Die Erzeugung wird um 10 Prozent ausgeweitet

Zuckerrübenanbauer setzen voll auf den Wettbewerb

Die Jahreshauptversammlung der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer stand ganz im Zeichen der ab 2017 geltenden neuen Zuckermarktordnung. Diese setzt verstärkt auf den Wettbewerb und wird zum Ausscheiden weniger effizienter Standorte führen, hieß es auf der Versammlung in Worms.

Verbands-Vorsitzender Walter Manz: „Wir haben die notwendigen Anpassungen vorgenommen.“

Foto: Becker

Der Verbands-Vorsitzende Walter Manz aus Dexheim stimmte die Erzeuger in seiner Begrüßung auf eine schwierige Umstellungsphase ein, in die man aber gut vorbereitet gehe. „Wir haben die notwendigen Anpassungen bereits vorgenommen und auch in vielen Informationsveranstaltungen kommuniziert; jetzt kommt die Umsetzung in die Praxis“, so Manz. Er sehe dem aber gelassen entgegen, denn die Erzeuger des Verbandes seien seit jeher flexibel und entscheidungsfreudig, was auch die Ausweitung des Anbaus um 10 Prozent belege. „Sie haben die Kontrakte bereits vorliegen, denn die neue Marktordnung erfodert unter anderem auch einen früheren Vertragsabschluss. Wir stehen also schon mit einem Bein in der Vermarktung unter den neuen Rahmenbedingungen von 2017.“

Produktiver, effektiver und umweltfreundlicher

Manz betonte: „Wir sind produktiver, effektiver und umweltfreundlicher geworden. In den vergangenen 20 Jahren ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um drei Viertel gesunken, die Stickstoff-Düngung halbiert worden, und dennoch konnte der Ertrag um 50 Prozent gesteigert werden. Die Zuckerrübe hinterlässt nur wenig N im Boden und ist damit ein umweltverträgliches Fruchtfolgeglied.“ All das müsse in der Öffentlichkeit so kommuniziert werden, denn auch die öffentliche Wahrnehmung der heimischen Zuckererzeugung müsse verbessert werden. Pflanzenschutzmittel hätten zu Unrecht einen schlechten Ruf in der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Nachhaltigkeitstage in Dalheim, die am 9. und 10. September vom Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer gemeinsam mit der Südzucker AG und dem landwirtschaftlichen Betrieb Berges rund um den heimischen Zuckerrübenanbau veranstaltet werden.

Helmut Caspary, Leiter der Abteilung Weinbau und Landwirtschaft im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, vertrat Minister Dr. Volker Wissing, der in Berlin am Staatsakt zu Ehren des ehemaligen Bundespräsidenten Walter Scheel teilnahm. Caspary erläuterte die „Grundzüge der Agrarpolitik der neuen Landesregierung und Zukunftsperspektiven für die Zuckerwirtschaft“. Ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel blieb zwar unausgesprochen, ist aber in der Zuordnung des Agrarressorts zum Wirtschaftsministerium und weg vom Umweltministerium von Ministerin Ulrike Höfken klar zu erkennen.

Bei fairem Wettbewerb können heimische Anbauer mithalten

Helmut Caspary: „Die Zuckerrübe könnte ein Ge­winner des Klimawandels sein.“

Caspary stellte fest, dass Rheinland-Pfalz und das südliche Hessen über Böden und Strukturen verfügen, die prädestiniert für den Zuckerrübenanbau sind. „Mit durchschnittlich zehn Hektar Zuckerrübenfläche pro Betrieb auf sehr guten Böden ist die Region sehr gut aufgestellt“, so der Ministeriumsvertreter. Gleiches gelte für die Verbands- und Beratungsstrukturen. Daher wolle man den „Wirtschaftsstandort Zuckerrübe“ weiter fördern und sich für eine nachhaltige Zuckerproduktion einsetzen.

Zur neuen, wettbewerbsorientierten Marktordnung sagte Caspary, sie berge zwar höhere Risiken als bisher, könne für den heimischen und effizienten Anbau aber eine Chance sein. Voraussetzung seien aber gleiche Wettbewerbsbedingungen. Eine Subventionierung ungünstigerer Standorte wie beispielsweise in Finnland durch immer noch gekoppelte Zahlungen sei abzulehnen.Für die Ausweitung der Zuckererzeugung in der Region spreche auch die gute Ernte im Trockenjahr 2015, hier habe die Zuckerrübe gezeigt, was sie kann. „Die Rübe könnte ein Ge­winner des Klimawandels sein“, soder Referent. Die Effizienz des Anbaus habe durch züchterische und pflanzenbauliche Maßnahmen in den letzten Jahre deutlich gesteigert werden können, beipielsweise durch denn vermehrten Anbau Nematoden-resistenter Sorten. Auch seien beim Zucker im Gegensatz zu anderen landwirtschaftlichen Produkten leichte Preissignale nach oben zu erkennen; die Landwirte reagierten hierrauf sehr sensibel mit einer Anpassung der Anbaufläche nach oben.

Erfolgreiches Projekt „Zukunft Zuckerrübe“ soll weiterlaufen

Zu den konkreten Fördermaßnahmen und Zielen des Ministeriums zählte er beispielsweise folgende Punkte auf:

  • Beide Säulen der Agrarförderung müssen erhalten bleiben
  • wettbewerbsverzerrende Fördermaßnahmen sind abzulehnen
  • die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) muss besser ausgestattet werden
  • die Agrarverwaltung muss erhalten bleiben
  • konventionelle und Öko-Betriebe sind gleichzubehandeln
  • die Investitionsförderung ist beizubehalten
  • Bundesmittel sollen ausgeschöpft werden
  • die Marktmacht der Erzeuger muss gestärkt werden
  • Direktzahlungen sind notwendig
  • die Offizialberatung ist um private zu ergänzen.
  • Weiterführung des Projektes „Zukunft Zuckerrübe“.

Mit Letzterem förderten die Ministerien in Rheinland-Pfalz und Hessen Forschung und Bildung. Die Erkenntnisse des Projektes würden unmittelbar in Hessen und Rheinland-Pfalz umgesetzt und brächten den Anbauern praxisnah eine Sicherung ihrer Erträge und Qualitäten. Die Forschungsergebnisse zeigten auch, dass der Pflanzenschutz in der Zuckerrübe erforderlich sei; daher habe das Land Rheinland-Pfalz eine Initiative zur Pflanzenschutzmittel-Zulassung gestartet. Ziel hierbei sei eine realistische Risikobewertung und die zonale Zulassung innerhalb der EU.

Beteiligung der Landwirte an der Südzucker ist ein Erfolgsmodell

Thomas Kölbl erläuterte die Strategie der Südzucker AG.

Thomas Kölbl, Vorstandsmitglied der Südzucker AG, betonte die Bedeutung der Landwirte als Anteilseigner an der Südzucker AG: „Ohne die Mehrheitsbeteiligung der Landwirte an der Südzucker wäre diese vermutlich längst von Hedgefonds aufgekauft und filetiert worden“, sagte er. Er erläuterte die Struktur des Südzucker-Konzerns und zeigte, wie durch die Diversifizierungsstrategie die Verluste einer Sparte durch andere aufgefangen werden können. „Die Südzucker ist ein weltweit operierender Konzern mit vier unterschiedlichen Segmenten: Die rund 16 500 Mitarbeiter beschäftigen sich mit der Produktion beziehungsweise Vermarktung von Zucker, Spezialitäten, Frucht und CropEnergies.“ Diese Segmente seien wiederum in die acht Geschäftsfelder Zucker, Spezialstärken und Isoglucose, Portionsartikel, Bioethanol, Fruchtsaftkonzentrate, Fruchtzubereitungen, Tiefkühlpizza und Funktional Food unterteilt. In jedem Teilbereich sei man mindestens führender Anbieter in Europa, bei Fruchtzubereitungen sogar weltweit die Nummer eins. „Jeder dritte Joghurt weltweit enthält Zucker aus unserer Produktion“, so Kölbl.

Jeder dritte Joghurt weltweit enthält Südzucker-Produkte

Obwohl die Sparte Zucker im Geschäftsjahr 2014/2015 erstmals ein deutliches Minus erwirtschaftet habe, sei der Gesamtkonzern aufgrund seiner breiten Angebotspalette nicht unter die Nulllinie geraten. Dieses Minus sei vor allem durch den niedrigen Zuckerpreis von 350 Euro pro Tonne bedingt gewesen; inzwischen habe der Weltmarkt wieder deutlich auf über 650 Euro angezogen, weil die Nachfrage die gedrosselte Produktion wieder übersteigt. Aufgrund langfristiger Kontrakte könne man aber aktuell noch nicht davon profitieren. Im kommenden Geschäftsjahr 2016/2017 werde die Sparte Zucker kein Defizit mehr aufweisen, zeigte sich der Südzucker-Manager überzeugt. Was die weitere Entwicklung unter den dann geltenden neuen Marktbedingungen bringen werde, sei noch nicht abzusehen.

Angesichts der nach wie vor geltenden globalen Megatrends (Bevölkerungswachstum, steigende Einkommen, höherer Energieverbrauch und steigende Futtermittelnachfrage) sehe er gute Chancen für die weitere Konzern-Entwicklung und auch für die Zuckerrübenerzeuger in Rheinhessen, Hessen und der Pfalz.

KB – LW 37/2016