Weihnachtsbäume zum selbst Schlagen

Weihnachtsbäume wachsen zwischen Schafen

In Hessen gibt es rund 55 Erzeuger von Weihnachtsbäumen, sie bewirtschaften 226 ha Weihnachtsbaumplantagen, einer von Ihnen produziert diese ökologisch, das ist Karl-Wilhelm Fladerer aus Haiger, der Vorsitzende des Arbeitskreises Hessischer Weihnachtsbaum. Seit 1985 baut er Weihnachtsbäume an und hat in diesen Jahren viele Erfahrungen auf seinen 13 ha gesammelt. Das LW besuchte Karl-Wilhelm Fladerer auf einer seiner Weihnachtsbaumkulturen in Bicken, unweit von Dillenburg.

Zwischen zehn und 12 Jahren stehen die Nordmanns-, Küsten- und Korktannen, die Blaufichte und die heimische Fichte stehen nur rund acht Jahre. Von Mai bis November werden sie von den Schafen unkrautfrei gehalten.

Foto: Setzepfand

Dort hat Fladerer eine Fläche von 0,6 ha vom Forstamt gepachtet, einst die Baumschule des Forstamtes. Hierhin lädt er an den kommenden Wochenenden die Bevölkerung ein, um Weihnachtsbäume selbst zu schlagen.

Die Symmetrie der Bäume unterstützen

Da stehen wunderbare Nordmannstannen neben Weymouthkiefer, Blaufichte, Coloradotanne, Küstentanne, Korktanne und der heimischen Fichte – alle in optimaler Symmetrie. Denn darauf kommt es an bei den Weihnachtsbäumen, sagt Fladerer. Es sei eine Kunst, die Bäume so zu schneiden, dass ihr Potenzial voll zur Entfaltung kommt.

Die kompakten und kräftigen Shropshire-Schafe mussten bereits aus den Kulturen auf die Weide.

Foto: Setzepfand

Fladerer sieht, was im einzelnen Baum steckt und führt den Formschnitt im Frühsommer durch. Eine Baumart liegt ihm besonders am Herzen: Die Korktanne, Abies lasiocarpa arizona. Wer hier mit korkigen Trieben rechnet, wie beim Feldahorn, liegt falsch. Der Stamm ist korkig und weich, die Nadeln leicht harzig mit bläulichem Ton. „Der Baum ist schlank, regelmäßig beastet und hält vier Wochen ohne Wasser, die Farbe oder die Nadeln zu verlieren“, sagt Fladerer.

Die Korktanne ist sehr kundenfreundlich

Wachstumsfaktoren

Günstige Wachstumsfaktoren für den Anbau von Weihnachtsbäumen sind folgende:

  • Lage an nördlichem Hang
  • kühleres Kleinklima
  • Hangwasser
  • Geringe Verdunstung
  • genügend Niederschläge in der Vegetationszeit, über 300 mm
  • Lehmböden sind von Vorteil

Einziger Nachteil: Er ist anfällig für Spätfröste. Doch manchmal sei der Austrieb so früh, dass die Triebe bis zum Spätfrost verholzt sind, dann hatte man Glück, so der 64-Jährige, der im forst als Unternehmer mit eigenen Leuten im Holzeinschlag, Kulturarbeiten, Holzrücken mit Pferden und Rückeschlepper arbeitete. In jene Zeit fielen die Anfänge der Weihnachtsbaumkulturen. Ab 1990 begann der Aufbau einer kleinen Schafherde mit Shropshire zum Beweiden der Flächen.

Bis vor drei Jahren baute er seine Bäume ökologisch an, mit Zertifizierung. Nun macht er fast alles genauso, nur ohne Zertifizierung. „Denn es war nicht möglich, die Kosten für die ökologische Produktion der Weihnachtsbäume an die Kunden weiterzugeben“, erklärt Fladerer. Vielleicht wäre das rund um Frankfurt möglich, doch hier auf dem Land sei er mit den Kosten nicht zurande gekommen. Ein Jungbaum kostet 0,8 bis 1,10 Euro, wenn er ökologisch produziert wurde, rund 2 000 Jungbäume pflanzt Fladerer pro Jahr. Dazu kamen die Kosten für das ökologische Futter der Schafe, denn seine Weihnachtsbaumkulturen hält Fladerer mit Shropshire-Schafen unkrautfrei. Die geschlossene Mutterschafherde von 44 Schafen und vier Böcken braucht immer wieder Mineralfutter, das sei auf Dauer zu teuer geworden.

Weihnachtsbäume und Shropshire-Schafe ergänzen sich

Karl-Wilhelm Fladerer baut seit 1985 ökologische Weihnachtsbäume an, ohne Schafe geht das bei ihm nicht.

Foto: Setzepfand

Und doch ist Fladerer überzeugt davon, dass die Haltung von Shropshire-Schafen in Weihnachtsbaumkulturen bei sachgerechter Führung optimal funktioniert – auch in größerem Stile. „Doch es müssten sich ein Weihnachtsbaumproduzent und ein Schäfer zusammentun, um dies zu realisieren“, meint er. Es gilt einige Grundsätze zu beachten: Die Böcke dürfen nur zur Paarungszeit in die Kulturen, sonst sind sie auf der Weide. Lämmer dürfen nicht in die Kulturen, sie müssen das erste Jahr auf der Weide verbringen, um an Gräser und Kräuter gewöhnt zu werden. Wenn ein Tier, das in der Herde oben in der Hierarchie steht, anfangen würde die Weihnachtsbaumkultur zu fressen, dann folgt ihm die ganze Herde. Tut dies ein Tier, das weiter unten in der Hierarchie steht, ist es weniger schlimm, dann muss nur das eine Schaf herausgenommen werden.

Die Tiere fressen von Mai bis September in den Kulturen, Fladerer besucht sie zwei- bis dreimal die Woche. Vier bis fünf Schafe stellt er pro Hektar ab, wobei er genau beobachtet, was sie fressen. Es muss genügend Grünfutter auf der Fläche sein, ist dies nicht der Fall, ist die Gefahr gegeben, dass die Tiere an die Kulturpflanzen gehen. Die Schafe benötigen 8 kg Grünmasse am Tag und scheiden 2 kg Kot und 0,5 kg Harnstoff aus. Doch sie wollen nicht irgendwelche Grünmasse, sondern bevorzugen 40 Prozent Pansenverwertbarkeit. Die Nadeln der Weihnachtsbäume haben 37 bis 38 Prozent Pansenverwertbarkeit und Calamagrostis epigeios, das Landreitgras, nur 36 bis 37 Prozent. Wenn die Schafe anfangen Calamagrostis zu fressen, dann ist es höchste Zeit diese umzustellen in eine andere Kultur mit frischem Gras, weiß Fladerer. Mit getrockneten Rübenschnitzel lockt er dann die Schafe in das

Wo einst ein Baum stand, pflanzt Fladerer im Folgejahr einen Jungbaum daneben, dieser macht sich das Wurzelsystem des alten langsam zu Nutze.

Foto: Setzepfand

jeweilige Fanggitter, das am Rande jeder seiner Kulturen eingerichtet ist. Der Altdeutsche Hütehund Enok hilft ihm dabei. „Da sehe ich gleich, ob eines lahmt, eine Wunde hat oder eines fehlt.“ Mit Brennnesseln und Disteln werden die Schafe fertig, ein Problem sind die Brombeeren. An diesen verletzen sich die Tiere, von der offenen Wunde wird die Goldfliege angelockt und die Maden scheiden einen toxischen Stoff aus, die Schafe verlieren Flüssigkeit, das Tier wird schwerkrank. Mit dem Aufgussmittel Butox können die geschlüpften Larven abgetöttet werden. Die ersten Schafe holte Fladerer aus Dänemark, dann kaufte er Böcke aus England dazu. Dank seiner Zucht besteht seine jetzige Herde aus kompakten, kräftigen Tieren. Die Muttertiere wiegen 65 bis 70 kg, die Böcke rund 110 kg.

Weiter Pflanzverband wegen der Selbstabholer

Eine schlanke Korktanne mit leicht bläulichen Nadeln und korkigem Stamm.

Foto: Setzepfand

Im Abstand von 1,40 x 1,40 m stehen die Weihnachtsbäume, die nicht zusätzlich gedüngt, sondern nur bei Bedarf geschnitten werden. Der größere Wuchsraum pro Baum gibt den Bäumen Zeit, wird enger gepflanzt, müssen bestimmte Bäume frühzeitig entnommen werden. Das mache bei seiner Art der Direktvermarktung, bei der sich die Leute die Bäume selbst aussuchen, keinen Sinn. Bis vor wenigen Jahren hatte er noch einen Verkauf direkt am Hof, jetzt verkaufe er nur noch direkt auf den Kulturen und liefert an Firmenkunden. Auch Weihnachtsfeiern, entweder direkt an den Kulturen oder sonst in der Region, organisiert Fladerer und liefert dann die Weihnachtsbäume. Er gibt keinen einzigen Baum in den Handel, doch wer davon leben müsse, der benötige mindestens 100 ha Weihnachtsbaumkulturen, Großmaschinen, Mitarbeiter und viel Fachwissen. Dieses tauscht Fladerer gerne mit seinen Kollegen im Arbeitskreis Hessischer Weihnachtsbaum aus. Wichtig sei, voneinander zu lernen, dafür gebe es die jährlichen Feldtage.

zep – LW 48/2016