Trockenheit hat Hessen und Rheinland-Pfalz im Griff
Deutliche Auswirkungen auf den Ertrag zu erwarten
Die lang anhaltende Trockenheit in weiten Teilen von Hessen und Rheinland-Pfalz hat bereits gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Getreide reift frühzeitig ab, Mais und Zuckerrüben liegen in der Entwicklung weit zurück. Am deutlichsten bildet sich der Wassermangel derzeit schon bei den Futterbaubetrieben ab, die im Vergleich zu den Vorjahren im ersten Schnitt nur einen Bruchteil der Grasernte eingefahren haben. Das LW hat sich bei Landwirten umgehört.
Seit Februar liegen die Niederschlagswerte je nach Region weit unter den langjährigen Mittelwerten. In Frankfurt wurden in den vergangenen Monaten Niederschlagsdefizite im Vergleich zum Normalwert von 47,5 (Februar), 61,7 (März), 65,4 (April) und 74,9 Prozent (Mai) verzeichnet. Nur zwei Maimonate waren seit 1949 trockener. Mit insgesamt 52,8 Millimeter Niederschlag war das Frühjahr (März, April, Mai) dort mit Abstand das trockenste seit fast 70 Jahren.Olaf Fackiner aus Frankenau in Nordhessen hat den ersten Grasschnitt zwischen dem 10. und 15. Mai durchgeführt und nur knapp die Hälfte des Ertrags wie in Normaljahren geerntet. Der Mai war auch bei ihm mit nur 21 Liter Niederschlag extrem trocken. In den Vorjahren waren es 108 (2014), 156 (2013), 59 (2012) und 37 Liter (2011). Der Juni hat bis Anfang dieser Woche nur 18 Liter gebracht. Der zweite Schnitt, den er für nächste Woche geplant hat, wird deshalb voraussichtlich noch viel geringer ausfallen.
Futter könnte knapp werden
Einige Berufskollegen haben wegen drohender Futterknappheit angefangen, Getreide zu silieren. Fackiner selbst hat schon Heu eingekauft, um die Futterlücke auszugleichen. Zum Glück war das vergangene Jahr sehr gut, so dass er noch Silagevorräte hat. Zur Futterknappheit könnte nach Beobachtung von Fackiner auch beitragen, dass vormalige Futterflächen wegen des drohenden Grünlandstatus umgebrochen wurden.
Nach Einschätzung von Thomas Kunz, der im Rheingau-Taunuskreis einen großen Ackerbaubetrieb bewirtschaftet, ist die Lage für den Getreidebau in Hessen wegen der Trockenheit auf schwachen Böden und Standorten dramatisch, auf guten noch nicht. Deutlich werden bei der Trockenheit Strukturschäden in den Böden, die beispielsweise durch die Erntemaschinen bei relativ nassen Böden wie im vergangenen Jahr verursacht wurden. Auf der anderen Seite können die jetzt auf schweren Böden auftretenden Risse auch helfen, die Bodenstruktur zu verbessern. Zum Tragen kommt bei der Trockenheit auch, wenn der Weizen spät nach Zuckerrüben gesät wurde.
Für den Weizen würde der Regen, wenn er in den nächsten Tagen fiele, noch etwas bringen, sagt Kunz. Allerdings bestehe dann die Gefahr, dass der Weizen neue Triebe schiebt und Zwiewuchs entsteht. Auf guten Böden könnte der Weizen noch 7 bis 8 Tonnen pro Hektar Ertrag liefern. Bei durch Trockenheit geschädigten Weizenpflanzen sind die unteren Blätter schon vergilbt und auf einen Trieb reduziert. Kunz befürchtet, dass vermehrt Schmachtkorn entsteht, und somit die Vermarktung gefährdet ist. Die Wintergerste steht laut Kunz noch erstaunlich gut.
Weizen als dankbarer Abnehmer für Beregnungsgaben
Clemens Lischka, Hof Güll, bewirtschaftet am Nordrand der Wetterau, südlich von Lich, einen Ackerbaubetrieb mit 160 ha. Er baut auf Böden mit 35 bis 80 Bodenpunkten vor allem Weizen (frühe Sorte Kerubino), Zuckerrüben und Braugerste an. Lischka hat die Möglichkeit, alle Flächen zu beregnen und in diesem Jahr schon reichlich davon Gebrauch machen müssen. „Bisher habe ich zwei Gaben mit jeweils gut 30 mm zum Winterweizen verabreicht, werde als nächstes aber in die Rüben gehen“, so der Ackerbauer.
Vor allem auf den steinigeren Basaltverwitterungs-Flächen hat die Beregnung bisher Schlimmeres verhindert, wie man deutlich an den vom Regner nicht überstrichenen Ecken der Schläge sehen kann (Fotos). Auf diesen durch Trockenheit geschädigten Teilstücken wird der Ertrag deutlich eingeschränkt sein, die übrigen Bestände stehen noch relativ gut, und Lischka hofft noch auf Erträge an die 80 dt/ha.
Neben der Trockenheit hat den Betriebsleiter der beständige Wind vor Probleme gestellt, denn dieser hat das Beregnen zeitweilig unmöglich gemacht, so dass der Regner (Leistung 75 m3/h) auch oft auch nachts umgestellt werden musste.
Mais bleibt in der Entwicklung stark zurück
In Niddatal-Kaichen in der Wetterau hat es im Mai lediglich 16 Millimeter geregnet. Im Vorjahr waren es 120 Millimeter. Im Juni fiel bis Wochenanfang 9 Millimeter Niederschlag. Auch hier bei sehr guten Böden mit 80 Bodenpunkten werden bei Trockenheit Unterschiede deutlich. Auf dem Betrieb von Michael Hahn steht der Mais auf flachgründigem Stellen in Hanglage zehn bis zwanzig Zentimeter hoch. Auf dem Rest des Ackers auf Lössboden mit 80 Bodenpunkten ist der Mais deutlich höher (siehe Fotos). Allerdings fehlen ihm auch hier 30 bis 40 Zentimeter Wuchshöhe, sagt Hahn. Er hatte den Mais am 13. April im Mulchsaatverfahren gesät. Weit zurück sind auch die Zuckerrüben, die Hahn um den 12. März gesät hat. Eigentlich müssten die Reihen jetzt schon geschlossen sein. Im vergangenen Jahr hat Hahn auf einem vergleichbaren Standort etwa 1000 Dezitonnen geerntet. In diesem Jahr geht er von 700 Dezitonnen aus – wenn es bald regnet.
Große Sorgen um die Braugerste in Rheinhessen
Sehr trocken ist es auch in Rheinhessen. Adolf Dahlem aus Gundersheim geht von einem Regendefizit von bislang 120 bis 150 Millimeter aus. In den Monaten März, April und Mai habe es jeweils nur ein Drittel der Normalniederschläge geregnet, und im Juni gab es so gut wie keinen Niederschlag. Zum Glück gab es bislang noch nicht so viele heiße Tage, was die Verdunstung etwas gemildert hat. Gleichwohl wird nach Beobachtung von Dahlem das Getreide auf ganz schlechten Standorten schon notreif. Sein Sorgenkind ist die Sommergerste, die durch die Trockenheit vielfach nur eine Ähre ausgebildet hat, wo es sonst drei sind. Der Ertrag könnte im besten Fall noch durchschnittlich werden.
Die Wintergerste hat die Trockenheit nach Ansicht von Dahlem noch am besten verkraftet. Im Winterweizen würde Regen, wenn er demnächst noch fiele etwas bringen. Bei Zuckerrüben geht Dahlem davon aus, dass sie den Rückstand noch einigermaßen kompensieren können. Die Vegetationszeit dauert ja noch einige Monate. Dahlem baut auch Wein an. Der sieht nach seinen Angaben ganz gut aus. Die Reben brauchen die Niederschläge vor allem in der Traubenfüllungsphase, die erst noch bevorsteht. Allerdings sind die Nährstoffe durch die Trockenheit im Boden nicht mobil. Das kommt jetzt beim Eisen zum Tragen, das häufig schon in den Weinstöcken im Mangel ist.
Foto: Moennig
Foto: Mohr
Foto: Setzepfand
Starker, trockener Wind treibt die Verdunstung an
In Mutterstadt in der Pfalz herrscht derzeit ein Regendefizit von 65 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel. Auch am vergangenen Wochenende konnten nur 2 bis 3 Liter Regen verzeichnet werden. „Der geringe Niederschlag ist das eine, doch viel schlimmer ist der starke trockene Wind aus dem Nord-Osten, der zu einer hohen Verdunstung führt. Hätten wir eine relativ windstille Süd-West-Strömung mit feuchter Luft, wäre das weniger beregnungsintensiv, sagt Gemüsebauer Martin Steig.
„Je nach Kultur werden derzeit acht bis neun Liter pro Quadratmeter und Tag verdunstet, das muss zur Beregnungsgabe dazugerechnet werden.“ Bei dem starken Wind komme dann leider das Wasser gar nicht gleichmäßig auf alle Pflanzen, sondern es gebe eine starke Abdrift. „Mit rund 8 Prozent Mehrkosten für die Beregnung ist zum Beispiel für einen Salatschlag zu rechnen, das sind 1 000 Euro/ha“, erklärt Steig. Und da derzeit der Markt nur 12 bis 13 Cent für einen Kopfsalat bezahle, sei die Marktlage mies. Einzig der geringe Krankheits- und Schädlingsdruck seien positiv zu nennen, so Steig.
CM/KB/zep – LW 25/2015