Den Erzeuger stärken – aber wie?

Über die zentralen Forderungen der Milcherzeuger, nämlich nach Instrumenten, um das Angebot besser an die Nachfrage anpassen zu können, und nach einer stärkeren Stellung innerhalb der Wertschöpfungskette, wird landauf, landab auf Versammlungen diskutiert, vergangene Woche auch auf dem Milchforum beim Deutschen Bauerntag. Es zeigt sich dabei, wie eng der Spielraum ist: An der Marktmacht des Lebensmittel­einzelhandels werden die Politik und das Kartellamt nicht die Hand anlegen. Das wurde auch in den Ausführungen von Kartellamtspräsident Andreas Mundt deutlich. Eine Mengenabsprache unter den Erzeugergemeinschaften und Genossenschaften, wie sie jetzt befristet möglich ist, dürfte kaum Wirkung haben. Denn die Milch, die der eine nicht erzeugt, wird von dem anderen im EU-Ausland oder in Übersee gerne produziert. Wie jetzt gemeldet wurde, gibt es bislang keine Interessenten, die von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen. Einem Kontor zur gemeinsamen Vermarktung von Milchstandardprodukten sind außerdem enge kartellrechtliche Grenzen gesetzt. Konkurrierende Molkereien könnten diesen gemeinsamen Verkauf zudem leicht unterlaufen.

Der Milcherzeuger, der auf dem Markt Einzelkämpfer ist, macht das, was für seinen Betrieb richtig ist, und produziert, solange die variablen Kosten gedeckt sind. Gerade diejenigen, die investiert und hohe Darlehenstilgungen zu leisten haben, können gar nicht anders. Eine Mengenreduzierung unter den genossenschaftlichen Erzeugern ist deshalb nicht unbedingt mehrheitsfähig.

Die Aufforderung von Wissenschaftlern und Politikern, dass die Branche jetzt aus der Krise lernen müsse, ist daher relativ einfach gesagt. Was die Erzeuger derzeit leidvoll erfahren, ist, dass eine Preiskrise sehr lange dauern kann. Was sie spätestens jetzt gelernt haben, ist, dass auf langfristige Liquiditätsplanung das größte Augenmerk gelegt werden muss. Hierbei wären auch Preisabsicherungsmöglichkeiten über die Molkerei oder über eine Warenterminbörse hilfreich. Das Bekenntnis von Schmidt, Hogan und Mundt, dass die Stellung der Erzeuger gestärkt werden muss, ist schön, konkrete Perspektiven fehlen aber.

Cornelius Mohr – LW 27/2016