Wahlkampf auf dem Bauerntag

Trotz der immer geringeren Zahl der Landwirte bekommt der Berufsstand von den Politikern nach wie vor eine große Bedeutung zugemessen – vor allem natürlich im Bundestagswahlkampf. So kam nicht nur die Bundeskanzlerin, auch prominente Vertreter der Bundestagsfraktionen traten beim Bauerntag auf. Für die konservativen Politiker sind die Bauern und ihre Familien bislang eine feste Größe in der Wählerschaft. Die Landwirte sind allerdings auch vielfach frustriert und müssen mobilisiert werden. Und so gab Bundeskanzlerin Merkel ein klares Bekenntnis ab: „Wir haben der Landwirtschaft äußerst viel zu verdanken.“ Landwirtschaftsminister Schmidt kritisierte zudem die übertriebenen Forderungen der Verbraucher gegenüber den Bauern. Beide Ausführungen wurden mit Genugtuung aufgenommen, wenngleich Schmidt mit seinem staatlichen Tierwohllabel bislang nicht überzeugen kann und auch in Berlin nicht klar wurde, wie es mit der Initiative Tierwohl übereinkommen kann.

Für die anderen Politiker ist der Berufsstand ein willkommener Sparringspartner, um den man nicht buhlen muss, sondern der zum Beweis der Standhaftigkeit herhalten kann, um seiner eigenen Klientel zu imponieren. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Vogt, plauderte über die Erste und Zweite Säule der GAP und tat so, als ob bei einer Umschichtung den Bauern kein Geld verloren gehe. Auch das Motto des Bauerntages „Zukunft gemeinsam gestalten“ nahm sie offenbar nicht zur Kenntnis. So forderte sie mehrfach, der Bauernverband möge sich gegenüber Vorschlägen zur Entwicklung der Landwirtschaft nicht verschließen.

Auch die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt bedient eine andere Wählerklientel. Aus ihrer wahlökonomischen Sicht war es deshalb egal, ob sie die Massentierhaltung als Kampfbegriff der Grünen erklären oder rechtfertigen konnte. Den Linken schließlich, die ihre Wurzeln im Arbeiter- und Bauernstaat haben, kann man ein Verständnis für die Landwirtschaft nicht absprechen. Und so verdeutlichte ihr Fraktionsvorsitzender Bartsch, dass bei allen Anforderungen an Umwelt- und Tierschutz auch ein Einkommen erzielt werden muss.

Cornelius Mohr – LW 27/2017