Die Drohnentechnologie wird in der Landwirtschaft Fuß fassen

Was können die kleinen Flieger heute schon?

Neben der Bekämpfung des Maiszünslers gibt es zahlreiche weitere Anwendungen für den Einsatz von Multicoptern. Hierzu befragte das LW Dr. Jörg Ruppe, Geschäftsführer der RUCON Engineering, Großschwabhausen bei Jena. Das Unternehmen ist Dienstleister im Bereich der zivilen Nutzung der Drohnentechnologie für die Land-, Forst- und Energiewirtschaft, den Umwelt- und Naturschutz sowie für Infrastruktur und Logistik.

LW: Welche rechtlichen Voraussetzungen gibt es zum Einsatz von Drohnen mit verschiedenen Geräten, beziehungsweise gibt es Beschrän­kungen, die zu beachten sind?
Dr. Jörg Ruppe:
Um Drohnen (UAV, Unmanned Aerial Vehicles) im zivilen Bereich kommerziell zu betreiben, ist eine Allgemeine Aufstiegserlaubnis für das Bundesland einzuholen. Gesetzliche Grundlagen sind das Luftverkehrsgesetz und die Luftverkehrsordnung.
Wesentliche Bestimmungen hieraus sind:

  • Gesamtgewicht Flugsystem max. 5 kg (Traglast max. 2 kg).
  • ausschließlich Elektroantrieb (Akkumulatoren).
  • nur Sichtflug, d.h. der Bediener muss das Gerät jederzeit sehen und per Hand steuern können.
  • Flughöhe maximal 100 m.
  • steuerbar per Fernbedienung und / oder GPS (halbautonomer Flug ist möglich).
  • Befliegung ausschließlich von Flächen, deren Eigentümer / Nutzer dies ausdrücklich genehmigt hat.
  • Fliegen über z.B. militärischem Gebiet, Justizvollzugsanstalten, Menschenansamm­lungen oder in Flughafennähe ist nicht gestattet.
  • Der Nachweis einer speziellen UAV-Haftpflichtversicherung ist erforderlich.
  • Exakte Benennung des verwendeten Fluggeräts.
  • Steuerer sind namentlich zu benennen.

LW: Welche Qualifikationen muss ein Anwender mitbringen? Sehen Sie die Anwendung eher bei Dienstleistern oder beim Landwirt selbst, der seine eigenen Drohnen zum Einsatz bringt?
Ruppe:
Das hängt wesentlich von den Zielen des Landwirts ab; will er nur Aufsteigen, um einen Überblick zu haben, oder will er anhand eines Orthofotos georeferenzierte Handlungen vornehmen. Dies wiederum bedingt die Anforderung an die Qualifikation des Anwenders. Für den ersten Fall reichen neben oben genannten Anforderungen GIS-Grundkenntnisse und eine gute Feinmotorik aus, um einfache Fotos zu machen. Für komplexere Fragestellungen sind detaillierte Kenntnisse zu GIS, Bildauswertung, Elektronik und so weiter erforderlich.

Dr. Jörg Ruppe.

Foto: privat

Dabei kann ein Landwirt selbstverständlich auf Dienstleister wie Lohnunternehmen oder Agroservicebetriebe zurückgreifen, die sich zunächst mit der Materie beschäftigen und dann als Multiplikatoren wirken. Wenn zukünftig noch weitere Anwendungen für Landwirte interessant, die Technik und die Gesetzeslage anwenderfreundlicher werden, könnten UAV-Systems in der breiten Landwirtschaft Einzug halten.

LW: Wie funktioniert der Datenaustausch zwischen Drohne und anderen landwirtschaftlichen Geräten wie etwa dem Düngerstreuer oder dem Mähdrescher; gibt es hier Probleme?
Ruppe:
Der Austausch von Daten erfolgt über festgelegte Funkfrequenzen, so dass z.B. ein Videostream zwischen der Drohne und dem Steuerer möglich ist. Dieser Stream ist aber niedrigauflösend, da für die Übertragung hochauflösender Bilder mehr Rechentechnik (Gewichtsbegrenzung) und mehr Energie (Akkus) notwendig wäre.
Die Daten, die ein UAV ermittelt, sind in der Regel nicht direkt für Arbeitsgeräte nutzbar. Sie müssen erst eine Bildbearbeitung und Fachalgorithmen durchlaufen, bevor etwa eine Streukarte entsteht. Dies geschieht heute noch fast ausschließlich im Büro. Zukünftig könnte das zwar in einer leistungsfähigen Bodenstation ablaufen, damit würden aber auch die Kosten für dieses Systemelement erheblich steigen.

LW: Welche Leistungen werden derzeit der landwirtschaftlichen Praxis angeboten und was wird künftig möglich sein?
Ruppe:
Bereits heute werden der Landwirtschaft auch von uns folgende Leistungen angeboten:

  • Erstellen hochauflösender Orthofotos als Grundlage für das Erstellen aktueller Vegetationskarten. Diese wiede-rum können zur Unterstützung der Bestandesführung (z.B. Düngung, Pflanzenschutz, Druschzeitpunkt) herangezogen werden.
  • 2- und 3-dimensionale Bildauswertungen als Grundlage für Probenahmeraster zur Erosionsvermeidung.
  • Darstellung von abiotischen und biotischen Schäden, die sich in Luftbildern abbilden lassen (Hagel-, Sturm-, Erosion-, Wild- und Mäuseschäden).
  • Einsatz von Thermal-Infrarot-Kameras zum Auffinden von Tieren in Pflanzenbeständen (z.B. Rehkitze vor der Mahd, Schwarzwild im Mais, entlaufene Nutztiere); aber auch zum Auffinden von Leckagen in Biogasanlagen oder von defekten Solarmodulen.

Die Beispiele ließen sich weiter fortführen. In Zukunft wird der Drohneneinsatz in der Land­wirtschaft mehr und mehr autonom und anwenderfreundlich werden, und UAV werden neben den Erkundungsleistungen auch aktiv eingesetzt werden. Ein Beispiel hierfür ist das Ausbringen von Trichogramma-Kugeln zur biologischen Maiszünsler-Bekämpfung. Die Geschwindigkeit der Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten wird wesentlich durch die sich entwickelnde Gesetzgebung beeinflusst.

LW: Für welche Betriebe und in welchen Bereichen (Düngung, Pflanzenschutz, Dokumentation, …) ist der Einsatz von Drohnen aktuell am ehesten wirtschaftlich?
Ruppe:
Derzeit nutzen vor allem Universitäten und wissenschaftliche Institute vielfältig Drohnen für die Grundlagenforschung sowie zur Weiterentwicklung von Komponenten (z.B. Sensoren) und deren Einsatzmöglichkeiten.
Nach meiner Einschätzung werden Behörden (für Kon-trollaufgaben) und landwirtschaftliche Dienstleistungsunternehmen (als Multiplikatoren für die Landwirtschaft) die nächsten Nutzergruppen darstellen. Wenn ausreichend nutzbare Anwendungen für den Landwirt kostengünstig und anwenderfreundlich zur Verfügung stehen und die Gesetzgebung es zulässt, wird die Drohnentechnologie umfassend in der Landwirtschaft Fuß fassen.

Die Fragen stellte Karsten Becker – LW 17/2015