Tal des guten Geschmacks, wilder Westen inklusive
San Francisco gehört mit Napa Valley zu den GWC
Zum Netzwerk Great Wine Capitals gehört auch das kleine Napa Valley, in dem sich die exklusivsten Weingüter des US-Bundesstaats Kalifornie versammeln. Zusammen mit San Francisco gilt der Landstrich als El Dorado für Feinschmecker.
Wein aus den Vereinigten Staaten, das ist in neun von zehn Fällen Wein aus Kalifornien. Rund 20 Millionen Hektoliter erzeugten die kaliforniÂschen Winzer 2008. Die edelsten Adressen finden sich nördlich von San Francisco, im Sonoma Valley und insbeÂsondere im Napa Valley. Etwa 80 Kilometer nordwestlich der Metropole liegt das Tal, erstreckt sich ein paar Kilometer breit und 40 Kilometer lang von der Stadt Napa bis zum Berg St. Helena. Gerade einmal vier Prozent der kalifornischen Weine wachsen hier.
Die meisten Weingüter sind keine 40 Jahre alt
Der gute Ruf verpflichtet. Traditionsbetriebe wie Mondavi und Beringer haben im Tal ihren Stammsitz, genauso wie junge, aufstrebende Weinmacher, denn die meisten der heutigen Weingüter sind keine vierzig Jahre alt. In den 1960er Jahren lag die Branche am Boden, vielleicht 25 Weingüter und KelleÂreien wirtschafteten noch im Napa Valley. Erst die Reblaus und ab 1919 dann die Alkoholprohibition hatten die meisten Winzer ruiniert.Deutsche brachten den kommerziellen Weinbau in die Gegend
Zuvor hatten im 19. Jahrhundert zwei Deutsche den kommerziellen Weinbau in die Gegend gebracht. Zwar bauten Missionare schon vorher ihren Messwein an, doch die erste private Kellerei gründete der Preuße Charles Krug 1861 in St. Helena. 1875 verließ sein Kellermeister, der Mainzer Jacob BerinÂger, den Betrieb und gründete ein eigenes Weingut. Die Pioniere fanden ideale Bedingungen für die Reben vor: ein mediterranes Klima mit viel Sonne, aber kühlen Nächten; ein breites Spektrum an Böden und Standorten im Tal, auf den Hügeln, an den Steilhängen. Heute bewirtschaften ein paar hundert Betriebe 18 000 Hektar Rebland. Etwa 350 Weingüter bauen ihre Weine selbst aus und vermarkten sie unter ihrem Namen. Die meisten sind kleine und mittlere Familienunternehmen mit ein paar Hektar bestockter Rebfläche. Im Rampenlicht eines jeden Weinguts steht der „Winemaker“, der Kellermeister, kreiert er doch die Handschrift des Betriebes.
Mehr als drei Viertel aller Weinberge im Napa Valley tragen rote Trauben. Allein der Cabernet Sauvignon wächst auf 42 Prozent der bestockten Rebfläche. Bedeutend sind außerdem der Merlot mit knapp 15 Prozent und der Spätburgunder mit sechs Prozent. Zinfandel, der in ganz Kalifornien zehn Prozent ausmacht, kommt hier nur auf drei Prozent der Anbaufläche. Bei den Weißweinen spielt der Chardonnay die dominante Rolle, gefolgt von Sauvignon Blanc. Längst haben die Napa-Winzer das Zusammenspiel von Wein und GastÂlichkeit entdeckt. Kaum ein namhaftes Weingut, das neben Weinproben nicht auch andere Events anbietet, zum Beispiel Seminare oder feine Diners. Millionen von Touristen kommen jedes Jahr ins Napa Valley, das nach Disneyland das beliebteste Reiseziel in KaliforÂnien ist. Eine Attraktion ist der Napa Valley Wine Train, ein luxuriöser Restaurant-Zug, der ein oder zwei Mal täglich durch das Tal tuckert. Wenn die Napa-Winzer im Sommer ihr großes Wohltätigkeitsfest feiern, werden Zug und Trasse zum Schauplatz eines Wildwestspektakels: Als Cowboys verkleidete ReiÂter überfallen den Zug, nehmen Geiseln und verlangen Großzügigkeit bei den anschließenden Weinauktionen.
Cowboys überfallen Luxuszug – eine Show mit Weinauktionen
Die Auktionen stehen im Mittelpunkt des mehrtägigen Fests auf der grünen Wiese. Interessierte aus aller Welt können online Napa-Weine ersteigern und konkurrieren dabei mit vor Ort anwesenden Bietern. Die Erlöse der AuktioÂnen – jedes Jahr mehrere MillioÂnen US-Dollar – gehen an lokale Sozialprojekte. Zwischendurch lassen sich die meist betuchten Gäste in den Zelten der Weingüter und Restaurants verwöhnen.
Gerne laden die Napa-Winzer auch zur Weinprobe nach San Francisco ein, zum Beispiel ins prächtige Rathaus. Beim „Nightlife Napa Valley“ verwandelt sich der Beaux-Arts-Bau in einen coolen Club, der dem jugendlichen Publikum Wein, Häppchen und DJ-Musik serviert. Das Publikum strömt, schließlich hat man einen Ruf zu verteidigen. Denn „Frisco“ ist nicht bloß die Stadt der Golden Gate Bridge und der Cable Cars, sondern auch Gourmethauptstadt der Westküste. Anne Holl