Über Förderung und Anbau im Frühjahr 2011 informiert

Landwirtschaftlicher Bezirksverein informierte in Fauerbach

Jürgen Spengler, Leiter des Fachdienstes Landwirtschaft im Wetteraukreis und Rainer Cloos, Ackerbauberater beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) in Friedberg, waren kürzlich zu Gast beim Landwirtschaftlichen Bezirksverein in Butzbach-Fauerbach.

Für Agrar-Umweltprogramme gibt es nur EU-Geld, wenn das Bundesland einen Anteil kofinanziert.

Foto: Michael Schlag

Spengler sprach vor etwa 40 Landwirten über die Neuausrichtung der Agrarpolitik ab 2014. Geld aus Brüssel werde zurzeit sehr ungleich in der Landwirtschaft verteilt: Zwei Drittel der Antragssteller erhielten unter 10 000 Euro Prämien im Jahr, in diese kleinen Betriebe flössen insgesamt 16 Prozent des EU-Geldes. Ebenso viel (17 Prozent) erhielten die wenigen Großbetriebe in der Kategorie über 300 000 Euro Jahresprämien, dies seien aber nur 0,5 Prozent aller Betriebe in der EU. Allerdings, so Spengler: „In der Wetterau ist keiner darunter.“

Preisschwankungen nehmen zu

Auf den Märkten für landwirtschaftliche Produkte müsse man künftig mit stärkeren Preisschwankungen rechnen, während die EU-Politik sich von der Marktsteuerung wegbewege und statt dessen „die nicht-marktbezogenen Leistungen der Landwirtschaft aufwertet“. So sehen die aktuellen Reformpläne eine Ökologisierung der Zahlungen an die Landwirtschaft vor, das sogenannte „Greening“ der Prämien. Auch die „Zweite Säule“ der Agrarpolitik, wozu die Agrar-Umweltprogramme gehören, werde gestärkt, doch bestehe für die Landwirte ein wesentlicher Unterschied gegenüber den direkt aus Brüssel gezahlten Prämien: Für Agrar-Umweltprogramme gibt es nur EU-Geld, wenn das Bundesland einen Anteil daran übernimmt, kofinanziert. Aber, so der Fachdienst-Leiter: „Was machen Sie, wenn das Land Hessen sagt: Wir müssen sparen – und legt deshalb kein Umweltprogramm auf?“ Dann bleibe das Geld aus Brüssel für die Bauern ungenutzt liegen. Bei Beginn der Reformverhandlungen hatte die EU alle Bürger aufgerufen, sich an der Diskussion zu beteiligen. Dazu wurde eine Internetplattform eingerichtet, deren Äußerungen in die Politik einfließen sollten. Die Landwirte hätten sich an diesen Foren viel zu wenig beteiligt: „Wo waren Sie?“, fragte Jürgen Spengler die versammelten Landwirte. Das Ergebnis und den Einfluss auf die Reformpolitik sehe man jetzt: „Diese Foren wurden vor allem von Umweltgruppen genutzt und dies sind jetzt die festgeschriebenen Meinungen“.

Resistenzproblematik erörtert

LLH-Ackerbauberater Rainer Cloos schaute auf die anstehenden Pflanzenschutzarbeiten im Ackerbau. „Wie vermeiden wir Resistenzen?“, ist für den Pflanzenbauexperten „das Thema der Zukunft“. Pflanzenschutzmittel solle man nicht nur nach dem Preis auswählen, sondern viel stärker auf die enthaltenen Wirkstoffe achten, zu welcher Wirkstoffgruppe diese gehören, und dabei unbedingt die Resistenzsituation im Auge behalten.

Gerade bei Unkrautresistenzen sei sorgfältiges Abstimmen und regelmäßiges Wechseln der verfügbaren Wirkstoffe nötig, denn „wir werden in den nächsten zehn Jahren im Herbizidbereich nichts Neues bekommen.“ Sorgfältige Dokumentation solle man deshalb nicht nur als lästige Pflicht sehen, sondern „Dokumentieren ist auch im eigenen Interesse sehr wichtig.“ Ein Beispiel sind die zunehmenden Windhalm-Resistenzen in Hessen. Das könne so weit gehen, dass „behandelte Flächen nicht anders aussehen als unbehandelte“. Und das, obwohl ein Landwirt ihm versicherte, dass er jedes Jahr die verwendeten Unkrautmittel gewechselt habe: von Husar zu Atlantis, dann Attribut, dann Lexus. Auf die Art wurde die Resistenz des Unkrauts aber gerade herangezogen, denn „das ist alles dieselbe Wirkstoffgruppe“, sagt Cloos. Der Wechsel von Jahr zu Jahr müsse nicht zwischen den Produkten, sondern unbedingt zwischen verschiedenen Wirkstoffklassen stattfinden, die bei den Herbiziden in den HRAC-Klassen zusammengefasst sind. Der Berater fordert: „Wir müssen weg vom Mittel-Denken, und hin zum Denken in Wirkstoffgruppen“.

Viele Namen, wenig Wirkstoffe

Der Landwirtschaftlicher Bezirksverein informierte in Butzbach-Fauerbach über den aktuellen Markt sowie zur Förderung 2011 und zum Anbau.

Foto: Michael Schlag

Im aktuellen Angebot von Pflanzenschutzmitteln sieht Cloos zwar „viele neue Namen“ jedoch wenig neue Wirkstoffe. So kombiniere das neue Getreideherbizid „Traxos“ nur die vor­handenen Mittel Topik und Axila, in „Alliance“ stecke nichts anderes als die bekannten Mittel Fenikan und Gropper. „Arelon powered by Concert SX“ schließlich „hört sich zwar an, als käme es aus der Formel Eins“, sei aber wiederum nichts Neues, sonderm die Mischung vorhandener und schon angewendeter Mittel. Nicht anders beim „Ortiva Blüten-Pack“ (Fungizid und Insektizid), für Cloos „eine Mogelpackung“, darin seien die bekannten Mittel Ortiva plus Trafo WG in neuer Mischung.

Neuer Wirkstoff: Bixafen

Der Wechsel nur zu neuen Namen helfe aber nicht bei der Vermeidung von Resistenzen. Wirklich Neues böten indes die Getreidefungizide „Aviator Xpro“ und „Input Xpro“ – sie enthielten tatsächlich einen neuen Wirkstoff: Bixafen aus der Gruppe der Pyrazol-Carboxamide. In diesem Jahr werden sie nur von Bayer angeboten, im kommenden Jahr seien ähnliche Präparate wohl auch von anderen Herstellern zu erwarten. Neu sei auch „Toprex“ gegen Schadpilze im Raps, mit dem neuen Wirkstoff Paclobutrazol. Besonders verwirrend sei die Namensgebung bei den Pflanzenschutzmitteln im Mais, hier werde „ständig umbenannt oder es gibt neue Namen mit alten Wirkstoffen“. Das Herbizid „Certrol B“ tritt jetzt unter dem Namen „B 235“ auf den Markt oder als „Caracho 235“. Erweitert wird die Palette gegen Insekten im Mais, mit dem Insektenmittel Gladiator gebe es jetzt „wenigstens ein zweites Mittel gegen den Maiszünsler“, bislang durfte der Wirkstoff nur im Obst und Weinbau verwendet werden.

Ammonium-Injektionsdüngung

Bei den Düngeverfahren war „Cultan“, die Injektionsdüngung mit Ammonium, „das Thema im vergangenen Jahr“, sagte Cloos, und Versuche hätten gezeigt: „Die Ergebnisse sind nicht so schlecht“, bei den Erntemengen besteht kaum ein Unterschied gegenüber dem herkömmlichen Ausstreuen von Kalk-Ammon-Salpeter. „Wichtig ist, dass die Logistik funktioniert“, und hier habe die Wetterau einen Vorteil durch die Nähe zum Energiepark Höchst, wo die vom Cultan-Verfahren benötigte Ammonium-Sulfat-Lösung (ASL) immer verfügbar sei.

Grundwasser nicht belasten

Allerdings: „Wir müssen auch unsere Hausaufgaben machen in Richtung Umwelt“. Ein Vorteil des Cultan-Verfahrens sei die Stabilität des Stickstoffs im Boden, er wird bei der Injektionsdüngung weniger schnell verlagert, aber „wir müssen feststellen, was mit den hohen Schwefelfrachten passiert“, und mit der vermehrten Verwendung von ASL keine neue Grundwasserbelastung riskieren.

Rotfärbung bei Raps

Was hat die bisweilen rötliche Färbung des Raps zu bedeuten, die ein Landwirt zurzeit auf den Feldern beobachtet? Die rote Verfärbung sei ein Zeichen von Stickstoffmangel, erklärte Rainer Cloos, „der Raps will wachsen, aber er kann nicht, weil sich im Boden noch nichts tut“. Das sei kein Grund zur Beunruhigung, man solle deswegen nicht zu früh düngen, wenn immer noch einmal Schnee fallen könnte. Letzte Nachricht aus dem LLH Friedberg: Auf dem Versuchsfeld in Butzbach-Niederweisel ist in diesem Jahr zum ersten Mal ein Sortenversuch mit Sojabohnen unter den hiesigen Klimabedingungen geplant. Soja muss als wesentliche Eiweißkomponente im Tierfutter bislang vollständig importiert werden. Schlag