Der Bodenfruchtbarkeit auf der Spur

Untersuchungen haben viehschwache Öko-Marktfruchtbetriebe im Fokus

In Zusammenarbeit mit dem interdisziplinären Bodenfruchtbarkeitsprojekt „Steigerung der Wertschöpfung ökologisch angebauter Marktfrüchte durch Optimierung des Managements der Bodenfruchtbarkeit (bofru)“ führte das Beratungsteam ökologischer Landbau beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen auf dem Öko-Versuchsfeld in Alsfeld-Liederbach Mitte Juni einen Feldtag durch. In Vorträgen und an Feldstationen wurden praxisorientierte Demonstrationen und Anregungen zur Bodenfruchtbarkeit und Sortenwahl sowie zum Leguminosenanbau und der Beikrautregulierung gegeben.

Prof. Knut Schmidtke, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Dresden, erläutert die Funktion und Anwendung eines Messgerätes zur Lichttransmission in Getreidebeständen.

Foto: Hildebrandt

Rund 130 Teilnehmer aus Praxis, Beratung und Forschung nahmen am Feldtag teil, der auf Flächen des Demeterbetriebs Karl-Heinrich und Robert Kasper und den hier angesiedelten Versuchsparzellen des LLH durchgeführt wurde. Nach kurzer Begrüßung durch Betriebsleiter Karl-Heinrich Kasper und der Leiterin des LLH-Öko-Teams Dr. Ute Williges erläuterte Dr. Klaus-Peter Wilbois vom FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) als Koordinator des Bodenfruchtbarkeitsprojekts Aufgaben und Ziele des Vorhabens, das im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau durchgeführt und vom BMELV gefördert wird.

Bodenfruchtbarkeitsprojekt sucht Praxisempfehlungen

Im Kern widmen sich mehrere Arbeitsgruppen den zentralen Fragen zur Erhaltung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit durch Maßnahmen der Fruchtfolgegestaltung, des Leguminosenanbaus, der Sortenwahl, der organischen Düngung, dem weiten Feld der Schädlings- und Krankheitsprophylaxe und -bekämpfung sowie der Bestandesführung. Im Fokus der Untersuchungen stehen viehschwache Marktfruchtbaubetriebe mit Getreide- und Körnerleguminosen-Anbau. Alle Untersuchungen werden auf Praxisflächen durchgeführt. In die Auswertungen werden so auch die lokalen Standortbedingungen einbezogenen und berücksichtigt. Letztendlich sollen aus einer großen Menge verschiedener Parameter Praxisempfehlungen abgeleitet werden, in deren Mittelpunkt auch die Ökonomie der Maßnahmen steht. Dr. Wilbois erläuterte, dass das Projekt in sechs verschiedene Arbeitspakete unterteilt ist. Interdisziplinär und durch Erhebungen und Praxisversuche in unterschiedlichen Anbauregionen würden Teilaspekte zum Themenbereich Bodenfruchtbarkeit bei Getreide-Körnerleguminosen-Fruchtfolgen im ökologischen Anbau zusammengetragen und in einen Gesamtkontext gestellt, der sehr komplexe Auswertungen zulasse und damit zu sehr aussagekräftigen Ergebnissen führe. So seien insgesamt 32 Praxisbetriebe (deutschlandweit jeweils acht Betriebe in vier Regionen) beteiligt.

Ursachen der Leguminosenmüdigkeit sollen identifiziert werden

In die Analysen würden betriebsspezifische Nährstoffeinträge (Wirtschaftsdünger, Sekundärrohstoffe), die Optimierung mischfruchtbasierter Anbausysteme sowie landtechnische Verbesserungen und letztendlich Untersuchungen zur Boden- und Pflanzengesundheit einbezogen. Um Ursachen der Leguminosenmüdigkeit zu identifizieren, werde beispielsweise die Methode der Differentialdiagnose angewendet, wobei unterschiedliche Einflüsse der Sorteneigenschaften wie Habitus, Blühzeitpunkt, Blühfarbe und Bitterstoffgehalt, die Auswirkungen von Reinsaat und Gemengeanbau sowie enge und weite Anbaureihen, aber auch der Einfluss von Nährsubstraten und Komposten sowie Bearbeitungsmaßnahmen und Bodenverdichtungen und weitere Parameter auf die Pflanzengesundheit festgestellt und in ihren Wechselwirkungen dargestellt werden. Die Ergebnisse werden dem Wissenstransfer über Veröffentlichungen und Veranstaltungen (zwei bis drei Feldtage im Jahr) zugeführt. Auf der projekteigenen Internetseite www.bodennfruchtbarkeit.org wird zudem jeden Monat ein spezielles Thema zur Bodenfruchtbarkeit behandelt.

Dr. Ute Williges, Leiterin des LLH-Öko-Teams, und Betriebsleiter Karl-Heinrich Kasper.

Foto: Hildebrandt

Dr. Harald Schmidt vom SÖL (Stiftung Ökologie und Landbau), Dr. Jaques Fuchs (FiBL Schweiz) und Dr. Christian Bruns (Universität Kassel) gingen anschließend in Kurzvorträgen auf Teilbereiche des Projekts zu den Themen „Erste Ergebnisse aus bundesweiten Praxiserhebungen zum Ackerbohnenanbau“, „Differenzialdiagnose: Eine Methode zur Ursacheneingrenzung bei Bodenmüdigkeit“ und „Unkrautkontrolle mit Grünschnitthäckseln“ ein.

Unkrautunterdrückung durch Grünschnittkomposte möglich

Im Anschluss an den Vortragsteil des Feldtages konnten die Teilnehmer an Feldstationen einen Einblick in die Vorgehensweise bei der Analyse von Praxisschlägen durch Dr. Harald Schmidt vom SÖL (Stiftung Ökologie und Landbau) gewinnen und einer Demonstration eines Geräteprototypen der Uni Kassel zur Applikation von großen Mengen an Grünschnittkompost beiwohnen. Für das letztgenannte Beispiel zeichnet sich ab, dass zumindest zeitweise eine Unkrautunterdrückung durch Grünschnittkomposte möglich ist und den Kulturplanzen dadurch ein erheblicher Wachstums- und Entwicklungsvorsprung entstehen könnte. Möglicherweise hat die Grünkompostdüngung auch einen positiven Einfluss auf die Bekämpfung von Fußkrankheiten wie Phomabefall bei Erbsen. Dr. Christian Bruns, Universität Kassel, macht deutlich, dass Grüngutkompost allerdings kein Allheilmittel sei. Ohne saubere Fruchtfolge und gute Pflege der Bestände trete der Effekt nicht so stark zu Tage, dennoch sei eine sehr gute unterstützende Wirkung unverkennbar.

Weiterer Parameter zur Unkrautunterdrückungseignung

In den Landessortenversuchen des LLH hatten die Teilnehmer Gelegenheit die aktuellen Sortimente bei Getreide und Körnerleguminosen sowie verschiedene Anbauversuche mit unterschiedlichen Saatstärken zu begutachten (Näheres unter www.llh-hessen.de/landwirtschaft/oekologischer-landbau/pflanze.html). Geführt wurden die Teilnehmer von Dr. Sonja Biewer und Thomas Schindler aus dem LLH Ökoteam sowie Prof. Knut Schmidtke von der Hochschule für Technik und Wirtschaft, Dresden, der Ergebnisse aus einem Verbundvorhaben zur Ermittlung der Beschattungseigenschaften verschiedener Weizensorten vorstellte. Durch Feststellung der Lichttransmission mittels Fotozellen wird ein Sortenvergleich möglich, bei dem die Unterdrückung von Unkräutern durch Beschattung bewertet wird. Am Beispiel von 17 verschiedenen Weizensorten konnten mit dieser Technik erhebliche Unterschiede bei der Beschattung des Bodens durch die Pflanzen während der Bestockung, beim Schossen und beim Ende des Ährenschiebens festgestellt werden. In erster Linie ist hierfür die Stellung der Blätter verantwortlich (steile/horizontale Blatthaltung).
Für den Ökoanbau kann damit ein weiterer wichtiger Parameter in die Bundessortenliste aufgenommen werden, der eine Aussage zur Unkrautunterdrückungseignung der Sorten zulässt und im konventionellen Anbau (zunächst) keine Relevanz haben dürfte.

Prototyp einer Maschine zur gleichzeitigen Ausbringung von Grüngutkompost und Leguminosen der Uni Kassel. Größere Kompostmengen werden in Reihen abgelegt, das Leguminosensaatgut wird in den Kompoststreifen eingedrillt und Zustreicher ziehen anschließend einen leichten Damm.

Foto: Hildebrandt

Wichtige Züchtungsziele stellte Getreidezüchter Dr. Hartmut Spieß vom Dottenfelderhof vor. So würden derzeit große Anstrengungen unternommen, Resistenzen gegen den gefürchteten Weizensteinbrand zu erreichen. Bei der Qualitätsbeurteilung stehe das Backvolumen im Vordergrund. Hier zeige sich, dass im aktuellen Sortenangebot auch Weizen vertreten sei, der bei geringerem Klebergehalt große Backvolumen erzielen könne. Wobei sich für den ökologischen Weizenanbau trotzdem immer wieder die Frage nach einem guten Stickstoffangebot im Boden stelle.

Mischanbauversuch von Winterweizen und Wintererbse

Gerade viehschwache oder viehlose Betriebe, die Kleegras nicht selbst verwerten können und damit auf den Grobleguminosenanbau angewiesen sind, stoßen hier schnell an Grenzen. In diesem Zusammenhang könnte ein Mischanbau von Getreide und Leguminosen helfen. Erste Ergebnisse aus einem Mischanbauversuch von Winterweizen und Wintererbse als abtragende Frucht in der Fruchtfolge des Betriebs Kasper lassen hoffen, dass hierdurch neue Chancen im Qualitätsgetreideanbau eröffnet werden.
Bei normaler Saatstärke von Eliteweizen (400 Kö/m²) und der Einsaat von 5, 10 und 20 Wintererbsen/m² zeigten sich deutlich bessere Rohproteingehalte im Weizen (+ 1,5 Prozent) bei gleichen Weizenerträgen. Die Aussaatstärke der Erbsen wirkte sich in diesem Versuch nicht auf die Weizenerträge aus. Durch eine gute Saatreinigung können Weizen und Erbsen ohne Probleme nach dem Drusch getrennt werden.
In der abschließenden Diskussion wurde der in diesem Jahr schwache Stand der Ackerbohnen thematisiert. Als Ursache wurden die fehlende Wasserversorgung in den vergangenen Monaten ausgemacht, wobei Bestände mit tieferer Aussaat von 7 bis 8 cm offenbar in ihrer Entwicklung einen Wachstumsvorsprung zeigen. Gerade für trockenere Jahre hat eine konsequente Saatgutablage größer 7 cm Vorteile. Zur Aussaat sollte daher eine Technik verwendet werden, die entsprechende Saattiefen garantieren kann. Aus diesem Grund sollten generell Maisdrillgeräte Verwendung finden. Dr. Ernst-August Hildebrandt, LLH