Die Gräser haben überrascht
Dauerkulturen zur Biomasseproduktion
Über mehrere Jahre hinweg wurden in Rheinland-Pfalz Dauerkulturen hinsichtlich ihrer Eignung zur Biogasproduktion untersucht. Über die Ergebnisse und die daraus resultierenden Empfehlungen für die Praxis berichten Sebastian Thielen vom DLR Eifel und Otto Lang vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.
Als vor einigen Jahren der Bau von Biogasanlagen geradezu explodierte, machte schnell der Begriff „Vermaisung“ Schlagzeilen. Alternativ-Substrate müssen allerdings eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen: Sie sollen kostengünstig, leicht vergärbar und ertragreich sein. Außerdem spielen heute Kriterien wie Biodiversität, Gewässerschutz und verringerter Pflanzenschutz eine Rolle. Politisch wurde spätestens in der EEG Novelle 2012 durch eine deutliche Reduktion der Vergütungssätze für Strom aus Biogas und dem sogenannten „Maisdeckel“ (maximal 60% des Substratinputs) reagiert. In der Folge kamen diverse Pflanzenarten, meist Dauerkulturen, ins Gespräch. Aus diesem Grund wurde in Rheinland-Pfalz im Frühjahr 2011 ein Versuch mit ausgewählten Dauerkulturen angelegt.Versuchsstandorte und Kulturen
Mit den Versuchsstandorten Altrich (Wittlicher Tal), Simmern Kümbdchen (Hunsrück) und am Rinkenbergerhof in Speyer (Rheingraben) konnten nahezu alle Klimaregionen des Landes abgedeckt werden. Der Standort Altrich liegt auf etwa 150 m NN und steht mit rund 717 mm Jahresniederschlag und 9,8°C Durchschnittstemperatur stellvertretend für die günstigen Lagen. Simmern (418 m NN) ist mit rund 650 mm Niederschlag und 8,8° C den Höhenlagen zuzuordnen, wohingegen Speyer mit 102 m NN, 605 mm Niederschlag bei durchschnittlich 11,5°C zu den warmen Trockenstandorten im Rheingraben zählt. Aufgrund des großen Spektrums der Kulturen wurde eine Vorauswahl von aussichtsreichen Kandidaten getroffen. Neben agronomischen Eigenschaften sollte auch ein spezielles Augenmerk auf die Biodiversität gelegt werden. Folgende Kulturen wurden ausgewählt:
- Durchwachsene Silphie Riesenknöterich/ Staudenknöterich
- Riesenweizengras, Sorte Szarvasi Virginiamalve (Sida Hermaphrodita)
- Wildpflanzenmischung, mehrjährig
- Switchgrass, später ersetzt durch Rohrglanzgras)
Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit wurde zusätzlich eine Fruchtfolge bestehend aus Silomais und Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS) angelegt. Die Versuchsanlage erfolgte im Frühjahr 2011. Je nach Kultur und Art der Etablierung (Säen oder Pflanzen) ergab sich eine unterschiedliche Anzahl an Erntejahren. Abgesehen von der Wildpflanzenmischung und der Fruchtfolge erfolgte im Jahr der Versuchsanlage bei keiner der Dauerkulturen eine Ernte. Zum Ende des Versuchs sollten die Ertragssummen der jeweiligen Kultur mit der Fruchtfolge verglichen werden. Der Versuch am Rinkenbergerhof musste im Frühjahr 2013 wegen Trockenstress abgebrochen werden. Mehrfach brachen die Kulturen bereits frühzeitig zusammen, sodass keine sinnvolle Versuchsaussage möglich war. Das Switchgrass wurde an den übrigen Standorten im Frühjahr 2013 nach mehrfach misslungener Etablierung durch Rohrglanzgras ersetzt.
Altrich mit extrem trockener Witterung
Von der Ausgangslage her erwartete man am Standort in Altrich die höheren Erträge im Vergleich zu Simmern. Jedoch gestaltete sich bereits die Versuchsanlage sehr schwierig. Wegen andauernder Trockenheit hatten die Dauerkulturen einen schwierigen Start. Und auch die Vergleichsvariante Silomais lief so zögerlich auf, dass diese nicht ausgewertet werden konnte. Auch die Virginiamalve litt massiv unter der Trockenheit und konnte trotz mehrmaligem Nachpflanzen keinen Bestand mehr bilden. Die ersten Niederschläge setzten ab Mitte Juni ein. Von da an entwickelten sich die meisten Kulturen den Umständen entsprechend noch ausreichend bis in den Winter. Abgesehen von der Wildpflanzenmischung erfolgte in keiner der weiteren Kulturen eine Ernte. Der Winter 2011/2012 war geprägt von extremen Spätfrösten. Diese setzten vor allem dem Switchgrass derart zu, dass es im Mai neu angelegt werden musste. Die weiteren Dauerkulturen überstanden den Winter mehr oder weniger gut. Vor allem die Malve war stark geschwächt und musste erneut nachgepflanzt werden. Die BestandsÂetablierung verlief insgesamt, abgesehen von Malve und Switchgrass, zufriedenstellend. Vor allem die Silphie und der Staudenknöterich bildeten gut etablierte, fast unkrautfreie Bestände. Nur die Spätfröste setzten dem Knöterich so zu, dass es zu erheblichen Ertragsdepressionen kam.
Im Frühjahr 2013 präsentierten sich sämtliche Dauerkulturen, außer Virginiamalve und Switchgrass, recht ordentlich. Das Switchgrass wurde in der Folge durch Rohrglanzgras ersetzt, das sich insgesamt gut entwickelte. Zwar war im Szarvasi-Gras aufgrund der lückigen Narbe ein permanenter Unkrautdruck vorhanden, der sich im Ertrag jedoch zunächst nicht negativ bemerkbar machte. Die Wildpflanzen wechselten anhand ihrer Zusammensetzung jährlich ihr Erscheinungsbildund der Rainfarn wurde zunehmend bestandsbildend. Aus diesem Grund wurde diese Variante zweischnittig beerntet, um einigermaßen silierfähiges Material zu ernten. 2014 zeigte sich vor allem in der Silphie zunehmender Ungrasdruck mit Gemeiner Quecke und Gemeiner Rispe. Hier war der Einsatz eines Gräsermittels erforderlich. Auch Szarvasi dünnte immer weiter aus und hatte in der Folge ähnliche Probleme. Die Wildpflanzenmischung bestand mittlerweile zu 80 Prozent aus Rainfarn. Nur der Knöterich und das Rohrglanzgras zeigten sich nahezu unkrautfrei. Die Malve konnte sich trotz des Einsatzes eines Totalherbizids vor Wideraustrieb kaum zu einem dichten Bestand entwickeln und reagierte mit sehr schwachen Erträgen. 2015 stellte an diesem Standort das letzte Versuchsjahr dar. Insgesamt zeigten sich die Bestände der Dauerkulturen von der extrem trockenen Witterung deutlich in Mitleidenschaft gezogen und dementsprechend fielen die Erträge aus.
– LW 50/2016