„Wir wollen den Input aus der Praxis“

Versammlung des KBV Kassel mit Staatssekretär Ruhl

Der Kreisbauernverband Kassel erlebte vergangene Woche in Wolfhagen-Istha eine sehr gut besuchte Mitgliederversammlung. Das lag an dem Auftritt des Staatssekretärs Michael Ruhl (CDU), mit dessen neu aufgestelltem Ministerium viele Landwirte hoffnungsvolle Erwartungen verknüpfen. Ruhl betonte, dass die Landesregierung auf eine Politik des Dialogs setze, „wir wollen den Input aus der Praxis.“ Mit dem Besuch der Versammlung wollten Mitglieder und zahlreiche Kommunalpolitiker inklusive der politischen Kreisspitze auch Abschied nehmen von KBV-Geschäftsführer Reinhard Schulte-Ebbert, der sich in seiner Amtszeit viele Verdienste erworben hat und jetzt zur LBH-Steuerberatungsgesellschaft wechselt (siehe Kasten).

KBV-Vorsitzender Erich Schaumburg blickte auf eine gut besuchte Mitgliederversammlung mit vielen Kommunalpolitikern. Staatssekretär Michael Ruhl (r.) setzt auf Dialog und Kooperation, wie er in seinem Vortrag verdeutlichte. Stefanie Wittich-Vogel und Geschäftsführer Reinhard Schulte-Ebbert erläuterten die vielfältigen Aktivitäten in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Mitgliederbetreuung. Lorenz Dilling (2.v.l.) stellte sich als neuer KBV-Geschäftsführer vor.

Foto: Mohr

Vorsitzender Erich Schaumburg stellte fest, dass die Landwirtschaft in der hessischen Politik in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen sei. Man habe sie in eine untere Schublade gelegt. Er zeigte sich erfreut, dass die neue Koalitionsregierung geraderücken wolle, was in die falsche Richtung lief.

Der Bundesregierung die rote Karte gezeigt

Schaumburg ging auch auf die Proteste gegen die Agrardieselstreichung ein, an der sich der KBV mit großem Engagement beteiligt habe. „Die Landwirte haben der Bundesregierung die rote Karte gezeigt. Und wir haben bewiesen, dass wir kampagnenfähig sind.“

Mit ihrer Entscheidung zum Agrardiesel habe die Ampel die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe in Europa einfach ausgeblendet. Demgegenüber hätten viele Menschen die Anliegen der Bauern verstanden, und die Landwirtschaft habe Sympathien gewonnen.

Das sieht auch Staatssekretär Ruhl so. „Die Proteste haben mehr erreicht, als man auf dem ersten Blick sieht“, sagte er. Die Probleme der Landwirtschaft seien in der Öffentlichkeit viel präsenter geworden. Ruhl besucht in diesen Tagen eine Reihe von Kreisbauernverbänden (siehe S. 40) und vermittelt dort den neuen Ansatz der Regierung, die auf die Stärkung der Eigenverantwortung statt auf Bevormundung setze. Dies solle beispielsweise in dem Vorrang von Vertragsnaturschutz statt Ordnungsrecht zum Ausdruck kommen. Gleich nach der Regierungsübernahme sei man mit dem Berufsstand ins Gespräch gekommen. Auch auf Bundesebene habe sich der Regierungswechsel in Hessen positiv bemerkbar gemacht, so bei er Arbeit der Agrarministerkonferenz (AMK), berichtete der Staatssekretär.

Ruhl erläuterte außerdem einige Vorhaben der Landesregierung, so den Einsatz für den Erhalt von Schlachtstätten. Bei der Frage der Stilllegung nach GLÖZ 8 setze sich Wiesbaden dafür ein, dass sie bis Ende der GAP-Periode ausgesetzt wird. Eingebracht habe man sich auch bei den Vorschlägen zum Bürokratieabbau. Hier sei jetzt der Bund am Zuge.

Das Land versuche auch, die Ausfälle durch den Wegfall der Agrardiesel-Rückerstattung mit einem Notfallpaket etwas zu kompensieren (das LW berichtete). Dieses sieht die Freigabe von komplementären Landesmitteln in Höhe der Kürzungen in der Gemeinschaftsaufgabe (GAK) vor, die Aufstockung der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete sowie den Ausbau des Programms „Vielfältige Ackerkulturen“.

Landwirtschaftsgesetz ein dickes Brett

Auf dem Arbeitsprogramm stehen laut Staatssekretär auch ein Landwirtschaftsgesetz. Dies sei ein dickes Brett, weil andere Gesetze mit Bezug zur Landwirtschaft, wie das Hessische Naturschutzgesetz, gegebenenfalls angepasst werden müssen. Als erstes angehen werde die Koalition die Aufnahme des Wolfs ins Jagdgesetz. Im Mai soll schon eine erste Lesung im Parlament stattfinden. Ruhl stellte heraus, dass der Wolf gleichwohl streng geschützt bleibe. Falls sich dies auf EU-Ebene ändere, könne man aber schneller reagieren. Für die Gesetzesvorhaben bat er um einen Vertrauensvorschuss, weil deren Umsetzung längere Zeit benötige. Ruhl erläuterte zudem, dass es mit der neuen Regierung kein Ökolandbauziel geben wird, wie etwa 25 Prozent im Jahre 2025. Jeder Betrieb müsse selbst entscheiden, ob sich dies für ihn rechne.

Nach Geschäftsführer Schulte-Ebbert hat die Politik bei den Protesten gegen die Abschaffung des Agrardiesels wahrgenommen, dass mit den Bauern nicht zu spaßen ist. In seinem Tätigkeitsbericht verwies er auf das umfassende Dienstleistungsangebot beispielsweise bei der Düngebedarfsermittlung, der Erstellung der Stoffstrombilanz, bei Agrardieselanträgen und der Grundsteuererklärung. Außerdem biete der Verband Beratung bei Hofübergaben, zum Erb- und Pachtrecht, beim Bauen im Außenbereich an und gebe Stellungnahmen bei Planungen ab. Im Kreis spielten derzeit vor allem Fragen rund um die PV-Freiflächenanlangen eine Rolle.

Zuvor hatte KBV-Referentin Stefanie Wittich-Vogel über die Aktivitäten in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit berichtet und dabei beispielhaft eine Feld­rundfahrt zum Flächenverbrauch und die Podiumsdiskussion zur Landtagswahl berichtet sowie über die vielfältige Mitgliederinformation per Facebook, WhatsApp und Newsletter.

Der Haushalt des vergangenen Geschäftsjahres des KBV wies einen Überschuss auf. Gleichwohl wurde mit Blick auf steigende Lohn- und EDV-Kosten eine Beitragserhöhung vom Vorstand vorgeschlagen und zwar um 20 Euro auf den Grundbeitrag und um 20 Cent auf den Flächenbeitrag pro Hektar und Jahr. Dem Vorschlag stimmte die Mitgliederversammlung bei vier Enthaltungen zu. Zuvor waren Vorstand und Geschäftsführer einstimmig entlastet worden. Bei den Vorstandswahlen wurden Wolfgang Brede, Katja Reitze und Jochen Deichmann jeweils einstimmig wiedergewählt. Für Bernd Kunze, der aus dem Vorstand ausschied, wurde Jan Siegener neu in das Gremium gewählt. Kunze erhielt aufgrund seines großen Engagements in 40 Jahren als Vorstandsmitglied die silberne Ehrennadel des Hessischen Bauernverbandes.

CM – LW 17/2024