Die Esche ist in Gefahr

Das Eschentriebsterben breitet sich aus

Vor einigen Jahren trat ein auffälliges Absterben von Trieben der Esche auf, bisher wurde angenommen, dass der neue Pilz (Chalara fraxinea) maßgeblich den Befall verursacht. Neueste Untersuchungen zeigen, dass Chalara fraxinea eine Nebenfruchtform von einem Pilz namens Weißes Stengelbecherchen ist. Dieser ist weit verbreitet und seit 1850 bekannt. Hessen und Rheinland-Pfalz waren bisher verschont, doch in den letzten Wochen zeigt sich, dass von der nordöstlichen Grenze der Befall nach Hessen eindringt und auch in Rheinland-Pfalz erstmals Befall festgestellt wurde.

Wer selbst das Eschensterben in einem Bestand vermutet, sollte sich an die Zuständigen Behörden wenden, siehe Ende des Artikels.

Foto: Habermann

Es stellt sich die Frage, wie Waldbesitzer mit dem Befall umgehen sollen und welche Konsequenzen für die Esche derzeit erkennbar sind. Viele Beiträge zur aktuellen Debatte um die waldbauliche Bewältigung des Klimawandels fordern Risikostreuung durch Baumartenmischungen. Hier spielt die Esche eine nicht unwichtige Rolle, da sie, wie die Stieleiche und auch Sandbirke, eine relativ weite ökologische Amplitude abdeckt. Die Gemeine Esche, Fraxinus excelsior, ist in fast ganz Europa verbreitet, sie kommt sowohl im Mittelgebirge (bis 800 m Höhe) und in den Alpen (bis 1 200 m) als auch im Flachland meist auf besseren Standorten vor.

Ihre Ansprüche an die Bodenfeuchte variieren, weshalb man auch von „Kalkeschen“ und „Wassereschen“ spricht. Die Esche ist in der Jugend durch Wild, und zwar Verbiss, Fegen und Schälen, Spätfrost und später auch durch strengen Winterfrost (Frostrisse, Kambialschäden) gefährdet. Die Gilde der biotischen Schaderreger ist recht übersichtlich: Eschenkrebs an Stamm, Ästen und Zweigen, Rindennekrosen, einige unbedeutende Läuse, Rüsselkäfer und Pilze. Bekannter sind die meist sekundär auftretenden Eschenbastkäfer und die Eschenzwieselmotte, deren Raupen in der Terminalknospe überwintern und diese ausfressen. Im Vergleich zu den Hauptbaumarten Buche, Eiche oder gar Fichte und Kiefer eine bisher außerordentlich gering gefährdete Baumart, die, richtig behandelt und angebaut, auch gute wirtschaftliche Erträge verspricht.

Neues Krankheitsbild bei der Esche

Seit den 1990er Jahren wird von einem zunächst als Eschentriebsterben bezeichneten Schaden berichtet, der sich aus dem Baltikum und Polen kommend schnell nach Skandinavien und Deutschland ausbreitete. Seit 2002 sind Schäden in Deutschland, Österreich und der Schweiz beobachtet worden. In Deutschland treten derzeit die stärksten Schäden im Norden auf. Mecklenburg-Vorpommern hat 2005 sogar ein Anbauverbot für die Esche ausgesprochen (mindestens 25 Prozent der Anbaufläche geschädigt).

Betroffen sind mittlerweile Bäume jeden Alters und auf allen Standorten. Leichte Schäden an Trieben, wie sie bereits 2004 in Niedersachsen beobachtet wurden, haben sich bis zum Herbst 2008 erheblich verstärkt und auch ältere Eschen abgetötet. Neben vorzeitigem Blattfall, Welken, Verbuschen und Absterben von Trieben und Ästen kommt es am Stamm auch zu auffälligen Nekrosen und Verfärbungen im Holz. Derzeit spricht sehr viel dafür, dass der Pilz Chalara fraxinea im Leitgewebe der Eschen eine Tracheomykose verursacht. Durch Verstopfung der Wasserleitbahnen führt der Befall durch C.fraxinea zum Absterben des Baumes. Vergleichbare Zusammenhänge sind für das Ulmensterben bekannt, das ebenfalls durch einen Pilz (C.ulmi) verursacht wird. Der Pilz (C. fraxinea) an Esche wurde zuerst 2006 in Polen entdeckt und erstmals 2007 in Deutschland beschrieben und nachgewiesen. Bei dem in der NW-FVA eingehenden Probenmaterial zum Eschensterben gelingt mittlerweile fast immer der Nachweis dieses Pilzes.

Latente Anwesenheit

Unklar ist derzeit noch, wie die Infektion erfolgt, ob sich der Pilz Weißes Stengelbecherchen (Hymenoscyphus albidus) möglicherweise verändert hat. Denkbar ist auch die Variante, dass der Pilz latent vorhanden ist und nur dann pathogen werden kann, wenn der Wirtsbaum geschwächt ist.

Möglicherweise sind, wie beim Ulmen­sterben auch, bestimmte Überträger (Vektoren) erforderlich. Der Ulmensplintkäfer überträgt beim Reifungsfraß an gesunden Trieben die Pilzinfektion, was nachfolgend durch die hohe Aggressivität des Pilzes zum Absterben des Baumes führt.

Aggressiver Befallsverlauf

Ob solche Vektoren auch beim Eschensterben eine Rolle spielen und wenn ja, welche, ist derzeit noch nicht geklärt. Beobachtungsflächen der NW-FVA in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zeigen, dass der Befall in den letzten zwei bis drei Jahren keineswegs nachließ, sondern sich schnell ausgebreitet hat und lokal zu erheblichen Schäden führte. Aus der Schweiz und Österreich ist mittlerweile bekannt, dass C.fraxinea an getopften jungen Eschen nach Beimpfung im Labor zu identischen Schadbildern führte. All diese Informationen lassen den Schluss zu, dass es sich um einen potenten neuen Schaderreger handelt, der wahrscheinlich pathogen an Eschen verschiedener Altersklassen wirken kann. Die Hypothese einer neuen und gravierenden Krankheit der Esche wird damit wahrscheinlicher.

Wegen der vielen noch vorhandenen Unklarheiten und der fehlenden Kenntnisse über Zusammenhänge im Befallsgeschehen lassen sich derzeit leider noch keine sinnvollen Empfehlungen zur Vorbeugung oder zur Schadensbegrenzung geben. Es muss davon ausgegangen werden, dass diese Krankheit sich mehr oder weniger schnell ausbreitet und weiter Eschen schädigen wird. Es muss auch davon ausgegangen werden, dass sich die Krankheit schnell durch befallenes Baumschulmaterial weiter ausbreitet. Falls neue Eschenpflanzungen geplant sind, sollte das Eschen-Pflanzgut vor und nach dem Auspflanzen intensiv auf die Symptome kontrolliert werden.

Schäden unbedingt melden

Die NW-FVA für Hessen bittet alle betroffenen Forstdienststellen und Waldbesitzer, erkannte oder vermutete Schäden durch Chalara fraxinea an Eschen formlos zu melden (siehe Kasten). Es ist wichtig, den Verlauf der Ausbreitung zu erfassen und gegebenenfalls Material für verschiedene Untersuchungen zur Verfügung zu haben. Dr. Michael Habermann, NW-FVA

Bitte wenden Sie sich an

NW-FVA: Tel. 0551/69401-0 oder per E-Mail: ulrich.bressem@nw-fva.de

FVA Freiburg: Tel. 0761/4018-162, per E-Mail: Waldschutz.FVA-BW@forst.bwl.de oder

ZdF RLP: Tel. 06321/6799-119 und E-Mail: eberhard.eisenbarth@wald-rlp.de.