Top-Leistungen im Südwesten

Milchviehbetriebe in Rheinhessen und Pfalz wachsen

Die Zahlen, die auf der Mitgliederversammlung der Bezirkszüchtervereinigung Rheinhessen-Pfalz-Saar vorgetragen wurden, sprachen für sich: Der Strukturwandel bei den Milchviehbetrieben im Südwesten von Rheinland-Pfalz und im Saarland setzt sich fort. Die größeren Betriebe wachsen weiter, und auch die Milchleistungen der Kühe bewegen sich im oberen Drittel im Bundesvergleich. Bei der Zucht werden verstärkt genomisch getestete Bullen eingesetzt.

Für hervorragende Leistungen wurden bei der Mitgliederversammlung der Bezirkszüchtervereinigung Rheinhessen-Pfalz-Saar zahlreiche Betriebe ausgezeichnet.

Foto: lwk rlp

Der Saal im Gasthaus Burgschänke in Kaiserslautern-Hohenecken war gut besetzt, als der Vorsitzende der Bezirkszüchtervereinigung Rheinhessen-Pfalz-Saar (BZV), Dr. Gerd Karch, vergangene Woche die Mitgliederversammlung eröffnete. „Hinter uns liegt ein katastrophales Jahr“, sagte Karch in seiner Begrüßungsansprache. Vor allem die Betriebe mit Fremdarbeitskräften hätten unter den schlechten Milchpreisen gelitten. Besser seien die Familienbetriebe weggekommen, die in kleinen Schritten gewachsen sind. „Es wird aber noch einige Monate dauern, die Verluste aufzufangen“, erklärte er mit Blick auf die nun wieder höheren Milchpreise. Der Vorsitzende sprach auch das Verhalten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) an: „Der LEH hat die Situation rigoros genutzt und fordert GVO-freie Milch.“ Doch Karch mahnte, dass die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet sein müsse. Denn das GVO-freie Futter sei deutlich teurer und habe häufig nicht die Qualität.

Zucht auf hohem Niveau in der Region

Geschäftsführer Wilhelm Remmers bescheinigte den Züchtern aus Rheinhessen, der Pfalz und dem Saarland erstklassige Arbeit im Stall. Die Leistungen der Herdbuch-Kühe im BZV-Gebiet liegen innerhalb von Rheinland-Pfalz an der Spitze und können auch auf Bundesebene vorne mithalten. „Unsere Top-Betriebe sind auch auf Bundesebene begehrt als Lieferanten für genomisch getestete Jungbullen und Donoren“, freute sich Remmers. Die Herdbuch-Kühe der BZV produzieren im Durchschnitt 9 511 kg Milch, die Schwarzbunt-Herdbuchkühe aus Reinhessen-Pfalz sogar 9 767 kg. Die Leistungen der Rassen Rotbunt, Fleckvieh und Jersey lägen auf hohem Niveau, so der Geschäftsführer. Und die Kühe werden immer älter. „Wir haben eine Inflation der 100 000 l-Kühe.“

Remmers stellte Zahlen zu den Liefermengen pro Betrieb vor, die eindrucksvoll den Strukturwandel in der Milchviehhaltung belegen. Im Bezirk Rheinhessen-Pfalz wurden 2016 pro Betrieb 425 718 kg Milch abgeholt, in 2012 waren es mit 325 881 kg noch 100 000 kg pro Betrieb weniger. „Die Größenentwicklung geht weiter. Rund ein Drittel dieser Betriebe lieferten im abgelaufenen Jahr 75 Prozent der gesamten Milchmenge.“ Gerade in dem schwierigen Jahr 2016 hätten viele Betriebe die Milchviehhaltung aufgegeben, viele Milchviehbetriebe seien in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten. „Die Molkereien, und hier auch die eigene Molkerei Hochwald, sind jetzt in einer besonderen Verantwortung, ihre Marktstellung, ihre Angebotspalette und Produktionsstrukturen zu überdenken“, erklärte der Geschäftsführer.

In der Bezirkszüchtervereinigung sind 156 Milcherzeuger organisiert. Neben einer Unterstützung und Beratung in allen Fragen der Zucht und Haltung der Kühe hält die BZV auch 14 Deckbullen, die von den Mitgliedsbetrieben ausgeliehen werden können. Besonderes Augenmerk der Beratung durch die BZV liegt auf der Verbesserung der Genetik, denn sie hat mit über 30 Prozent einen wesentlichen Einfluss auf die Leistung. Das Rad in der Zucht dreht sich immer schneller, seit der Anteil der genomisch getesteten Jungbullen rasant angestiegen ist. Er liegt nach den Worten Remmers im RUW-Gebiet bei über 80 Prozent mit steigender Tendenz. „Alle, die sich um die Zucht kümmern, müssen umdenken. Die Besamungsorganisationen suchen frühzeitig, möglichst als Unikat, möglichst als Outcross, den fehlerlosen Jungbullen. Die ersten Bullen und Rinder erreichen Zuchtwerte über 170 gRZG“, sagte Remmers. Dennoch sei es wichtig, beim Einsatz der genomisch getesteten Bullen auf verschiedene Bullen zu setzen und auf gutes Fundament und Euter zu achten.

Genomische Bullen im Vorteil

Auch die heimischen Züchter setzen auf genomische Bullen. Remmers stellte einige vielversprechende Rinder mit hohen Zuchtwerten vor, die aus eigener Zucht oder aus dem Embryonenangebot der RUW stammen. In diesem Zusammenhang verwies der Geschäftsführer auf das Zuchtförderprogramm der BZV. „Wir haben ein starkes Förderprogramm aufgelegt, um das Interesse an gezielten züchterischen Fortschritten zu stärken“, erklärte er. Deshalb unterstütze die BZV nach vorheriger Rücksprache den Ankauf von Embryonen und auch von Kälbern und Rindern, aber auch den Embryotransfer und genomische Tests von Tieren aus besonderen Kuhfamilien oder mit hohen Zuchtwerten von mehr als 135 gRZG. Dass die Züchter aus der Bezirkszüchtervereinigung qualitätsvolle Tiere im Stall stehen haben, zeigten sie, so Remmers, auch auf der Südwest-Rinderschau in Webenheim. Der Richter bestätigte vielen Kühen und Färsen ein hohes Qualitätsniveau, das auf Bundesebene mithalten könne. „Viele junge zeigten eine überragende Entwicklung, das große Potenzial war unübersehbar“, freute sich Remmers.

Bei der Mitgliederversammlung wurde der gesamte Vorstand der Bezirkszüchtervereinigung neu gewählt. Über die Wiederwahl zum ersten Vorsitzenden freute sich Dr. Gerd Karch aus Börrstadt, auch der zweite Vorsitzende, Werner Schmitt aus Bardenbach, wurde wiedergewählt. Weitere Vorstandsmitglieder sind Katja Christoffel aus Matzenbach, Hans Lauer aus Reifenberg, Inse-Marie Stalter aus Zweibrücken, Johannes Diehl aus Erzenhausen und Kathrin Nicolay aus Lebach-Dörsdorf.

ibs – LW 10/2017