Die Erzeugung von Spargel wird immer teurer
Saisoneröffnung: gute Verfügbarkeit von Erntehelfern
Die Spargelsaison in Hessen hat vergangene Woche offiziell begonnen, wenn auch die ersten Stangen schon zu Ostern verkauft wurden. Die Folien, unter denen das Edelgemüse wächst, macht die frühe Ernte möglich und hat darüber hinaus viele Vorteile, wie der Vorsitzende des Arbeitskreises Spargel Südhessen, Rolf Meinhardt, am vergangenen Donnerstag beim Pressetermin der Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen auf dem Betrieb der Familie Schüttler in Bickenbach (S. 40) erläuterte. Unterdessen sind die Betriebe gut mit Erntehelfern beziehungsweise Saisonarbeitskräften versorgt. Die Arbeitskosten steigen aber weiter durch die Erhöhung des Mindestlohns und die Vorkehrungen gegen eine Corona-Ansteckung.

Stewardessen, Tanzlehrer und Opernsänger
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als die Grenzen Deutschlands zum Teil geschlossen waren, ist die Verfügbarkeit an Arbeitskräften gut. Er habe damals für 55 000 Euro ein Flugzeug gechartert, um 160 Leute einzufliegen, erzählte Meinhardt. Durch die Pandemie und die dadurch bedingte Beschäftigungslosigkeit hätten ganz neue Arbeitskräfte zur Verfügung gestanden. So habe er beispielsweise Stewardessen, Tangotanzlehrer und Opernsänger als Verkaufspersonal eingestellt. Auch in diesem Jahr stehen Arbeitskräfte aus der Gastronomie und dem Tourismus zur Verfügung. Viele Rumänen arbeiten sonst in Österreich in den Hotels. Durch den Brexit fällt auch Großbritannien als attraktive Alternative für osteuropäische Arbeitskräfte weg, weil die Arbeitsvisa schwieriger zu bekommen sind, so der Landwirt. Die voraussichtliche befristete Verlängerung der sozialversicherungsfreien Zeit auf 102 Tage begrüßt der Vorsitzende. „Das ist eine sehr gute Lösung“ und passe zur Spargelzeit, die länger als die 70 Tage dauere, die grundsätzlich weiter gelten.
Im vergangenen Jahr haben deutschlandweit etwa 30 Prozent Arbeitskräfte gefehlt, berichtete Meinhardt weiter. Rund 30 Prozent des Spargels konnten nicht geerntet werden, was zum Teil auch am fehlenden Absatz insbesondere in der Gastronomie lag. Die nicht beernteten Spargelfelder profitieren in diesem Jahr von kräftigeren Stangen. Bis dato rechnet Meinhardt mit einer guten Ernte. Vergangene Woche lag die Bodentemperatur trotzt der Kälte in einer Bodentiefe von 40 Zentimetern immer noch bei 12 Grad. Ideal sind etwa 17 Grad. Der Landwirt erinnerte daran, dass es früher den ersten Spargel um den 1. Mai herum gab und 3 Tonnen ein guter Ertrag waren. Heute hat sich der Ertrag auf 7 Tonnen pro Hektar gesteigert, was an den besseren Sorten, an der Bewässerung und vor allem an den Folien liege.
Die Folien bieten viele Vorteile
Deren Einsatz lobte der Vorsitzende. „Ohne Folie können wir nicht wirtschaften.“ Sie sorge nicht nur dafür, dass die Wärme im Boden bleibe und der Spargel schneller und gleichmäßiger wachse, was ihm zu einer besseren Qualität verhelfe. Die Folien verhinderten auch den Unkrautwuchs und die Winderosion, gerade bei Sandböden. Nach mehrfacher Nutzung – bis zu acht Jahren – werde sie fachgerecht entsorgt, betonte Meinhardt. Die südhessischen Erzeuger lieferten die Folien an eine zentrale Stelle, wo sie dann von einem Unternehmen abgeholt würden. Vergangenes Jahr wurden dabei 200 Tonnen gesammelt.
Steigende Arbeitskosten
Zu Ostern lag der Preis der Stangen in der ersten Klasse bei 17 bis 18 Euro pro Kilogramm. Ausländische Konkurrenz wie die aus Peru gebe es immer, aber die Menschen griffen in der Saison doch zu heimischer, regionaler Ware, sagte Meinhardt. Dabei werde der Anbau immer teurer, gerade weil es so ein arbeitsintensives Gemüse sei. Pro Hektar sind bei der Ernte 1 500 Arbeitskraftstunden pro Hektar nötig. Bei dem jetzt wiederum erhöhten Mindestlohn seit Anfang des Jahres um 15 Cent auf 9,50 Euro beziehungsweise ab Juli nochmals um 10 Cent auf dann 9,60 Euro kämen da 225 Euro beziehungsweise später zusätzliche 375 Euro pro Hektar an Lohnkosten hinzu.
Außerdem sei die Unterbringung aufgrund der Pandemie viel aufwendiger. In einen Wohncontainer dürften heute nur noch zwei Personen untergebracht werden. Meinhardt hat allein 250 000 Euro in Container investiert. Und die Corona-Schnelltests kosten 15 Euro pro Test, das sei mal hundert zu rechnen entsprechend der Anzahl seiner Arbeitskräfte, so Meinhardt. Zudem werden die Saisonarbeitskräfte Krankenversichert. Das koste ihn 50 bis 60 Cent pro Tag und Mitarbeiter. Unterdessen geht der SpargelÂanbau leicht zurück, wie Meinhardt berichtete. Viele Betriebsleiter seien über 60 Jahre, und gerade für kleinere Betriebe sei der Aufwand, der in der Pandemie nochmals enorm gewachsen sei, zu groß. Nach Angaben der MGH wurde im Jahr 2020 in Hessen die geringste Ernte seit 2014 verzeichnet. Mit 8 523 Tonnen lag die Erntemenge um rund 1 260 Tonnen niedriger als im Vorjahr. Dies sei nicht nur auf die fehlenden Erntehelfer zurückzuführen. Auch die Anbaufläche ging laut MGH von 2 070 Hektar auf 1 927 Hektar zurück.
CM – LW 15/