Westerwälder Fuchsweizen – eine Nischenkultur mit Potenzial

Fragen zu Anbau und Verarbeitung erörtert

Um Anbau und Verarbeitung des Westerwälder Fuchsweizens zusammenzubringen, luden das Kompetenzzentrum ökologischer Landbau (KÖL) und die Bio-Kornbauern Mitte Juli gemeinsam zu einem Feld- und Bäckereitag ein. Katharina Cypzirsch vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück berichtet über die alte Kultur.

Betrieb „Eva Vollmer Biohof“ - Im Vordergrund moderner Winterweizen und dahinter im direkten Vergleich Westerwälder Fuchsweizen kurz vor der Ernte.

Foto: K. Cypzirsch/DLR

Während entlang des Rheins die Mähdrescher rollten, trafen sich rund 20 Interessierte aus Erzeugung, Beratung, Vermarktung und Verarbeitung in Mainz-Ebersheim auf den Flächen des Betriebes „Eva Vollmer Biohof“, um sich den Bestand des Westerwälder Fuchsweizens anzuschauen und sich über den Anbau, Qualitätseigenschaften und Möglichkeiten der Verarbeitung auszutauschen.

Bei Düngung sehr anspruchslos

Ursprünglich in der Region Westerwald-Taunus-Wetterau beheimatet, ist der Westerwälder Fuchsweizen als Erhaltungssorte zugelassen und steht auf der Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen. In Rheinland-Pfalz wird er seit 2012 vom Landwirt Andreas Esch aus Salmtal angebaut und vermehrt.

Der Westerwälder Fuchsweizen ist ein begrannter Winterweizen, der sich durch seinen geringen Nährstoffbedarf von 50 kg Nmin/ha, die sehr gute Beikrautunterdrückung durch starke Blattmassebildung in der Jugendentwicklung und die geringe Krankheitsanfälligkeit auszeichnet. Die Langstrohigkeit (1,2 bis 1,4 m Wuchshöhe) wird vor allem von den anbauenden Betrieben mit Viehhaltung geschätzt. Die Gefahr von Lager und Halmbruch wurde von den anwesenden Erzeugern als eher gering eingeschätzt, sofern die Düngung angemessen erfolgt. Hier sind die Wahl des Düngers und betriebliches Fingerspitzengefühl wichtig. Auf guten Standorten kann der Ertrag zwischen 40 bis 50 dt/ha liegen, auf schlechteren Standorten bei 15 bis 20 dt/ha.

Vordergründig betrachtet erscheint der Anbau der Kultur zunächst wenig attraktiv. Als Nischenkultur kann sie jedoch trotzdem für Betriebe interessant sein: Sie eignet sich bestens als Getreide für Förderprogramme, beispielsweise für Ackerwildkräuter. Durch die Anspruchslosigkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten ist der Einsatz von Betriebsmitteln minimal (lowInput). Die Sorte zeigte sich auch im Angesicht der klimatisch zunehmend schwierigeren Rahmenbedingungen in Wachstum und Ertrag vergleichsweise stabil. Trotz des mäßigen Proteingehaltes von 12 Prozent i. Tr. ist der Westerwälder Fuchsweizen sehr gut backfähig.

Im Durchschnitt der letzten Jahre lag der Feuchtklebergehalt bei 26 Prozent, der Sedimentationswert bei 25 und die Fallzahl bei 338. Mit diesen Eigenschaften wird die alte Getreidesorte für handwerkliche Verarbeiter interessant. Das Getreide kann als Verarbeitungsware zum Backen, Flocken oder Brauen verwendet werden.

Fuchsweizenbrot der Bäckerei „biokaiser“

Foto: K. Cypzirsch/DLR

Daher wurde im zweiten Teil der Veranstaltung die Biobäckerei „biokaiser“ in Mainz-Kastel besucht. Dort wird der Westerwälder Fuchsweizen in diesem Jahr in den bäckereieigenen Filialen erstmalig als Saisonbrot angeboten – und das mit Erfolg. Begriffe wie Regionalität, Ursprünglichkeit und handwerkliche Verarbeitung sind positiv besetzt und wecken Neugierde beim Kunden. Bei der Bäckereiführung wurde deutlich: Es bedarf auch des handwerklichen Geschickes seitens der Bäcker, sich auf „neue“ Getreide und deren ganz besondere Verarbeitungseigenschaften einzulassen.

Da sich im Teilnehmerkreis sowohl Erzeuger als auch Verarbeiter befanden, kam es zu einem regen Austausch. Das gegenseitige Interesse war enorm. So wurde zum Beispiel deutlich, dass es für Bäckereien aktuell schwierig ist, Ware mit weniger als 25 Prozent Feuchtklebergehalt zu einem ansprechenden Produkt zu verarbeiten. Durch das geschickte Mischen qualitativ verschiedener Partien kann jedoch eine einheitliche Mehlqualität erzielt werden. Umso wichtiger ist es, dass Erzeuger- und Verarbeitungsbetriebe gut vernetzt sind und im ständigen Austausch bleiben. Es zeichnet sich ab, dass zunehmend Bäckereibetriebe in die Verarbeitung des Westerwälder Fuchsweizens einsteigen möchten.

Um den Anbau weiter zu fördern und einen regelmäßigen Austausch von Wissen zu unterstützen, werden über die Öko-Leitbetriebe Rheinland-Pfalz und über die Strategie zur Förderung alter Nutzpflanzen regelmäßig Veranstaltungen angeboten sowie Daten zum Anbau und zur Qualität erhoben. Alle Infos rund um diese alte Getreidesorte sind auf der Seite des KÖL unter oekolandbau.rlp.de > Erzeugung > Kulturen abrufbar.

 – LW 31/2023