In Hessens „Kornkammer“

Auf Betrieb Winter in Butzbach-Nieder-Weisel informiert

Hessens Landwirtschaftsministerin Priska Hinz besichtigte in der vergangenen Woche den Lindenhof der Familie Winter in Butzbach-Nieder-Weisel. Sie machte sich ein Bild von der „Kornkammer Hessens“ und von der Vielfalt der landwirtschaftlichen Anstrengungen vor Ort. Hinz diskutierte dort mit Landwirten über aktuelle Fragen.

Landwirt Jan Winter erläuterte Hessens Landwirtschaftsministerin Priska Hinz den landwirtschaftlichen Betrieb.

Foto: Annette Hausmanns

Sie komme vor allem, um zuzuhören, so die Ministerin auf ihrer Sommertour in die landwirtschaftliche Expertenrunde. „Wir sind mitten in der Welt, wo durch konstruktive Zusammenarbeit viel geschaffen wird“, stimmte Regionalbauernverbands-Vorsitzender Herwig Marloff den hohen Besuch auf den Hofrundgang am Nieder-Weiseler Ortsrand ein.

Betriebsleiter Bernd Winter erläuterte den vielseitig ausgerichteten landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinehaltung, Schlachthaus, Landmaschinen, 370-KW-Biogasanlage bis hin zu Gewächshäusern mit Erdbeeren im Hochbeet und Hofladen. In vielen Bereichen müsse es pragmatischere Lösungen geben, gab der Landwirtschaftsmeister zu bedenken. Das Vertrauen in Papier drohe größer zu werden, als das in den sachkundigen Landwirt. Nicht zuletzt das Arzneimittelgesetz sei zu formalistisch aufgebaut und werde populistisch ausgeschlachtet, ergänzte Dr. Rudolf Müller, Leiter des Wetterauer Veterinäramtes.

Kritik an der neuen Düngeverordnung

Bezüglich der neuen Düngeverordnung und dem Pflanzenschutzgesetz seien die verabschie­de­ten Vorschriften oft praxisfern, stelle man fest. Zum Beispiel habe man der Mäuseplage im Feld nichts mehr entgegenzusetzen. Nahe beieinander sind Priska Hinz und die drei Landwirte, die vor wenigen Jahren in eine Biogasanlage auf den Lindenhof investiert haben. Den Mais dafür bauen sie selbst an, der macht etwa ein Viertel der Ackerfläche aus, beschrieb Jan Winter.

Den Plan, den Schweinstall zu erweitern, habe man aber unter dem Druck von allen Seiten aufgegeben, räumte der Junglandwirt ein. Neben dem negativen Tierhaltungs-Image stehe das Missverhältnis zwischen steigenden Kosten und sinkenden Preisen. Hinz schlug vor, an einem runden Tisch eine „Tierwohl-Stimmung“ zu schaffen, in der auch die moderne Tierhaltung Platz finde.

Um faire Preise für seine am Lindenhof angebauten Erdbeeren kämpft auch Maximilian Reuhl. Seine im Gewächshaus gedeihenden Hochbeet-Erdbeeren waren die ersten im Frühjahr und werden im November auch die letzten sein. „Ohne die zweite Ernte würde sich das nicht lohnen“, sagte Reuhl, der die wachsenden Dokumentationspflichten beklagte. Viele Nächte habe er im Büro verbracht. Verschärft werde die Situation durch die auf zehn Stunden gedeckelten Arbeitszeiten und die vorgeschriebene Nachtruhe. „Das geht in der Realität nicht“, führte der Erdbeerbauer an. Man benötige mehr Flexibilität. Arbeitsschutz gelte für alle Branchen, gab die Ministerin zu bedenken. Gleichwohl sei über Ausnahmen für Saison-Arbeitskräfte nachzudenken.

Seitens des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen erläuterte Fachberater Rainer Cloos das Nieder-Weiseler Versuchsfeld und dankte den Betriebsleitern Bernd Winter und Burkhard Zim­mer für die Unterstützung.

Dr. Matthias Peter stell­te die Wasserschutzberatung vor. Für Landwirte sei die Beratung des Ingenieurbüros Schnittstelle Boden kostenlos, teilte er mit. Der Maschinenring Wetterau prüfe die Verhältnisse vor Ort. Das Re­gierungs­präsidium in Darmstadt hatte den vom hessischen Landwirtschaftsministerium unterstützten Beratungs-Auftrag gegeben, um für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Sorge zu tragen. „Die Wasserschutzberatung ist langfristig wirksam“, ist auch Dr. Hendrik Kamps vom Fachdienst Landwirtschaft im Wetteraukreis überzeugt. Insbesondere die Freiwilligkeit habe sich bewährt, gab er der Ministerin die dringende Bitte mit auf den Weg, es bei dieser erfolgreichen Regelung zu belassen.

Marloff sprach auch als Vorsitzender des Verbandes der Wetterauer Zuckerrübenanbauer und sagte „Stimmen Sie bitte für die A49, dann kann die letzte Zuckerrübenfabrik in Hessen gerettet werden“.

Annette Hausmanns – LW 32/2015