Der erste Schnitt wird nicht erst im Frühjahr gedüngt

Ganzheitliche Nährstoffversorgung im Dauergrünland

Es ist so weit, die Grünlandflächen werden wieder grün, und wer genau hinsieht stellt fest, die Gräser schieben bereits den ersten Aufwuchs. An Gülleausbringung ist allerdings auf vielen Flächen noch nicht zu denken. Die Niederschläge im Winter 2023/2024 liegen gut 30 Prozent über dem langjährigen Mittel und auf einzelnen Standorten noch deutlich darüber. Wassergesättigter Boden, soweit das Auge reicht. Katharina Weihrauch, Grünland- und Futterberaterin des Bioland e.V., klärt auf, wie die Nährstoffversorgung im Dauergrünland witterungsunabhängiger gestaltet werden kann.

Viele Bestände sind zurzeit für jede Maßnahme zu nass.

Foto: Weihrauch

Mit dem ersten Schnitt wird sowohl mengenmäßig als auch qualitativ der wesentlichste Teil des Grundfutters eingefahren. Umso wichtiger ist eine optimale Nährstoffversorgung der Bestände zu Vegetationsbeginn. In der Praxis erfolgt die Düngung jedoch häufig erst dann, wenn die Vegetation bereits im vollen Gange ist. Damit wird sowohl Trockenmasse- als auch Protein-Ertrag verschenkt.

Witterungsextreme treten deutlich häufiger auf

Die vergangenen zehn Jahre zeigen, dass Witterungsextreme deutlich häufiger auftreten. Nicht selten wechselten sich überdurchschnittliche Nässe und extreme Trockenheit ab. Auf mehreren Standorten wurden weniger als 5 mm Niederschlag im gesamten April dokumentiert. Unter diesen Bedingungen helfen auch synthetische Dünger nicht kurzfristig weiter, denn auch sie benötigen Mindestniederschlagsmengen, um in den Boden eingewaschen und von der Pflanze aufgenommen werden zu können.

Daher sollte vermehrt das Augenmerk auf Maßnahmen gelegt werden, welche die Toleranz der Böden gegenüber extremen Wetterlagen verbessern und eine kontinuierliche Nährstoffnachlieferung gewährleisten. Es braucht eine stabile lockere Bodenstruktur ohne Verdichtungen, die Niederschlagswasser gut aufnehmen kann und dennoch tragfähig bleibt.

Hierfür ist ein ausgeglichener Boden-pH unerlässlich. Stabile Ton-Humus-Komplexe setzen ein gesundes Bodenleben voraus, das ausreichend mit organischer Substanz versorgt sein muss. Eine dichte und tragfähige Narbe wird von stabilen Untergräsern wie dem Deutschen Weidelgras und der Wiesenrispe gebildet sowie von den Ausläufern des Weißklees durchzogen. Letzterer erfordert eine ausgeglichene P- und K-Versorgung sowie ein angepasstes Nutzungsregime.

Die genannten Aspekte können nicht durch einmalig Maßnahmen im Frühjahr umgesetzt werden. Vielmehr sind sie ganzjährig im Grünlandmanagement zu beachten, um optimale Ergebnisse im Futterjahr zu erzielen.

Sinnvolle und unsinnige Frühjahrsmaßnahmen 2024

Anders als im Ackerbau, bei welchem kurzfristig zwischen den Kulturen gewechselt werden kann, bedeutet die Bewirtschaftung einer Dauerkultur vor allem eines: dauernd Arbeit. Die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt erfordert eine konsequente Prioritätensetzung, auch wenn die Motivation im Futterjahr zugegeben noch besonders hoch ist. Für das Frühjahr 2024 können folgende Empfehlungen formuliert werden.

Gülleseparation: Da die Lagerkapazitäten nach den andauernden Niederschlägen in einigen Betrieben erschöpft sind, sollte die Option der Gülleseparation geprüft werden. Durch das Herauspressen der festen Bestandteile kann das notwendige Lagervolumen um etwa 10 Prozent reduziert werden. Die Flüssigphase sollte auf ≥5 Prozent Trockensubstanz abgepresst werden, um auch bei Frühjahrstrockenheit optimal genutzt werden zu können. Dieser Flüssigdünger sickert nämlich leicht in den Boden ein und wird auch bei trockenen Bodenverhältnissen gut von der Pflanze aufgenommen.

Mittels Schleppschuhverteilern lässt sich das flüssige Substrat hygienisch auch in höheren Futterbestände ausbringen. Je abgetrockneter der Standort und sonniger die Wetterlage ist, umso mehr empfiehlt sich die Ausbringung in den Abendstunden. Die höhere Luftfeuchtigkeit hemmt das schnelle Eintrocknen der Güllebänder und Stickstoffverluste werden minimiert.

Hat der Betrieb keine eigenen Lagerstätten und ist die Kooperation mit einer Biogasanlage möglich, kann die feste Phase hier sehr gut zum Einsatz kommen. Während 1 m³ rohe Rindergülle etwa 25 m³ Gasertrag liefert, ist je Tonne Festphase ein Gasertrag von 120 m³ realistisch. Dieser Umstand erhöht die Transportwürdigkeit des Materials.

Nährstoffversorgung: Zunächst sollte die Ausbringtechnik geprüft werden. Nicht selten werden technische Mängel erst dann festgestellt, wenn eine Ausbringung bereits möglich wäre. Dabei kann es sich gerade im Frühjahr um kurze Zeitfenster handeln. Schade, wenn der Regen wieder eingesetzt hat, bevor die notwendigen Reparaturen abgeschlossen sind. Mit der Gülleausbringung sollte so früh wie möglich, zunächst auf den flachgründigen Standorten, begonnen werden.

Außerdem sollten anhand von Bodenproben die pH-Werte überprüft werden. Eine Erhaltungskalkung (etwa 3 t alle vier Jahre) ist bis zu einer Aufwuchshöhe von etwa 15 cm möglich. Zu bevorzugen sind kohlensaure Kalke. Aufgrund ihrer geringeren Reaktivität sind bei folgender Gülleausbringung keine Stickstoffverluste zu befürchten. Ganz im Gegenteil: ausgeglichene pH-Werte sind die Voraussetzung für eine effiziente Stickstoffverwertung. Bei pH-Werten unter 5 sind nur noch etwa 30 Prozent des Stickstoffs pflanzenverfügbar. 70 Prozent des Stickstoffs können durch die Pflanze nicht ertragsbildend verwertet werden. Durch anschließendes Schleppen rieselt der Kalk in den Bestand ein. Bei der Ernte des ersten Aufwuchses ist dann auf eine ausreichende Arbeitshöhe zu achten.

Reinigungsschnitt: Einige Bestände sind zu hoch in den Winter gegangen. Schneeschimmel und verstärkter Mäusebefall sind die Folge. Hier sollte genau abgewogen werden, ob ein Pflegeschnitt im Frühjahr notwendig ist. In jedem Fall wird er sich negativ auf den Ertrag des ersten Schnittes auswirken, im besten Fall verbessert er dessen Qualität. Je mehr Futterreserven im Betrieb vorhanden sind und je größer die zu befürchtenden qualitativen Einbußen sind (zum Beispiel Rohascheanteil), umso eher ist ein Pflegeschnitt sinnvoll. Auf den meisten Praxisflächen reicht ein ausgiebiges Schleppen oder Striegeln, um abgestorbene Pflanzenteile aus dem Bestand zu kämmen, die Belüftung zu verbessern und die Bestockung anzuregen.

Schleppen und Striegeln: Das Schleppen und Striegeln dient vor allem der Reduktion von Rohaschegehalten. Ergo ist es vor allem auf Flächen mit Wildschaden oder verstärkter Maulwurfaktivität zu empfehlen. Auf das Abschleppen kann verzichtet werden, wenn keine offenen Bodenstellen sichtbar sind, die Aufwüchse kurz in den Winter gegangen oder durch eine Schafbeweidung bereits eingekürzt und belüftet wurden.

Nachsaat: Grünlandpflanzen können als Winterung verstanden werden. Eine Frühjahrsnachsaat muss also mit der Aussaat von Wintergetreide im März beziehungsweise April verglichen werden. Prinzipiell ist das nicht sinnvoll, es sei denn, es gilt offen Boden zu bedecken, wie er zum Beispiel nach Winterweide oder Wildschäden vorliegen kann. Dann ist im Frühjahr die Direktsaat gegenüber der Striegel-Breitsaat zu bevorzugen und ein ausreichendes Anwalzen zu empfehlen, um Bodenschluss zu gewährleisten sowie späteres vertrocknen zu verhindern. Ist dies nicht der Fall, kann das Saatgut zwar schon im Frühjahr eingekauft werden, wenn noch ausreichend empfohlene Sorten verfügbar sind, die Nachsaat sollte aber erst ab August anvisiert werden.

Tipp: Die Etablierung von Rotklee erhöht die Nutzungselastizität im Dauergrünland. Somit können trotz (zu) später Düngung beziehungsweise verzögertem Erntetermin gute Proteinerträge erzielt werden. Außerdem liefert Rotklee auch in Trockenphasen noch annehmbare Futtererträge.

 – LW 10/2024