Was muss der Apfel kosten, damit ich was verdiene?

Wirtschaftliche Betrachtung beim Bundeskernobstseminar

Welchen Preis muss der Obstbauer für seine Äpfel erzielen, um erfolgreich zu wirtschaften? Um hierauf eine Antwort zu finden, ist es essentiell die Kosten der Produktion zu kennen. Margret Wicke beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Wirtschaftlichkeit im Obstbau und gab auf dem Bundeskernobstseminar am Beispiel von drei Betriebstypen Antworten auf diese wichtige Frage.

Die Kosten sind stark von der Ertragsmenge abhängig, da sich die fixen Kosten bei höheren Erträgen auf mehr Früchte verteilen.

Foto: M. Valenta

Jeder Betrieb wirtschaftet etwas anders, baut andere Sorten an und investiert unterschiedlich viel Zeit in Kultur und Ernte. Um diesen Unterschieden für eine Beispielrechnung Rechnung zu tragen, geht Margret Wicke von drei Betriebstypen aus:

  • Betrieb 1 mit attraktiven Sorten, die allerdings zu Alternanz oder Sonnenbrand neigen. Ausgeführt werden Handschnitt, Handausdünnung, üblicher Pflanzenschutz und Unkrautbekämpfung; geerntet wird mit Pflückzug.

Unterschiedliche Betriebstypen berücksichtigt

  • Betrieb 2 arbeitet produktiv und intensiv. Es sind Kulturschutzeinrichtungen sowie Bewässerung vorhanden. Schnitt und Ausdünnung werden sowohl von Hand als auch maschinell durchgeführt; Pflanzenschutz, Unkrautbekämpfung und Ernte wie bei Betriebstyp 1.
  • Im hochproduktiven Betriebstyp 3 werden zusätzlich Wuchs- und Ertragsregulierung (+ 30 Stunden) und Wurzelschnitt durchgeführt. Geerntet wird mit einem Pluc-O-Trac.

Die Berechnungen sind auf eine Dauerkultur mit 18 Jahren Standdauer (zweimal Lebensdauer Hagelnetz plus drei Jahre ohne zu Kulturbeginn). Die Erträge liegen in dieser Beispielsrechnung im Durchschnitt bei 30, 42 und 46 t/ha – Schwankungen über die 18 Jahre Laufzeit wurden berücksichtigt.

Die Erstellungkosten der Anlage veranschlagt Margret Wicke so: 25 000 Euro für die Anlage selbst, 3 000 Euro für die Bewässerungsanlage, 12 000 Euro für den Kulturschutz plus 2 x 6 000 Euro für Netze.

 

Wichtige Faustzahlen für Investitionen in Obstanlagen

Daraus ergeben sich für die Erstellung der Anlage 52 000 Euro gesamt – oder umgerechnet 1 500 Euro/Jahr für die Anlage sowie 1 500 Euro/Jahr für die Hagelnetze.

Als Faustzahlen für Material- und Arbeitskosten gab Wicke den Obstanbauern folgende Daten an die Hand: Obstanlage 8,50 Euro/lfm, Bewässerung 1,15 Euro/lfm, Kulturschutz 6 Euro/lfm, zweites Netz nach acht Jahren 2 Euro/lfm.

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„Was muss ein Apfel kosten?" unter anderem damit beschäftigt sich Margret Wicke am DLR Rheinpfalz.

Foto: M. Valenta

Für die Maschinen die während der Kultur zum Einsatz kommen, wurden folgende Zahlen angenommen. Beim Laubschneider zum Beispiel geht man von 20 000 Euro Anschaffungskosten sowie 30 Euro/h (inkl. Zugmaschine 58 Euro/h) feste und variable Kosten aus. Die Ausdünnung schlägt mit 8 000 Euro Anschaffungskosten und 38 Euro/h (inkl. Zugmaschine 65 Euro/h) zu Buche. Die chemische Unkrautbekämpfung wird mit 11 000 Euro und 23 Euro/h (inkl. Zugmaschine 51 Euro/h) veranschlagt, die rein mechanische Variante mit Ladurner und Rollhacke, wie Betriebstyp 3 sie durchführt, bringt es auf 20 000 Euro + 16 000 Euro Anschaffungskosten sowie 50 Euro/h (inkl. Zugmaschine 73 oder 78 Euro/h). Aus diesen Daten ergeben sich folgende Kosten für die drei Betriebstypen:

  • 1. Schnitt (25 h) 410 Euro, Ausdünnung (50 h) 570 Euro, Unkrautbekämpfung (Mittelkosten von 40 Euro) 140 Euro.
  • 2. Schnitt (50 h) 660 Euro, Ausdünnung (70 h) 770 Euro, Unkrautbekämpfung (Mittelkosten von 170 Euro) 270 Euro
  • 3. Schnitt (100 h) 1 100 Euro, Ausdünnung (100 h) 1 000 Euro, Unkrautbekämpfung (mechanisch) 410 Euro

Beim Kostenvergleich zwischen Pflückzug und Erntemaschine (wie dem Pluc-O-Trac) zeigt sich, dass die Differenz stark von der Erntemenge abhängt. Werden bei 42 t/ha mit dem Pflückzug 120 kg/h geerntet, ergeben sich 4 000 Euro Kosten (Maschinenkosten und Arbeitslohn). Können mit der Erntemaschine dagegen 180 kg/h geerntet werden, liegen die Kosten bei 3 600 Euro. Bei 200 kg sind es 3 300 und bei 220 kg sind es 3 000 Euro. „Die festen Kosten fressen uns vor allem in schlechten Jahren auf“, so Margret Wicke.

Bei ihren Berechnungen kommt Margret Wicke bei Betriebstyp 2 mit 38 t vermarktungsfähiger Ware auf 24 000 Euro/ha jährliche Produktionskosten oder 0,68 Euro/kg. Bei 27 t vermarktungsfähiger Ware und attraktiven Sorten (höhere Pflanzkosten, kein Kulturschutz) sind es bei Typ 1 rund 19 000 Euro oder 0,75 Euro/kg. Mit den hochproduktiven Sorten und Kulturschutz kommt Betriebstyp 3 auf jährliche Kosten von 25 500 Euro/ha. Umgerechnet auf 1 kg ergeben sich 0,70 Euro/kg bei 30 t, 0,60 Euro/kg bei 35 t und 0,30 Euro/kg bei 60 t vermarktungsfähiger Ware. Im Schnitt über fünf Jahre gerechnet kommen die drei Betriebstypen auf Erträge von 35 bis 45 t vermarktungsfähiger Ware. Die 45 t können nur bei Typ 3 erwirtschaftet werden.

Die Kosten pro kg Äpfel sind abhängig von der Ertragsmenge, da sich bei höheren Erträgen die fixen Kosten auf mehr Äpfel verteilen. „Unter 60 Cent dürfen sie eigentlich gar nicht ernten“, ermahnte Wicke. „Mehr Technik lohnt sich nur bei größeren Betrieben, damit eine optimale Auslastung gegeben ist, oder in Kooperationen“, so Wickes Ausblick.

Marion Valenta – LW 23/2020