Zeit, um Maschine und Traktor optimal abzustimmen
Tag der Landwirtschaft – Thema Lenksysteme
Ein Schwerpunkt der Veranstaltung waren zwei Vorträge zum Thema „Lenksysteme in der Landwirtschaft“. Diese werden im Folgenden zusammengefasst. Zwei weitere interessante Vorträge fanden statt zu den Themen Fruchtfolge aus Sicht von Markt und Politik sowie zur Feldhygiene. Prof. Dr. Yves Reckleben von der Fachhochschule Kiel beleuchtete in seinem Vortrag Herausforderung und Nutzen der Lenksysteme für den Anwender.

Foto: Torsten Silz
Alle Parallelfahrsysteme und GPS basierten Dokumentations- und Bewirtschaftungssysteme im Precision Farming benötigen eine genaue Positionsbestimmung auf dem Feld mittels GPS. Die Genauigkeit des GPS-Systems (bis 15 m) kann durch verschiedene Korrektursignalsysteme (DGPS) weiter verbessert werden. Die drei wichtigsten in der Praxis verbreiteten Korrektursignale sind der Küstenfunk, auch Beacon genannt, die satellitenbasierten Systeme Omnistar und Starfire sowie die hochgenauen RTK-Signale, die allerdings eine Referenzstation nahe am Feld voraussetzen.
Verschiedene Untersuchungen in der Praxis zeigen, dass aufgrund von kupiertem Gelände, schlechten Sichtbedingungen, wie nachts oder bei Staub, sowie großen Arbeitsbreiten und der Minimierung des produktionstechnischen Risikos eine Überlappung in der Praxis in Kauf genommen wird. Diese Überlappung beträgt zwischen 3 bis 7 Prozent, so auch bei der Anlage von Fahrgassen.
Ist eine RTK-Station in der Nähe, geht es kaum genauer
Der wichtigste Arbeitsgang ist die Aussaat. Hierbei werden die Fahrgassen für die weitere Bearbeitung angelegt. Hier sind die Genauigkeitsanforderungen bei ± 2 cm, also der RTK Qualität. Für die nachfolgenden Arbeiten in den Fahrgassen können auch klassische DGPS-Empfänger ohne RTK-Genauigkeit zur Dokumentation der Ausbringmenge oder zur Positionsbestimmung auf dem Feld genutzt werden. Die hochgenauen RTK-Signale sind bislang von einer Referenzstation nahe dem Feld oder auf dem Betriebshof abhängig. Der Radius für die hohe Genauigkeit um eine RTK-Station beträgt im ebenen Gelände 10 bis 15 km und im hügligen Ostholstein etwa 5 bis 8 km.
Weitere Beispiele für die höchste notwendige Genauigkeit sind das Controlled Traffic-Verfahren (feste Fahrspuren), Strip Till, Aussaat und Pflege von Reihenkulturen sowie die Aussaat und Pflanzung von Sonderkulturen.
Man unterscheidet verschiedene Verfahren der Spurfindung auf landwirtschaftlichen Maschinen beim „tracking“. Bei der manuellen Parallel-Führung lenkt der Fahrer selbst und orientiert sich an einem Lichtbalken. Bei den automatischen Parallel-Fahrsystemen unterscheidet man zwischen Lenk-Assistenzsystemen, wo das Lenkrad automatisch mit Hilfe einer technischen Lenkhilfe gesteuert wird und automatischen Lenksystemen mit „Autopiloten“, wo die Lenkung über ein elektromagnetisches Hydraulikventil gesteuert wird. Die Systeme werden auf Knopfdruck aktiviert und durch manuelle Lenkungsbetätigung wieder deaktiviert. Allerdings steigen die Mindesteinsatzflächen mit der technischen Ausbaustufe des Lenksystems an, so im Winterweizen-Anbau mit einer manuellen Lenkhilfe auf rund 120 ha/Jahr, mit einem automatischen Lenksystem auf 450 ha/Jahr.
Eine interessante Alternative zu mehrÂeren RTK-Referenzstationen können die Mobilfunk-Netze aus der Handy-Nutzung sein. Diese sind flächendeckend verfügbar und es kann mit einer speziellen Lizenz zwischen den verschiedenen Netzen gewechselt werden, je nach deren Verfügbarkeit. Somit sind weniger RTK-Stationen in einem Gebiet nötig. Der Verlust an Genauigkeit beträgt zirka 1 cm.Umwelttechniker (FH) und Agrartechniker Volker Bühler, praktizierender Landwirt aus Einselthum, stellte Herausforderung und Nutzen des Lenksystems aus Sicht des Anwenders dar. Der Betrieb Bühler besteht aus drei Betriebsteilen auf ganz unterschiedlichen Standorten in Einselthum im Zellertal, in Breunigweiler am Donnersberg und in Mannheim. Bereits seit 1997 konnte man vielfältige Erfahrungen mit dem automatischen Lenksystem sammeln. Somit wurde die Entwicklung von Anfang an begleitet. Der Betrieb fungiert als Testbetrieb eines internationalen Traktor- und Landmaschinen-Herstellers. Das System wurde und wird ständig erweitert und ausgebaut und den weiter wachsenden Anforderungen des Betriebes angepasst. Bühler ist sich sicher, dass dies der richtige Schritt in die Zukunft der Landwirtschaft ist.
Wichtige Schritte zur Effizienzsteigerung des Parallelfahrsystems waren die Möglichkeit der Koppelung mit dem Anbau- oder Anhängegerät über Isobus und die Entwicklung von Schlagkartei-Software zur automatischen Dokumentation sämtlicher vom Traktor- oder Mähdrescher-Terminal aufgezeichneten Arbeitsgänge. So kann der Betrieb in kürzester Zeit Deckungsbeiträge, Lohnkosten oder auch den Dieselverbrauch darstellen. Durch Verknüpfung der Daten aus FloRLP und dem Schlagkartei-Programm ist der Betrieb in der Lage, plus minus 5 cm genau die Vermessungsgrenzen der bewirtschafteten Schläge festzustellen, ohne ständige nervende Grenzsteinsuche. Dieses erspart auch sehr viel Zeit und sichert ein gutes Verhältnis mit dem Nachbarn, da dieser weiß, dass die Grenzen sicher stimmen.
Bühler führte vielfältige Vorteile eines Lenksystems an. Durch Minimierung der Überlappungen und Fehlstellen lassen sich Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel einsparen und die Feldproduktivität bei der Bodenbearbeitung steigern. Geringere Arbeitserledigungskosten und Erhöhung der Schlagkraft resultieren aus einer Erhöhung der Arbeitsgeschwindigkeiten aufgrund der Fahrerentlastung, einem sicheren Anschlussfahren auch bei zunehmenden Arbeitsbreiten, einem verminderten Kraftstoffverbrauch, einem Verzicht auf Schaummarkierer und Spuranreißer, einer Ausdehnung der Arbeitszeit in die Dunkelheit sowie eventuell einer Einsparung einer Zugmaschine oder eines Anbaugerätes.
Aufmerksamkeit auf Optimierung Schlepper-Maschine setzen
Weitere, monetär kaum zu bewertende Vorteile ergeben sich. Dem Landwirt wird die Arbeit erleichtert und abgenommen, indem ihm das System das Lenken und das korrekte Geradeausfahren abnimmt. Die dadurch gewonnene Zeit und Aufmerksamkeit kann dann für andere Tätigkeiten genutzt werden, wie zur Überwachung von Schlepper und Maschine, welche dadurch genau aufeinander abgestimmt und eingestellt werden können. Auch ist die Überwachung von Maschinen mit immer schneller wachsenden Arbeitsbreiten wie einer Pflanzenschutzspritze mit 28 m mit dem bloßen Auge inzwischen kaum noch möglich.Weitere in Zukunft führende Möglichkeiten sind eine Teilbreiten-Schaltung von Isobus-Geräten, möglich bei Sämaschinen, Düngerstreuer und Pflanzenschutz-Spritzen, die Steuerung des nebenherfahrenden Traktors von der Erntemaschine aus während Überladevorgängen auf dem Feld – Getreide-Ernte und Mais häckseln – oder die automatische Steuerung von Variopflügen. Am Seitenhang kann der DGPS-Empfänger auf das Anbau- oder Anhängegerät gebaut werden. Somit steuert das Gerät den vorausfahrenden Traktor.
Bühler empfahl, beim Traktor-Neukauf bereits die Weichen für ein automatisches Lenksystem zu stellen. Dann kann man mit den meisten Systemen langsam in die Materie hineinwachsen und sich entscheiden, welche Maßnahmen und Investitionen im eigenen Betrieb sinnvoll sind. Technische Bauteile am Traktor zur Nutzung des Lenksystems sind Sensoren für Korrektur bei Seitenhang und für den Einschlagwinkel der Vorderräder, einen Kabelbaum, eine ISOBUS-Dose, ein Lenkaggregat zur Steuerung der hydraulischen Lenkleitungen und ein AutoTrac Steuergerät. Er wies jedoch auch deutlich daraufhin, dass die sinnvolle Ausbaustufe eines Lenksystems zwischen 6 500 und 18 000 Euro, deutlich abhängig ist von der Betriebsgröße und dem Einsatzumfang der Maschinen.
In der Diskussion verwies Geschäftsführer Georg Müller von den Maschinen- und Betriebshilfsringen Rheinhessen-Nahe und Donnersberg auf den Beitrag seiner Organisation. Die Maschinen- und Betriebshilfsringe bauten in Hessen ein flächendeckendes RTK-Netz auf. Auch wurde auf dem Dach des Hauses der Landwirtschaft in Alzey eine RTK-Station errichtet, als Fortsetzung dieses Netzes. Müller verwies auf die Erfahrungen, die seine Organisation bereits mit dem Flüssigdünger-Projekt 2011 bis 2013 gesammelt hatte. Schlagerfassung, Organisation der Düngekette, Dokumentation und Abrechnung erfolgten auf Basis von Geodaten.
Martin Nanz – LW 5/2014