seit einigen Jahren auch das Riesenweizengras – auch Szarvasigras genannt – im Gespräch.

Die im Vergleich zu den heimischen Gräsern sehr zögerliche Jugendentwicklung gilt als Schwachstelle bei der Bestandsetablierung des Riesenweizengrases. In dieser Phase ist die sonst winterharte Art auch frostempfindlich.

Foto: Dr. Neff

Bei der Suche nach alternativen Energiepflanzen geht es um die Anpassung an zunehmende Sommertrockenheit, die Auflockerung enger Maisfruchtfolgen aus phytosanitären Motiven oder auch um die optische und ökologische Aufwertung des Landschaftsbildes. Arten wie Zuckerrübe, Getreide (GPS), Sudangras und Zuckerhirse kommen dabei in Betracht. Die Durchwachsene Silphie als ausdauernder, über viele Jahre nutzbarer Biomasselieferant gehört ebenso dazu wie die ausdauernde Sida, auch bekannt als Virginia-Malve.

Besondere Eignung für trockene Standorte

Seit wenigen Jahren ist die Palette um einen weiteren Exoten, nämlich das „Riesenweizengras“, erweitert. Dieses Gras stammt aus Südeuropa, der Türkei und Südrussland und kommt dort auf trockenen Böden vor. Es hat nicht nur mehrere wissenschaftliche Namen (die geläufigsten sind Agropyron elongatum oder Elymus elongatus), auch im allgemeinen Sprachgebrauch gibt es viele weitere Bezeichnungen wie „Pontische Quecke“, „Stumpfblütige Quecke“, „Hirschgras“, „Ungarisches Energiegras“ oder „Szarvasigras“.

Riesenweizengras wurde in Deutschland mit der ungarischen Sorte „Szarvasi1“ bekannt. Vielerorts steht deshalb dieser bekannte Sortenname für die ganze Art. In Deutschland ist sie bisher züchterisch nicht bearbeitet. Größere Sortimente existieren in Nordamerika und Australien, wo das Gras zur Futterproduktion und zum Erosionsschutz angebaut wird.

Abgeleitet von den Standortansprüchen in seinen Herkunftsländern und seinen botanischen Eigenschaften wird das Riesenweizengras als Massebildner für den mehrjährige Anbau mit besonderer Eignung für trockene Standorte propagiert. Einige positive Erfahrungen dazu liegen bereits vor.

Um diese zu verifizieren, wurde im Spätsommer 2012 am Eichhof ein Versuch zum Leistungsvermögen des Riesenweizengrases mit der neueren Sorte „Greenstar“ begonnen. Das Experiment ist zunächst auf drei Jahre angelegt und soll Aufschluss über das Ertragspotenzial und den Futterwert sowie über das Methanbildungspotenzial dieser neuen Kulturpflanze unter Hessischen Bedingungen geben.

Versuche sollen Eignung für hiesige Verhältnisse ermitteln

Dazu wird sie im Vergleich zu den heimischen, ebenfalls ausdauernden Gräsern Glatthafer, Knaulgras, Wiesenlieschgras und Rohrglanzgras angebaut. Diese Arten zeichnen sich durch unterschiedliche Trockentoleranz aus und lassen eine entsprechende Einordnung von Riesenweizengras zu. Das hierzulande weniger genutzte Rohrglanzgras ist besonders geeignet für tiefgründige, feuchte Standorte. Dort gilt es als massenwüchsig und sehr ertragreich.

Die feuchte Witterung im Juni sorgte für beträchtliches Lager in den Versuchsparzellen und einen vorgezogenen Erntetermin.

Foto: Dr. Neff

Der Versuch läuft sowohl auf einem gut mit Wasser versorgten Standort in der Fulda-Aue als auch in einer zur Austrocknung neigenden, flachgründigen, südwestexponierten, leichten Hanglage, um gegebenenfalls spezifische Standorteignung zu quantifizieren. Neben der Biomasseproduktion mit zwei Schnitten jährlich werden auch Siloschnitte durchgeführt, um Aussagen zum Futterertrag und zum Futterwert zu treffen. Darauf wird in einer späteren Berichterstattung einzugehen sein.

Die Ansaat erfolgte Ende Juli 2012 auf dem Auenstandort nach Getreide und auf dem „Trockenstandort“ nach dem Einsatz eines Totalherbizids und Grünlandumbruch. Trotz geringer Niederschlagsmengen in den Monaten August und September etablierten sich die Grasbestände gut, obgleich sich auf beiden Standorten eine deutlich verzögerte Entwicklung als bekannte Schwachstelle von Riesenweizengras bestätigte.

Der erste Schnitt musste vorgezogen werden

Die Dünung zum ersten Aufwuchs erfolgte im März mit 25 m³/Hektar Gärrest (100 kg N) und in gleicher Höhe zum zweiten Aufwuchs unmittelbar nach dem ersten Schnitt. Die feucht-kühle Witterung sorgte für beträchtliches Massenwachstum im ersten Aufwuchs und frühzeitiges Lager. Um Fäulnis insbesondere bei den heimischen Gräsern Glatthafer, Knaulgras und Wiesenlieschgras zu vermeiden, wurde der eigentlich in der Vollblüte von Riesenweizengras geplante Schnitt auf den 1. Juli vorgezogen. Da hatte es gerade die Rispen geschoben.

Der zweite Schnitt erfolgte bei den Kulturgräsern Glatthafer, Knaulgras und Wiesenlieschgras nach längerer Trockenperiode am 29. August. Trockenschäden hatten weiteren Ertragszuwachs bereits gestoppt. Riesenweizengras und Rohrglanzgras wurden am 18. September geschnitten.

Der vorgezogene erste Schnitt sorgte vor allem beim Riesenweizengras für niedrigere Trockenmassegehalte als erwünscht. Die sichere Marke von 30 Prozent TS zur sickersaftfreien Silierung aus dem stehenden Bestand wurde nur von den heimischen Arten erreicht. Darin unterscheiden sich die beiden Standorte nicht und auch nicht die beiden Aufwüchse. Einen extrem hohen TS-Gehalt von 42 Prozent hatte das Wiesenlieschgras erreicht, das im zweiten Aufwuchs nahezu ausschließlich Blütentriebe gebildet hatte.

Szarvasigras mit enormem Gesamtertrag von 198 dt TM/ha

Im Mittel über die Pflanzenbestände wurden auf dem frischen Standort nur 13 dt TM/ha mehr geerntet als auf dem trockenen. Dazu trugen vor allem der wärmeliebende Glatthafer und das trockenholde Knaulgras bei. Sie konnten den Vorteil besserer Wasserversorgung auf dem frischen Standort bei der feuchtkühlen Witterung während des ersten Aufwuchses nicht nutzen. Nur das Riesenweizengras sowie die an kühle und feuchte Bedingungen adaptierten Wiesenlieschgras und Rohrglanzgras brachten deutliche Mehrerträge.

Damit ergaben sich auf dem frischen Standort drei statistisch unterschiedliche Ertrags-Gruppen, nämlich Riesenweizengras mit beachtlichen 166 dt TM/ha im ersten Aufwuchs und einem enormen Gesamtertrag von 198 dt TM/ha. Deutlich darunter liegen Wiesenlieschgras und Rohrglanzgras mit einem Gesamtertrag von jeweils 160 dt TM/ha. Den geringsten Biomasseertrag bringen Glatthafer und Knaulgras mit 126 beziehungsweise 121 dt TM/ha.

Analoge Abstufungen, jedoch auf niedrigerem Niveau, ergaben sich am trockenen Standort. Dabei fällt auf, dass Knaulgras unter den kühlfeuchten Bedingung während der ersten Hälfte der Vegetationsperiode dieses Jahres tendenziell mehr Biomasse lieferte als auf dem frischen Standort. Außerdem sind die Ertragsunterschiede zwischen den Arten insgesamt kleiner und die Ertragsüberlegenheit von Riesenweizengras ist nur gegenüber Glatthafer, Knaulgras und Wiesenlieschgras statistisch abgesichert, nicht aber gegenüber Rohrglanzgras. Das überrascht insofern, als der Anbau von Riesenweizengras ja gerade auch wegen seiner relativen Trockentoleranz propagiert wird.

Szarvasi gerade am marginalen Standort weniger überlegen

Riesenweizengras gilt als anspruchslos hinsichtlich Boden und Klima. Dieses einjährige Versuchsergebnis aber gibt Hinweise auf reduzierte Überlegenheit am marginalen Standort, wenn auch wegen des extremen Witterungsverlaufs nur mit eingeschränkter Aussagekraft. Die Versuchsdurchführung der folgenden Jahre wird zeigen, ob Riesenweizengras die gesetzten Erwartungen auch auf ungünstigerem Standort erfüllen kann.

Darüber hinaus ist die Entwicklung der Pflanzenbestände bei dem für hohen Ertrag notwendigen Düngeraufwand von Interesse und davon abhängig der mehrjährig erzielbare Methanertrag je Hektar. Begleitende Untersuchungen zum Futterwert bei Siloschnitt und ein Vergleich verschiedener Sorten von Riesenweizengras werden das Bild vervollständigen.

Dr. Richard Neff, LLH-Eichhof, Bad Hersfeld – LW 42/2013