Zum Dauerbrenner geworden

Erster landwirtschaftlicher Brennmeister in Hessen

Holger Höhler aus Aarbergen im Rheingau-Taunus-Kreis ist Hessens erster Brennmeister im landwirtschaftlichen Bereich. Der neue Meisterzweig unter den 14 landwirtschaftlichen Berufen ist auf seine Initiative gemeinsam mit Kollegen während der Ausbildung zum Brenner in der Fachschule für Landwirtschaft in Offenburg in Baden-Württemberg entstanden. Für die nächste Meisterprüfung im Jahr 2011/12 können sich Interessierte noch bis zum 23. Juli beim Regierungspräsidium Freiburg anmelden.

Das Bild zeigt die „Top Ten“ der badischen Prämierung, welches die weltgrößte Edelbranntprämierung ist. Holger Höhler (rechts) ist erfolgreichster Teilnehmer der neuen Brennmeister.

Foto: Badischer Kleinbrennereiverband

„Mittlerweile brenne ich fast alles, was auf unseren Hängen im Taunus wächst und sich destillieren lässt“, so Höhler zu seinem Traumberuf. Außer Getreide und Kar­toffeln zählt jetzt auch manch herrliche Obstsorte zum umfang­reichen Sortiment seiner feinen Brennspezialitäten. Inzwischen hat Höhler einen eigenen sich gut vermarktenden Fla­schen­geist in den Handel gebracht: den Whesskey, einen Whisky mit einer Geschmacksno­te speziell aus Hessen. Der Erfolg in der Edel­brannt­­­herstellung wurde dem ge­lernten Land­wirt aber nicht in die Wiege gelegt. So hat Höhler den Beruf des Landwirtes über viele Jahre im Neben­erwerb ausgeführt und entschloss sich vor zehn Jahren, die Klein­bren­nerei im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb nicht verrosten zu lasten, sondern auszubauen. Dazu wurde die alte Brennlage aus dem Jahr 1917 durch eine neue ersetzt und fortan in dem neuen Betriebs­zweig sukzessive investiert.

Spät, aber geschafft – Schritt in den Haupterwerb

Seit diesem Sommer kann der inzwischen 56-jährige Landwirt aus dem Taunus und nun auch Brenn­­meister von sich sagen, sei­nen Betrieb im Haupt­erwerb führen zu können. Einen solchen Schritt zu wagen, bedeutet neben außerordentlich gro­ßem Engagement und Innovationssinn auch, ein ausgeprägtes Geschäfts­talent mitzubringen. Gerade das Vermarkten von regi­o­nalen Spe­zialitä­ten ist eine große Herausforderung für die Betriebe. Denn dazu muss zuallererst ein Kunden­kreis gewonnen und ausgebaut werden. Zumal sich regionale Erzeugnisse im Hoch­preis­sor­ti­ment ansiedeln müssen, da es sich schließlich nicht um Massen­produkte handelt.

Um eine freie Rohstoffwahl be­treiben zu können, ist es zudem nötig, aus dem Branntwein-Monopol auszuscheiden, wie Höhler erläutert.

Viel Fachwissen und Geschäftssinn ist nötig

Destillieren, Kondensieren und Reife sind die wesentlichen Schritte bei der Herstellung eines guten Tropfens. Höhler hat schon so einiges neu entdeckt, was im Taunus gedeiht und später als Brand oder Geist in der Flasche so richtig zur Höchstform auflaufen soll: Beispielsweise die Blü­ten und Beeren des „Wolli­gen Schneeballs“, eines Strauches. Da es aber über das Brennen sol­cher Früchte kaum Literatur gibt, muss­te Höhler es ausprobie­ren. Auch war zunächst nicht bekannt, ob Gifte im Destillat entstehen. Deshalb lässt er seine neuen Produkte zunächst toxikologisch vom Chemiker untersuchen.

Weg zum landwirtschaftlichen Brennmeister

Die Qualifikation zum landwirt­schaftlichen Brennmeister findet großen Zuspruch, wie sich abzeich­net. Sie kann auch ein Sprung­brett sein, um sich als selbst­­stän­diger Brenner der großen Kon­­kurrenz auf dem Markt zu stel­len. Bislang gab es bei den Brennern keine Meisterprüfungsverordnung auf Bundes­ebene – wie bei den anderen land­wirtschaftlichen Berufen.

Vor vier Jahren traf man sich deshalb, um eine Arbeitsgruppe zu bilden mit dem Ausbildungsziel „Brennmeisterin/Brennmeister im landwirtschaftlichen Be­reich“, beschreibt Holger Höh­ler den Weg zum landwirtschaflichen Brennmeister. Dazu wurde unter Federführung des Regierungspräsidiums Freiburg eine entsprechende Verordnung entworfen. Wobei die Verordnung für die Meisterprüfung im Beruf Winzer als Vorlage diente, so Höhler. Zunächst sollte die Verord­nung nur für das Land Baden-Württemberg Gültigkeit haben. Doch schon bald stellte man fest, dass das Bundeslandwirt­schaftsministerium in Berlin interessiert war und es das Verfah­ren formal an sich zog. Schließlich wurde vor zwei Jahren im Sommer der Inhalt und die Organisation der Meisterprüfung beschlossen.

Länderübergreifende Zusammenarbeit

Es zeigte sich, dass die baden-württembergischen Landwirtschaftsverwaltungen und die Bren­nereiverbände aus Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz die­se neue Qualifikation unterstützen. Auch wollen sich diese Bundesländer an den Lehr­gängen und an der Meisterprüfung betei­ligen. Die Geschäftsführung für die gemeinsame Meisterprüfung im Beruf Brenner (landwirtschaft­licher Bereich) sollte weiterhin beim Regierungspräsidium Freiburg angesiedelt sein. Schließlich fehlte „nur“ noch die Unterschrift aus dem Bundes­landwirt­schaftsministerium unter der dort seit zwei Jahren liegenden Meisterprüfungsverordnung.

Näheres über Anforderungen für die Meisterprüfung

Aus dem ersten Meisterjahrgang haben kürzlich fünf Frauen und 21 Männer die Meisterprüfung im Beruf landwirtschaft­liche(r) Brenner/in bestanden. Holger Höhler ist erster Teilneh­mer aus Hessen am Meisterkurs. Bei der feierlichen Überreichung der Urkunden in Offenburg skizzierte er als Klassensprecher diesen Ausbildungszweig.

Für die nächste Meisterprüfung im Jahr 2011/12 können sich Interessierte noch bis zum 23. Juli beim Regierungspräsidium Freiburg unter der Rufnummer 0761/2081270 anmelden. Näheres über die Verord­nung und über die Anforderun­gen zur Meisterprüfung für den Beruf Brenner/Brennerin im land­wirt­schaftli­chen Bereich gibt es auch im Informationsdienst der Landwirtschaftsverwaltung des Lan­des Baden-Würt­temberg im Internet unter www.landwirtschaft-bw.de. Man findet dies dort unter der Rubrik Landwirtschaft/Bildung und Beratung / Meister. Moe