Den Fermenter nach Bedarf füttern

Optimale Dosierung von Spurenelementen

Spurenelemente erfüllen in der Prozessbiologie von Biogasanlagen wichtige Aufgaben. Ob sie in ausreichender Menge im Fermenter vorhanden sind, hängt von den eingesetzten Substraten ab. Eine Analytik des Fermenter-Inhalts ist die Grundlage für eine optimale Dosierung der Spurenelemente.

Je geringer der Anteil an Wirtschaftsdüngern im Substratmix ist, desto wahrscheinlicher ist ein Mangel an Spurenelementen.

Foto: Brammert-Schröder

Der Zusatz von Spurenelementen zur Optimierung der Prozessbiologie von Biogasanlagen gehört mittlerweile zum Stand der Technik. Mangelerscheinungen an essentiellen Spurenelementen können zu einer Erhöhung der Konzentration an organischen Säuren, einem verschlechterten Substratabbau bei verminderter Biogasbildung, massiver biologischer Instabilität des Prozesses sowie einem hohen Restgaspotenzial im Gärrest führen.

Spurenelement-Bedarf für jede einzelne Anlage ermitteln

„Doch nicht jede Biogasanlage braucht einen Zusatz an Spurenelementen, und nicht jede Prozessstörung ist auf einen Mangel an Spurenelementen zurückzuführen“, sagt Dr. Stefan Dröge vom Prüf- und Forschungsinstitut (PFI) in Pirmasens. „Deshalb ist eine Analytik des Fermenter-Inhalts in Muss. Nur so lässt sich der Bedarf an Spurenelementen für jede einzelne Anlage ermitteln.“

Grundsätzlich gilt: Je geringer der Anteil an Wirtschaftsdüngern im Substratmix ist, desto wahrscheinlicher ist ein Mangel an Spurenelementen. Denn Wirtschaftsdünger wie Gülle und Festmist enthalten in der Regel alle notwenigen Spurenelemente. Doch wenn die Anteile an Gülle oder Mist geringer werden, etwa durch ein Repowering der Biogasanlage, kann auch bei den Anlagen, die vorher ausreichend versorgt waren, ein Bedarf an Spurenelementen entstehen. Ebenso haben Anlagen mit hohen Raumbelastungen und kurzen Verweilzeiten einen Bedarf an bestimmten Spurenelementen.

Einfluss auf die Methanbakterien

Im Biogasprozess erfolgt der Abbau der organischen Substanz durch das Zusammenspiel vieler Mikroorganismen. Damit diese Mikroorganismen hohe Stoffwechselraten erreichen können, müssen ihre Lebensbedingungen optimiert werden. Ein Kriterium hierfür ist die ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass insbesondere Nickel, Kobalt, Molybdän, Selen, Mangan, Wolfram, Zink und Eisen benötigt werden.

Die Spurenelemente Nickel, Kobalt, Molybdän und Selen erfüllen vor allem bei der Methanogenese, also der Gasbildung, wichtige Aufgaben. Sie versetzen die Methanbakterien in die Lage, ausreichend Wasserstoff zu verbrauchen und wirken dadurch prozessstabilisierend. Mangan ist nach den Erfahrungen von Dröge in der Regel ausreichend vorhanden, und Eisenlösungen werden eingesetzt, um den Schwefel zu binden und die Aufnahme anderer Spurenelemente zu verbessern.

Anlage regelmäßig überprüfen lassen

„Häufig werden erst dann Analysen durchgeführt, wenn Probleme im Gärprozess auftreten“, berichtet Dröge aus der Praxis. „Viele Anlagen laufen nach dem Anfahren gut, erste Probleme machen sich nach einem dreiviertel Jahr bemerkbar, wenn die Gülle verbraucht ist.“ Auf so mancher Anlage finde zudem keine kontinuierliche Prozessüberwachung statt.

Dröge hält es für wichtig, die Anlage in regelmäßigen Abständen hinsichtlich der wichtigsten Parameter im Gärprozess überprüfen zu lassen. Der Betreiber sollte die Inputströme kennen, ebenso die Inhaltstoffe und Energiegehalte seiner eingesetzten Substrate, die Verweilzeit und den Gasertrag.

Und er sollte den Fermenterinhalt zwei- bis dreimal im Jahr auf Gehalte an Spurenelementen untersuchen lassen. Denn wenn sich ein Spu­renelement-Mangel bemerkbar macht, läuft die Anlage schon eine ganze Weile nicht im Optimum, und das kostet Geld.

Bedarfswerte im Labor bestimmen

Damit Mikroorganismen hohe Stoffwechselraten erreichen, müssen sie ausreichend mit Mineralstoffen versorgt sein.

Foto: Brammert-Schröder

Die Bestimmung des Spurenelementgehalts im Fermenter übernehmen unabhängige Labore, aber auch die meisten Anbieter von Spurenelementen und einige Beratungsunternehmen bieten eine Analytik an. „Der Betreiber sollte bei der Auswahl darauf achten, dass das von ihm gewählte Labor die ermittelten Gehalte auch bewerten kann“, erklärte Dröge. Denn die Inhaltstoffe der Spurenelementmischungen werden von den Anbietern am Markt nicht offen deklariert, so dass der Betreiber keine Chance hat, eine angepasste Dosierung selber vorzunehmen.

Die meisten Labore bestimmen den Gesamtgehalt der Spurenelemente in der Trockenmasse. „Doch es ist schwierig, die Verfügbarkeit der Spurenelemente zu messen“, sagt der Biologe. Deshalb ist man im PFI einen anderen Weg gegangen: „Wir stellen aus den Proben Filtrate her und messen darin den gelösten Anteil der Spurenelemente. Nur die organisch gebundenen Elemente können wir dadurch nicht ermitteln.“ Deshalb führt das Institut neben der Ermittlung der gelösten Spurenelemente auch die Bestimmung des Gesamtgehalts an Spurenelementen durch. Beide Ergebnisse ziehen die Wissenschaftler zur Bestimmung der Bedarfswerte heran.

Zu wenige oder zu viele Spurenelemente kosten

„Wir ermitteln durch dieses Verfahren etwas niedrigere Bedarfswerte als von der Wissenschaft empfohlen“, so Dröge. Doch er gibt zu bedenken, dass die empfohlenen Werte eine recht große Bandbreite zwischen Minimal- und Maximalversorgungen zulassen. Der Anlagenbetreiber sollte auf jeden Fall eine an den Bedarf seiner Anlage angepasste Spurenelementmischung in den Fermenter geben.

Denn ein Zuviel an Spurenelementen kostet nicht nur Geld, sondern kann im schlimmsten Fall den Gärprozess hemmen. Spurenelemente sind Schwermetalle. Sie sollten schon deshalb so gering wie möglich dosiert werden, weil sie über den Gärrest auf den Acker gelangen und sich im Boden anreichern.

Wirkung der Spurenelemente überprüfen

Ob die eingesetzten Spurenelemente in flüssiger oder in fester Form in den Fermenter gegeben werden, ist nach Meinung des Wissenschaftlers relativ egal. „Die Verfügbarkeit der Spurenelemente ergibt sich aus der Situation im Fermenter, die Formulierung spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.“

Wichtig ist, dass der Anlagenbetreiber die Wirkung der Präparate überprüft, indem er die Versorgung mit Spurenelementen nach einiger Zeit überprüft. Denn nicht alle Anlagen brauchen dauerhaft eine Zufuhr von Spurenelementen, oder sie kommen mit einer geringeren Dosierung aus.

Die Forschungsbemühungen der Wissenschaft und der Industrie gehen dahin, die Verfügbar zu erhöhen und dadurch die Aufwandmengen zu reduzieren. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung hoch bioverfügbarer Spurenelement-Chelate für Biogasanlagen (siehe Kasten).

Enzyme zeigen kaum Wirkung

Dr. Stefan Dröge vom Prüf- und For­schungs­institut (PFI) in Pirmasens.

Das PFI begleitet zahlreiche Biogasanlagen in der Praxis. Ein Team aus Biologen, Chemikern und Ingenieuren berät die Anlagenbetreiber in allen Belangen der Prozessbiologie, Analytik und Anlagentechnik. Neben dieser Dienstleistung engagiert sich das Institut aus dem rheinland-pfälzischen Pirmasens bei verschiedenen Forschungsprojekten zur energetischen und stofflichen Nutzung von erneuerbaren Rohstoffen. Unter anderem ist das PFI an einem von der FNR geförderten Verbundprojekt zur Wirkung von Enzymen in Biogasanlagen beteiligt, das seit 2010 läuft. Die Enzyme werden nicht nur im Labormaßstab auf ihre Wirkung im Fermenter untersucht, sondern auch in der Praxis.

„Die Effekte sind übersichtlich“, fasst Dröge die bisherigen Ergebnisse zusammen. In dem Projekt wurden drei verschiedene Enzyme in Anlagen eingesetzt, die mit hohen Grassilageanteilen laufen. Die Enzyme werden im Fermenter sehr schnell deaktiviert und abgebaut. Enzyme brauchen, um im Optimum arbeiten zu können, einen pH-Wert von 5 bis 6. „Im Fermenter herrschen pH-Werte von 7 bis 8, da zeigen die Enzyme keine Tätigkeit mehr. „Wir bräuchten also Enzyme, die in diesen Bereichen arbeiten können, aber die gibt es noch nicht“, so Dröge.

Auch Aussagen zu Sekundäreffekten, wie etwa verbesserte Rührwerkseigenschaften, versieht er mit einem deutlichen Fragezeichen. „In den Praxisanlagen haben wir keine Effekte bemerkt.“ Das Projekt läuft weiter und soll klären, unter welchen Voraussetzungen die Enzyme ihre positiven Eigenschaften auf die Gasbildung entfalten können, zum Beispiel in einer Vorhydrolyse-Stufe. Imke Brammert-Schröder

Imke Brammert-Schröder – LW 20/2013