Warum Frauen das "Grüne Abitur" machen
Jägerinnen sind moderne, selbstbewusste Frauen
Zurzeit finden in den meisten Bundesländern Deutschlands die Jägerprüfungen statt. Eines wird besonders deutlich: der Anteil junger Frauen in den Kursen steigt stetig an. Warum gehen immer mehr Frauen gerne auch zur Jagd? Was motiviert sie zu dieser Passion? Die Autorin dieses Beitrags, Petra Hörstmann, ist Bauerntochter und stammt aus dem Oldenburger Münsterland. Vor sieben Jahren hat sie die Jägerprüfung absolviert. Im Beitrag beschreibt sie anhand eines SelbstporÂtraits, was hinter der großen Mühe steckt, das „Grüne Abitur“ machen zu wollen.

Foto: Petra Hörstmann
Wie kam ich auf diese Idee? Ich denke, wie viele Jägerinnen auch und zwar über die Familie. Ich wuchs auf dem Land mit einer engen Verbundenheit zur Natur auf und genoss schon in jungen Jahren, zum Beispiel mit meinem Vater durch den Wald zu pirschen oder zur Gesellschaftsjagd mitzugehen, denn er ist passionierter Jäger und ein guter Tontaubenschütze.
Foto: Petra Hörstmann
Neun Monate „büffeln“ vom Jagdrecht bis zur Waffenkunde
Ganz zu schweigen von den wöchentlichen Schießtrainings, praktischen Ãœbungen im Revier und den Repetitorien in Lerngruppen, um das Weidwerk in seiner Fülle zu beherrschen. Das durchlief ich mit weiteren 72 Jagdscheinanwärtern, davon waren neun Frauen. Also hieß es neun Monate lang all das zu lernen, was einen Jäger ausmacht. Dazu zählt auch das Aufbrechen und Zerwirken des Wildes, denn wer A sagt muss auch B sagen, somit gehört die „Rote Arbeit“ wie das in der Jägersprache genannt wird, zur Jagd, ebenso wie die Hege und das Erlegen von Wild. Ärmel hochgekrempelt und los ging es. Diese Arbeit fiel manchen Damen im Jagdkurs gar nicht so schwer, wie die Herren anfangs vermuteten, da die ein oder andere angehende Waidfrau so wie ich auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist und beim Schlachten geholfen hatte.
Nachdem wir unser Rüstzeug für die Prüfung erhalten hatten, wurden wir zur Prüfung zugelassen, schriftlich, mündlich und praktisch. Die Prüfung ist aber erst dann bestanden, wenn wir den dritten praktischen Teil im Revier und im Umgang mit der Waffe sicher beherrschen. Als die Prüfung dann endlich geschafft war, hieß es „Waidmannsheil“ und drei Monate nach dem Absolvieren der Jägerprüfung wurde auf den ersten Bock angesessen.
Schon oft wurde ich gefragt, was meine Leidenschaft zur Jagd antreibt: es ist die Vielschichtigkeit, angefangen von der Hege und Revierarbeit bis zu den im Winter abgehaltenen Treibjagden. Schön ist es auch, als Revierführer bei der Hundeprüfung tätig zu sein. Dabei sollen die Hundeführer an möglichst guten Stellen ins Revier geführt werden, damit deren Jagdhunde ihre Leistung zeigen und die Prüfer diese bewerten können. Besonders beeindruckt mich der Umgang von Jäger und Hund miteinander, da beide später auf der Jagd auch eine Einheit bilden müssen.
Treffsicher im jagdlichen Schießen, aber von wegen „Flintenweib“

Foto: Michael Breuer
Wie man sich einen Jäger angelt
Gibt es noch was anderes außer Jagd? Sicherlich, nämlich die Liebe, allerdings hat diese in meinem Fall auch schon wieder etwas mit der Jagd zu tun. Denn meinen Liebsten habe ich so kennen gelernt und zwar auf der Feier eines befreundeten Waidgesellen. Einen PartÂner an seiner Seite zu haben, der gleiche Interessen hat, versteht zum Beispiel, wenn man am Samstagmorgen in die Jagdstiefel steigt. Aber der gemeinsame Ansitz in der Abenddämmerung auf der Kanzel ist seltener, als man meint. Durch meinen Partner habe ich auch den Kontakt zu einer Bläsergruppe gefunden, der ich beigetreten bin. Dort treffe ich einmal in der Woche auf Jäger und auch auf „Nichtjäger“, wir tauschen uns aus und haben viel Spaß. Ich entschied mich, das Parforcehorn zu lernen. Auch gibt es eine „AG Junge Jäger“, diese kann viele Möglichkeiten zu jagdlichen Aktivitäten öffnen, wenn man sich engagiert. Ich selbst betreibe nun die Öffentlichkeitsarbeit für die „Jungen Jäger“ unter anderem durch eine eigene Internetseite, um Interessierten zu zeigen was wir machen. Mit der Jagd wird Gemeinschaft und Zusammenhalt gepflegt – auch ein Argument, warum man auch als Frau schnell Anschuss findet.
Petra Hörstmann – LW 20/2014