Zugehen auf die neue Landesregierung

Landwirtschaftliche Woche Nordhessen eröffnet

Die Eröffnungsveranstaltung auf der Landwirtschaftlichen Woche in Baunatal am Dienstag dieser Woche thematisierte die schwarz-grüne Regierungsbildung in Hessen, die Öffentlichkeitsarbeit des Berufsstandes und die landwirtschaftliche Tierhaltung.

V.l.: HBV-Präsident Friedhelm Schneider, DBV-Vizepräsident Werner Schwarz und Heinrich Heidel, Vorsitzender der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen.

Foto: Mohr

„Pünktlich zum Jahresanfang und zur Eröffnung der Grünen Woche starten auch die Umwelt- und Tierschutzverbände ihre Kampagnen.“ Dies stellte der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes und Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, fest. Er spielte damit auf die Aktionen gegen den Fleischkonsum oder den Einsatz von Hormonen in der Sauenhaltung an. Diese Aktionen stünden im Fokus der veröffentlichten Meinung. Schwarz fühlt sich persönlich angegriffen von Kampfbegriffen wie Massentierhaltung. Er stellte klar: „Wir sind Tierhalter und Ackerbauern mit einem großen Wissen und einem guten Gewissen.“

Der Bauer genießt Vertrauen, sein Handeln oft nicht

Nach seinem Eindruck unterscheidet die öffentliche Meinung zwischen Person und Handeln: Während dem Bauern Vertrauen entgegengebracht werde, treffe dessen Handeln oftmals auf Unverständnis. Moderne Landwirtschaft sei den Bürgern nicht mehr vertraut. Schwarz räumt dabei Fehler der Landwirtschaft ein, die – auch aus hygienischen Gründen – ihre Hoftore zunehmend geschlossen hätten. Dies müsse sich ändern. Schwarz hat dazu eine Webcam in seinem Sauenstall installieren lassen und zeigt die Bilder im Internet. Dafür bekam er zunächst empörte Reaktionen und auch Beschimpfungen von Tierschützern und Bürgern. Schwarz bleibt jedoch dabei. Nach seiner Überzeugung wird durch solche Aktionen das Monopol der Meinungsbildung durchbrochen. Seine Strategie ist es auch, mit Umwelt- und Tierschutzverbänden da zusammen zu arbeiten, wo es möglich ist. So sei beispielswiese die Initiative Tierwohl auch mit dem Nutztierschutz-Verein ProVieh erarbeitet worden. Schwarz stellte aber auch klar, dass es bei aller Zusammenarbeit oder dem Suchen nach Kompromissen Grenzen gebe, nämlich die der ökonomischen Erfordernisse, oder wenn das Eigentum tangiert werde.

Mit Blick auf die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik stellte er fest, dass es weniger Geld und mehr Auflagen geben werde. Während Hessen durch die bundesweite Angleichung der Prämien pro Hektar profitiere, erlitten die Betriebe in Schleswig-Holstein deutliche Verluste. Dennoch habe sein Verband die Angleichung mitgetragen. „Denn nur wenn wir uns im Berufstand einig sind und Kompromisse finden, werden wir etwas bei der Politik erreichen“, so Schwarz.

Andere Erwartungen bei der Regierungsbildung

Vor dem Hintergrund des vorwiegend konservativ wählenden ländlichen Raums machte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, klar, dass er bei der Besetzung des Agrarressorts in Hessen ein anderes Ergebnis erwartet hätte. Dies habe er auch dem Ministerpräsidenten Bouffier verdeutlicht. Gleichwohl werde er die designierte grüne Landwirtschaftsministerin ebenso wie das gesamte Kabinett offen und ohne Vorbehalte empfangen. Das erste schwarz-grüne Regierungsbündnis in einem Flächenland habe die Chance, mehr zu sein als nur „die Verlängerung des Lebensgefühls des Frankfurter Nordends“, so Schneider. Er geht davon aus, dass bei den hessischen Grünen „eher Realisten am Werk sind, die nicht wie in Niedersachsen einen Filtererlass in die Welt setzen oder eine Verhinderungspolitik betreiben wie in Nordrhein-Westfalen, sondern ernsthaft in der Sache argumentieren.“

Besonders froh sei er, dass der Pakt für die Landwirtschaft, der 2012 mit der Landesregierung geschlossen wurde, Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden habe. Damit werde ein Bekenntnis zu verlässlichen Rahmenbedingungen abgelegt, insbesondere beim Flächenschutz oder der Eins-zu-eins-Umsetzung von EU-Vorgaben.

Einigermaßen zufrieden zeigte sich Schneider mit dem Ergebnis der GAP-Reform, insbesondere wenn man es mit den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission vergleiche. Er machte jedoch klar, dass es möglich sein müsse, auf ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des Greenings zu produzieren. In Bezug auf die Beschlüsse sei die Zusage von stabilen Ausgleichszahlungen bis 2020 wichtig, ebenso auch die bundesweite Angleichung der Prämien pro Hektar, von der die hessischen Betriebe profitierten.

Landwirtschaftliche Flächen möglichst schonen

Der Abteilungsleiter Landwirtschaft vom Regierungspräsidium Kassel, Reinhard Otto, stellte seine Behörde als Partner der Landwirtschaft in vielen Bereichen dar, insbesondere bei Baugenehmigungen für Stallbauten, beim Grundstücksverkehr, Veterinärwesen, bei der Klärschlammausbringung sowie bei Cross Compliance und Bodenschutz.

Der Schutz landwirtschaftlicher Flächen sei ein wichtiges Ziel. „Bei allen flächenbeanspruchenden Maßnahmen achten wir sehr genau darauf, dass nicht mehr Agrarfläche in Anspruch genommen wird, als unbedingt benötigt wird.“ Als rechtliche Grundlagen und Argumentationshilfen bezeichnete Otto den Regionalplan, mit der darin vorgegebenen Vorrangfläche Landwirtschaft, den Agrarplan Nordhessen sowie die Hessische Nachhaltigkeitsstrategie. Darin gibt die Landesregierung vor, dass die Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 bei maximal 2,5 Hektar pro Tag liegen darf. Derzeit liegt sie bei 3 bis 4 Hektar pro Tag.

Heinrich Heidel, der Vorsitzende der Landwirtschaftlichen Woche hatte bereits bei der Eröffnung der Veranstaltung dazu aufgerufen, der neuen schwarz-grünen Landesregierung die Zusammenarbeit anzubieten. Im Übrigen werde man die Personen nach ihren Taten im Amt messen und nicht an den Worten, die möglicherweise zum Amt geführt haben, so Heidel in Anspielung auf den Wahlkampf der Grünen.

CM – LW 3/2014