Mit Bürgerinitiativen rechnen

Die Idee hört sich gut an: Ein Landwirt lädt die Bürgerinitiative, die sich gegen den Bau der von ihm geplanten Hähnchenmastanlage richtet, auf einen Betrieb ein, der eine ebensolche bereits seit längerer Zeit bewirtschaftet. Der Landwirt sorgt für Referenten, die das Projekt ge-plant haben und über etwaige Emissionen und Auswirkungen auf das Dorf Auskunft geben können. Besorgte Bürger können sich vor Ort ein Bild über tatsächliche und vermeintliche Belastungen machen, Fragen stellen und diskutieren. Einen Ge­winn an Informationen und Eindrücken gibt es immer. Doch leider wird selbst ein solches Angebot wie vergangene Woche im mittelhessischen Hungen nicht wahrgenommen. Die Bürgerinitiative könne keine neuen Erkenntnisse gewinnen, sagt sie fadenscheinig. Das ist nicht nur schlechter Stil, sondern legt auch die Vermutung nahe, der Diskussion aus dem Weg gehen zu wollen, und dass zumindest ein Großteil der Baugegner nur nicht gestört werden will. Für diese Vermutung spricht auch, dass der Landwirt selbst nie von seinen Dorfnachbarn zu seinen Plänen gefragt wurde.

Immer mehr landwirtschaftliche Bauvorhaben haben die Gründung einer Bürgerinitiative zur Folge. Darauf müssen sich die Landwirte zusammen mit den Planern leider einstellen. Es scheint ratsam, gleich zu Beginn auch Konzepte und Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit einzuplanen. Eine Informationsoffensive wie in dem besagten Fall ist richtig, um sich keinen Vorwurf der Geheimniskrämerei auszusetzen. Wichtig ist auch die Solidarität der Berufskollegen, die den einzelnen, der unter großem Druck steht, stärkt. Dass es strenge Regeln und Verfahrensabläufe für den Bau von Tierhaltungsanlagen gibt, die von Fachleuten vorbereitet und von gewählten Politikern verabschiedet wurden, mag Gegner kaum beeindrucken, muss aber entscheidend bleiben.

Cornelius Mohr