„Neue GAP beschleunigt den Strukturwandel“

Regionalversammlung in Hüttenberg zu den Reformvorschlägen

Wie gestaltet sich die Zukunft der europäischen Agrarpolitik nach 2013? Darüber diskutierte vorigen Mittwoch in Hüttenberg der Staatssekretär im HMUELV Wiesbaden, Mark Weinmeister, auf der 34. Regio­nal­ver­samm­lung des Bauernverbandes Gießen-Wetzlar-Dill in den mit circa 100 Bäuerinnen und Landwirten vollbesetzten Bürgerstuben.

Von der Grünen Woche direkt zum ersten Auftritt in diesem Jahr beim Bauernverband: Staatssekretär Mark Weinmeister (M.) mit dem Vorsitzen­den des Bauernverbandes Gießen-Wetzlar-Dill, Manfred Paul (l.), und Geschäftsführer Hans-Martin Sames (r.) in den Hüttenberger Bürgerstuben.

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Vorsitzender Manfred Paul hatte die Mitgliederversammlung eröffnet und bezog zunächst zu weiteren aktuell im Berufsstand diskutierten Themen Stellung. Dabei sprach sich Paul gegen die Einführung einer kommunalen Pferdesteuer aus (siehe dazu unseren Bericht auf Seite 27). Dies sei ein Versuch der Kommunen, deren Haushalte auf Kosten der Pferdehalter zu betreiben. Die Pensionspferdehaltung sei in vielen landwirtschaftlichen Betrieben in der Region inzwischen ein wichtiges wirtschaftliches Standbein geworden. Eine höhere Besteuerung der Pensionspferdehalter beeinträchtige die Einkommenssituation dieser Betriebe und behindere sie in deren Entwicklung, meinte Paul.

Schwerpunkt des Abends war der Vortrag von Landwirtschafts­staatssekretär Weinmeister zur Zukunft der Direktzahlungen und die Frage, wie sich die Ziele dieser EU-Reformvorschläge für die nächste Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik auf die Landwirtschaft in Hessen auswirken. Der EU-Haushaltsentwurf sehe circa 142 Mrd. Euro für die nächste Finanzierungsperiode von 2014 bis 2020 vor.

Weinmeister erläuterte die Inhalte der Legislativvorschläge der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 (siehe Bericht in der Rubrik „Agrarpolitik“, Seite 9).

„Es wird nicht besser“

„Es wird nicht besser“, kommentierte der Staatssekretär die EU-Verordnungsentwürfe. So sieht er die Brüsseler Vorschläge kritisch. Unter anderem deshalb, weil bei Umsetzung mit deutlich mehr Bürokratie zu rechnen sei.

Nach den Vorschlägen orientieren sich die neuen Förderungs­voraussetzungen unter anderem am Begriff „aktiver Landwirt.“ Dazu zähle jeder Betrieb, der mehr als 5 Prozent seiner Erlöse aus landwirtschaftlicher Produktion erziele. Das hält er für eine durchaus vernünftige Vorgabe zur Gewährung der Beihilfen, die sich damit an der Produktion oder wie es Klaus-Peter Schäfer aus Grünberg formulierte, an der Gewinn­er­zielungs­absicht eines Betriebes orientieren und nicht dazu da seien, beispielsweise die Pferdekoppeln des Zahnarztes zu fördern.

An der „Kleinerzeugerregelung“ welche besage, dass Betrie­be bei einer Prämie mit weniger als 5 000 Euro von Dokumentationspflichten wie Cross Compliance befreit sind, erkenne man die Handschrift des aus dem klein­­strukturierten Rumänien stammenden EU-Agrarkommissars. In dieser Regelung sieht Weinmeister aber keine Nachteile für Hessens Landwirtschaft.

Um so mehr jedoch durch das Greening, das ein Grün­land­um­bruchverbot, eine Diversifizierung der Früchte und vor allem ein Bereitstellen von vermutlich 7 Prozent der Fläche eines Betriebes als sogenannte ökologi­sche Vorrangfläche vorsehe.

Betriebe in der Tretmühle

Dies führe dazu, dass Landwirten weniger Ackerfläche zur Verfügung stehe. Gleichzeitig werde eine Tendenz zur Extensivierung der Landwirtschaft forciert. Die restliche den Betrieben verbleibende Ackerfläche würde intensiver geführt.

In der Folge dieses Prozesses erhöhten sich auch die Pachtprei­se in den landwirtschaftlichen Produktions­re­gio­­nen. Das Einkommen der Land­­wirte sinke, gleichzeitig steige der Anteil der Ne­bener­werbs­betrie­be an.

Unter dem Strich bedeute dies, dass der Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft zu immer weniger Betrieben mit immer größeren Beständen durch die neue GAP fortgesetzt werde und damit der Struk­tur­wandel be­schleunigt werde, konstatierte der Staatssekretär.

Nach dessen Vortrag erläuter­te Vorsitzender Paul mit Beispielen aus der Praxis, dass seine Berufskollegen immer mehr statt weniger durch die Vorgaben von der Politik in ihrer betrieblichen Entwicklung eingeengt würden. Er sieht in den Reformvorschlä­gen eine Fehlentscheidung, weil die Agrarpolitik die Betriebe vom Markt entkoppele. „Ein Plan-Spiel der EU ist das, was wir erleben. Gleichzeitig sind die Anforderungen der Gesellschaft an die künftige Generation unse­rer Landwirte gewaltig, denkt man an ihr weites Aufgabenfeld sowohl zur Ernährung als auch zur Energielieferung für eine rasant wachsende Weltbevölkerung“, fasste Paul zusammen.

Bauernverbandsgeschäftsführer Hans-Martin Sames gab den Mitgliedern fachliche Infos für ihre Betriebe mit auf dem Weg und verwies auf Fortbildungs- und Abendveranstaltungen, so auf einen interessan­ten Vortrag am nächsten Jung­landwir­te­abend in der kommenden Woche, der sich mit dem LEADER-Programm und Landtourismus im Gießener Raum befasst: (Dienstag, 8. Februar, um 20 Uhr im Hotel Pfaffenhof in Lich-Eberstadt).

Moe